Die Arbeitswelt verändert sich rasant und mit ihr die Anforderungen an die Vermittlungsarbeit in den Jobcentern. Wie können Jobcenter-Mitarbeitende in Zeiten von Fachkräftebedarf, Digitalisierung und gesellschaftlichem Wandel passgenau vermitteln? Welche Rolle spielen dabei Daten, Künstliche Intelligenz und persönliche Beziehungen? Und wie gelingt es, sowohl Arbeitgeber als auch Bewerbende nachhaltig zusammenzubringen?
Mit diesen Fragen reisten rund 100 Teilnehmende aus Jobcentern am 15. und 16. Oktober 2025 nach Dresden ins Deutsche Hygiene-Museum. Das xFeld „Perfect Match! Passgenau vermitteln“ bot ihnen Raum für Austausch, Inspiration und gemeinsames Arbeiten an Lösungen.
Aus der Praxis für die Praxis
Den Auftakt bildeten verschiedene Praxisbeispiele. Markus Fiering vom Jobcenter Dresden stellte sein Konzept der assistierten Arbeitsvermittlung vor: Ein spezialisiertes Team setzt auf persönliche Kontakte zu Arbeitgebern, individuelle Unterstützung der Bewerbenden und gezielte Betriebsakquise. Besonders betont wurde die Bedeutung von Motivation – sowohl auf Seiten der Bewerbenden als auch der Mitarbeitenden.
Paula Imgram und Laura-Marie Paulie aus dem Kommunalen Jobcenter Hochtaunuskreis stellten ihr Intensivkundenkonzept vor: Es richtet sich an arbeitsmarknahe, motivierte Personen – etwa Alleinerziehende oder Geflüchtete – und setzt auf enge Betreuung, branchenspezifische Ansprache und gezielte Förderinstrumente.
Zu Beginn des zweiten Veranstaltungstags setzte Dr. Neşe Oktay-Gür einen wichtigen Impuls mit der Frage: Wie kann „Perfect Match“ in einer Arbeitswelt gelingen, die immer komplexer, unsicherer und weniger vorhersehbar wird? In ihrem Vortrag plädierte sie dafür, den Menschen in den Mittelpunkt der Vermittlungsarbeit zu stellen – mit all seinen Stärken, Schwächen und individuellen Lebensgeschichten. Ihr Plädoyer:
Perfekte Vermittlung auf dem Papier ist selten. Entscheidend ist vielmehr, Potenziale zu erkennen und auch Risiken einzugehen.
Sie betonte zudem, dass Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Tools die Arbeit in den Jobcentern erleichtern können. Gleichzeitig gäbe es allerdings auch Grenzen: Insbesondere bei existenziellen Entscheidungen müsse der Mensch das letzte Wort behalten. KI kann unterstützen, aber nicht die menschliche Entscheidungskompetenz ersetzen. Besonders wichtig
, so ihr Fazit, ist es, die eigenen Erfahrungen und das ‚Bauchgefühl‘ zu reflektieren und mit objektiven Kriterien sowie KI-Ergebnissen zu kombinieren.
Mit ihrem abschließenden Appell, Mut zu Veränderungen zu zeigen und trotz aller Unsicherheiten idealistisch zu bleiben, stimmte Dr. Oktay-Gür die Teilnehmenden auf das Nachmittagsprogramm ein.
Praxisnah, digital, stärkenorientiert: Neue Ansätze für die Vermittlungsarbeit
In den Workshops am Nachmittag wurden zentrale Herausforderungen der Vermittlungsarbeit vertieft und gemeinsam Lösungsansätze entwickelt:
- Datenmanagement und IT-Lösungen: Viele Teilnehmende sprachen sich für eine Reduktion der Dokumentationspflichten und für praxisnahe IT-Lösungen aus – etwa Tools zur automatisierten Erstellung von Bewerbungsunterlagen, wie sie das Jobcenter Düsseldorf testet.
- Personalentwicklung im Wandel: Statt einheitlicher Weiterbildungen wünschten sich viele der Teilnehmenden modulare Angebote, die individuelle Stärken und Bedarfe berücksichtigen. Das Ziel: Eine stärkenorientierte Entwicklung, um Mitarbeitende gezielter zu fördern.
- Digitalisierung und Künstliche Intelligenz: Digitale Lösungen können Routineaufgaben übernehmen und mehr Zeit für persönliche Beratung schaffen – etwa durch sprachgesteuerte Interviews oder automatisiertes Matching. Voraussetzung dafür ist jedoch eine gute Schulung und ein datenschutzkonformer Einsatz.
- Ganzheitliches Matching: Das Thema Matching ganzheitlich zu betrachten kann dabei helfen, die Potenziale von Bewerbenden und Arbeitgebern besser zusammenzubringen. Voraussetzung: eigenständig arbeitendes Personal, das beide Seiten begleitet.
Zusammenarbeit mit Trägern und Ausblick
Neben den Jobcentern sind auch Träger und weitere Akteure gefragt, wenn es um die Entwicklung und Umsetzung neuer Ansätze ging. Die Teilnehmenden forderten, Praktikerinnen und Praktiker stärker in die Neuentwicklungen innovativer Formate einzubinden und die Zusammenarbeit mit externen Partnern – etwa Wirtschaftsförderungen oder Bildungsträgern – weiter auszubauen.
Insgesamt wurde deutlich: Nur im Zusammenspiel von Jobcentern, Trägern und weiteren Partnern können innovative Ansätze entstehen und nachhaltig in die Praxis überführt werden. Dabei muss das Ziel eine Vermittlungsarbeit sein, die Menschen und ihre Potenziale in den Mittelpunkt stellt.
Zu dieser Veranstaltung der Servicestelle SGB II finden Sie auch eine ausführliche Dokumentation im Extranet.
In verschiedenen Workshops konnten Herausforderungen der Vermittlung und Lösungen für den Arbeitsalltag besprochen werden.
Beim gemeinsamen Spielen kam auch die Vernetzung nicht zu kurz.
Von wegen nur für Kinder! Mit Bauklötzchen konnten die Teilnehmenden spielerisch neue Ideen für die Vermittlungsarbeit entwickeln.
Im Anschluss präsentierten die Teilnehmenden ihre Workshop-Ergebnisse im Plenum.
Sie haben eine eigene Erfolgsstory zum Thema Vermittlung?
Sie haben in Ihrem Jobcenter noch eine andere Lösung für die hier erwähnten Herausforderungen im Bereich Vermittlung gefunden? Erzählen Sie uns davon! Gerne berichten wir an dieser Stelle darüber.
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