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FAQ zur Umgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zu der Umgestaltung der Grundsicherung zusammengestellt.  

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Verlässliche Unterstützung in schwierigen Lebenslagen zu geben, ist Ausdruck gelebter Solidarität in unserer Gesellschaft. Wer Hilfe braucht, kann sich auf Unterstützung verlassen. Aber wer arbeiten kann, muss auch daran mitwirken, wieder für sich selbst zu sorgen.

Um das Verhältnis zwischen Solidarität und Eigenverantwortung neu auszubalancieren und unser System gerecht und zukunftsfest zu machen, nehmen wir Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vor und stärken damit Vermittlung, Mitwirkung und individuelle Unterstützung.

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines 13. SGB II-Änderungsgesetzes am 17. Dezember 2025 beschlossen. Im Anschluss wird dieser im Parlament beraten. Das Gesetz soll im ersten Quartal 2026 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Die Regelungen sollen größtenteils voraussichtlich zum 1. Juli 2026 in Kraft treten.

1. Wie soll die Vermittlung gestärkt werden?

Durch Klarstellung des Vermittlungsvorrangs:

Der Vermittlungsvorrang soll in einem eigenständigen Paragraphen (§ 3a) verankert werden, um klarzustellen, dass Integration in Erwerbsarbeit der vorrangige Auftrag der Grundsicherung ist. Das Ziel der nachhaltigen Integration durch gute Vermittlung, auch mittels Weiterbildung und Qualifizierung, wird zugleich nicht aufgegeben. „Drehtüreffekte“ sollen weiterhin vermieden werden. Wenn also eine Leistung zur Eingliederung im Hinblick auf eine nachhaltige Integration erfolgversprechender als eine direkte Vermittlung ist, dann kann diese zum Einsatz kommen. Dies gilt insbesondere für Menschen unter 30 Jahren, wobei auch ältere Menschen weiterhin gefördert werden können.

Das Vorhaben wird außerdem gestärkt durch eine verbesserte Unterstützung durch die Jobcenter sowie durch rechtliche Änderungen im Rahmen des Kooperationsplans und der Leistungsminderungen, die darauf abzielen, die Mitwirkungspflichten zu stärken und die Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und den leistungsberechtigten Menschen zu erhöhen.

Geltendes Recht

Bisher war die Regelung zum Vermittlungsvorrang anders formuliert in einem anderen Paragraphen (§ 3) enthalten. Die Regelung enthielt keinen besonderen Hinweis auf Menschen unter 30 Jahren.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die Änderung stellt den vorrangigen Vermittlungsauftrag der Jobcenter klar. Es wird hervorgehoben, dass immer zunächst geprüft werden soll, ob ein Mensch direkt nachhaltig in Arbeit vermittelt werden kann. Nur wenn Leistungen zur Eingliederung für eine nachhaltige Integration in Arbeit erfolgversprechender sind, können sie zum Einsatz kommen. Ziel ist es, durch gute Vermittlung und bedarfsgerechte Förderung sogenannte Drehtüreffekte zu vermeiden - das heißt, es soll vermieden werden, dass jemand immer wieder beim Jobcenter vor der Tür steht. Durch den Hinweis auf Menschen unter 30 Jahren sollen Jobcenter bei ihrer Ermessensentscheidung zukünftig besonders berücksichtigen, ob die Leistungsbeziehenden perspektivisch noch eine lange Zeit des Erwerbslebens vor sich haben.

2. Wie sollen arbeitslose Menschen künftig noch besser unterstützt werden?

Durch persönliche Angebote der Beratung, Unterstützung oder Vermittlung

Der Kooperationsplan wird weiterentwickelt und soll persönliche Angebote der Beratung, Unterstützung oder Vermittlung enthalten, also etwa die Beratungsgespräche des Jobcenters, ein Bewerbungstraining, eine Qualifizierung oder ein konkretes Arbeitsplatzangebot.

Um diese Angebote besser finanzieren zu können, erhalten die Jobcenter ab dem Jahr 2026 jährlich eine Milliarde Euro zusätzlich.

Geltendes Recht

Bereits heute gilt grundsätzlich, dass im Kooperationsplan festgelegt wird, welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit in Betracht kommen. Eine allgemeine Regelung hierzu gibt es jedoch nicht.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Durch die Regelung sollen die Angebote der Jobcenter für die leistungsberechtigten Menschen eine höhere Transparenz und individuellere Ausgestaltung erhalten und der Kooperationsplan in seiner Funktion als „roter Faden“ des Integrationsprozesses gestärkt werden.

Durch die Öffnung und Weiterentwicklung von § 16e SGB II „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“:

Um mehr Menschen fördern zu können, soll künftig als Zugangskriterium nicht die Dauer der Arbeitslosigkeit gelten, sondern die Dauer des Leistungsbezugs. Dementsprechend erfolgt eine Umbenennung zu „Eingliederung von Langzeitleistungsbeziehenden“. Außerdem sollen nach § 16e SGB II geförderte Arbeitsverhältnisse arbeitslosenversicherungspflichtig werden.

Geltendes Recht

Bisher gilt, dass Arbeitgeber Zuschüsse zum Lohn erhalten können, wenn sie bereit sind, Menschen einzustellen, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind. Außerdem sind § 16e-Geförderte bisher nicht in der Arbeitslosenversicherung versichert.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Durch die Umstellung des Zugangskriteriums Langzeitarbeitslosigkeit auf Langzeitleistungsbezug wird die Zielgruppe der Geförderten erweitert. Leistungsberechtigte Menschen, die bisher von der Förderung ausgeschlossen waren, weil sie das Kriterium der Langzeitarbeitslosigkeit nicht erfüllen, gehören jetzt zum potenziellen Förderkreis.

Damit können deutlich mehr arbeitsmarktferne Menschen erreicht werden. Insbesondere Frauen und geflüchtete Menschen werden profitieren, da sie bisher aufgrund von Kinderbetreuungszeiten oder der Teilnahme an Integrationskursen die Voraussetzungen der Langzeitarbeitslosigkeit nicht immer erfüllen konnten.

Durch eine frühzeitigere Aktivierung von Erziehenden:

Um den langfristigen Leistungsbezug und längere Phasen der Erwerbslosigkeit von Eltern mit kleinen Kindern zu vermeiden, die wirtschaftliche Eigenständigkeit insbesondere von Frauen und auch Teilhabechancen von Kindern zu fördern, sollen Eltern frühzeitig beraten, gefördert und in Arbeit integriert werden. Künftig soll für Erziehende ab dem vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes – statt wie bislang ab dem dritten Lebensjahr - die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme oder einem Sprachkurs zumutbar sein. Voraussetzung ist, dass Kinderbetreuungsmöglichkeiten bestehen. D.h. eine Maßnahmenteilnahme, Arbeitsaufnahme oder Erweiterung der Arbeitszeit ist nur dann zumutbar, wenn die Kinderbetreuung in diesem Umfang gesichert ist.

Geltendes Recht

Nach geltender Rechtslage ist für Erziehende erst ab dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme oder Sprachkurs zumutbar. Voraussetzung ist, dass die Kinderbetreuung durch einen Platz in der Tagespflege oder auf andere Weise sichergestellt ist.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Erziehende werden zukünftig nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes intensiver beraten. Bei vorhandener Kinderbetreuungsmöglichkeit können diese Personen von den Jobcentern im individuell zumutbaren Umfang zum Spracherwerb, zur Aus- oder Weiterbildung bzw. zu einer Erwerbsarbeit verpflichtet werden.

Durch bessere Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten im Rahmen der Beratung:

Durch die Ergänzung des Grundsatzes des Förderns (§ 14 SGB II) um Gesundheitsaspekte im Beratungskontext sollen die Jobcenter für gesundheitsbedingte Vermittlungshemmnisse sensibilisiert und in ihrer Beratungskompetenz gestärkt werden.

Durch die Verankerung im § 14 SGB II von vorher nur untergesetzlich (in Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit) Geregeltem soll eine bundeseinheitliche Förderung durch die Jobcenter in gemeinsamen Einrichtungen und die Jobcenter in kommunaler Trägerschaft sichergestellt werden.

Geltendes Recht

Gesundheitsförderung und -prävention sind grundsätzlich Aufgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) und der Rehabilitationsträger (SGB IX). Jobcenter unterstützen bereits vielfach bei gesundheitlichen (auch psychischen) Problemen durch z. B. Erkennung von Förderbedarfen und Verweisberatung; psychosoziale Betreuung; Coaching; Fallmanagement und gesundheitsfördernde Elemente in Maßnahmen.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die Jobcenter werden für gesundheitsbedingte Vermittlungshemmnisse und die Bedeutung einer stabilen Gesundheit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt stärker sensibilisiert. Gesundheitliche Risiken sollen so rechtzeitig erkannt und einer Verschlechterung vorgebeugt werden. Die Jobcenter weisen im Rahmen ihrer Beratung frühzeitig auf Präventions- und Gesundheitsleistungen anderer Träger hin. Dadurch soll die Erwerbsfähigkeit erhalten, die Chancen auf Integration in Arbeit verbessert und die soziale Teilhabe der Leistungsberechtigten gestärkt werden.

Durch mehr Planungssicherheit der Jobcenter für die Finanzierung der Beschäftigungsförderung:

Das Prinzip, Arbeit statt Leistungsbezug zu finanzieren, wird ausgebaut. Statt Geldleistungen zu zahlen, soll mehr geförderte Beschäftigung finanziert werden. Über den sogenannten Passiv-Aktiv-Transfer (PAT) können Mittel aus dem Titel für Passivleistungen zusätzlich für Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung eingesetzt werden. Das heißt, jemand nimmt wieder eine Arbeit auf und die Geldleistungen, die er sonst ausgezahlt bekommen hätte, können dafür verwendet werden, einem Arbeitgeber einen Lohnkostenzuschuss zu finanzieren. Damit ergänzt der PAT die Finanzierungsmöglichkeiten aus dem Eingliederungstitel. Der PAT soll dauerhaft im SGB II mit einem Volumen in Höhe von höchstens 700 Mio. Euro verankert und neben der Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II) auf folgende beschäftigungsfördernde Maßnahmen ausgeweitet werden:

  • Eingliederung von Langzeitleistungsbeziehenden (§ 16e SGB II)
  • Eingliederungszuschuss (§ 16 Abs.1 Satz 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 88 ff SGB III)
  • Einstiegsgeld (§ 16b SGB II).

Jede dieser Förderungen kann pauschal zu 50 Prozent über den PAT finanziert werden. Damit wird eine verlässliche und unbürokratische Regelung für die Jobcenter geschaffen.

Geltendes Recht

Bisher gibt es den PAT nur bei einer Förderung nach § 16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Die Umsetzung erfolgt an Hand von sogenannten PAT-Pauschalen, die das Jobcenter nach Prüfung der Konstellation in der Bedarfsgemeinschaft auswählt. Es gibt sechs verschiedene Pauschalen, die die jeweils erzielte Einsparung durch die geförderte Beschäftigung abbilden.  

Bisher erfolgt die Regelung über den Haushalt. Sie beruht auf einem Haushaltsvermerk beim Bürgergeldtitel. Dieser muss jährlich mit der Aufstellung des Haushalts erneuert werden.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die dauerhafte gesetzliche Verankerung des PAT schafft für die Jobcenter mehr Planungssicherheit. Die PAT-Finanzierung einer Förderung steht jetzt nicht mehr unter dem Vorbehalt der jährlichen Erneuerung mit dem Haushalt. Eine einheitliche Pauschale in Höhe von 50 Prozent reduziert den Verwaltungsaufwand für die Jobcenter. Durch die Ausweitung des PAT auf weitere Instrumente wird eine zusätzliche Säule der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik gestärkt und die finanziellen Möglichkeiten der Jobcenter verbessert, um auch zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit beizutragen.

Durch Schließen von Förderlücken im SGB III, um Jugendliche besser zu unterstützen:

1) Umfassende Beratung und erweiterte und intensivierte Betreuung

Leistungen wie das Fallmanagement oder die aufsuchende Beratung, die sich im SGB II bei der Integration junger Menschen mit einer Vielzahl an Unterstützungsbedarfen bewährt haben, sollen in angepasster Form auch im SGB III eingeführt werden. Hierbei wird der Fokus auf eine umfassende Betrachtung der Lebenssituation junger Menschen gelegt, d.h. dass auch persönliche Lebensumstände und Rahmenbedingungen verstärkt in den Blick genommen werden, die der Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung möglicherweise im Wege stehen. Das war bisher nicht der Fall. Außerdem soll den Agenturen für Arbeit die Kontaktaufnahme mit jungen Menschen, die nach der Schule ohne Anschlussperspektive sind, durch die Möglichkeit einer telefonischen Ansprache erleichtert werden.

Schwer zu erreichende junge Menschen, die wahrscheinlich keinen Anspruch auf Grundsicherung haben und auch mit den Agenturen für Arbeit nicht (mehr) in Kontakt stehen, sollen zudem niedrigschwellig angesprochen werden können, um sie an die Leistungen der Arbeitsförderung heranzuführen. Die Agenturen für Arbeit sollen sich dabei mit den Jobcentern und der Jugendhilfe vor Ort abstimmen.

2) Stärkung der Jugendberufsagenturen

Jugendberufsagenturen sind ein Zusammenschluss der örtlichen Agentur für Arbeit, des örtlichen Jobcenters und des Jugendamtes. Sie arbeiten eng zusammen, um junge Menschen bestmöglich zu beraten und Unterstützung wie aus einer Hand anzubieten, damit sich die jungen Menschen nicht selbst die für sie passenden Ansprechpartner suchen müssen. Das Ziel einer Jugendberufsagentur ist es, jungen Menschen bei der beruflichen Orientierung („Was will ich überhaupt werden?“), bei privaten Schwierigkeiten wie z. B. Sucht oder Schulden sowie bei der Suche nach einer Ausbildung oder Arbeitsstelle zu helfen. Dies trägt dazu bei, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern.

Geltendes Recht

Bisher ist eine ganzheitliche Beratung junger Menschen im SGB III nicht möglich. Komplexe Lebenssituationen treten jedoch unabhängig vom zuständigen Rechtskreis auf, weshalb die Beratung junger Menschen auch durch die Agenturen für Arbeit umfassender werden soll. Auch schwer erreichbare junge Menschen konnten bisher nicht durch die Arbeitsagenturen aufsuchend angesprochen werden, weil es dafür keinen gesetzlichen Auftrag gab. Jugendberufsagenturen existieren bereits in 366 (von insgesamt 400) Kreisen und kreisfreien Städten, die Ausgestaltung ist dabei jedoch im gesamten Bundesgebiet sehr heterogen. Um die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit zu stärken, wird der Begriff „Jugendberufsagentur“ erstmals gesetzlich eingeführt.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Für junge Menschen sollen Unterstützungsmöglichkeiten, die es in den Jobcentern bereits gibt, auch bei den Agenturen für Arbeit eingeführt werden. Denn in schwierige Lebenslagen kann jede und jeder geraten, unabhängig vom Leistungsbezug. So soll die Beratung künftig umfassender werden und die gesamte Lebenssituation in den Blick nehmen können. Wichtig ist, dass sich alle Akteure am Übergang von der Schule in den Beruf gut abstimmen, um die jeweils beste Unterstützung für junge Menschen zu gewährleisten. Deshalb werden die Jugendberufsagenturen als zentrale Anlaufstellen für junge Menschen gestärkt. Die Agenturen für Arbeit können gemeinsam mit den anderen Partnern einer Jugendberufsagentur eine gemeinsame Zielgruppe festlegen und ihre Leistungen aufeinander abstimmen. Sie können außerdem in gleichberechtigter Abstimmung mit den Partnern koordinierende Aufgaben innerhalb der Jugendberufsagentur übernehmen.

3. Menschen, die Grundsicherungsgeld beziehen, müssen daran mitwirken, in Arbeit zu kommen. Wie soll eine höhere Verbindlichkeit in ihrer Zusammenarbeit mit den Jobcentern erreicht werden?

Durch Änderungen beim Kooperationsplan:

Die allermeisten der Leistungsberechtigten verhalten sich kooperativ und wirken mit. In diesen Fällen bleibt es beim bisherigen Kooperationsplan. Dieser bietet einen „roten Faden“ für den Eingliederungsweg und ist rechtlich nicht verbindlich. Die Bedeutung der Erstellung der Potenzialanalyse und des Kooperationsplans wird auch dadurch verstärkt, dass das erste Beratungsgespräch künftig persönlich vor Ort im Jobcenter erfolgen muss. Gutes und persönliches Kennenlernen ist die Grundlage für einen gelingenden, zielgerichteten Eingliederungsprozess. Von einem persönlichen Erstgespräch kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn ein persönliches Erscheinen im Jobcenter den Beginn des Integrationsprozesses verzögern würde. Dies kann beispielsweise für Personen gelten, die aus gesundheitlichen Gründen in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Diejenigen Leistungsberechtigten, die nicht kooperativ mit dem Jobcenter zusammenarbeiten, werden zukünftig zielgerichteter zur Mitwirkung verpflichtet: Leistungsberechtigte, die Schritten aus dem Kooperationsplan nicht nachkommen, werden hierzu künftig verbindlich aufgefordert. Sind z.B. Bewerbungen festgehalten, werden aber nicht erbracht, bestimmt künftig das Jobcenter, wie viele Bewerbungen in welchem Zeitraum zu erbringen sind und wie das nachzuweisen ist. Die Anforderungen müssen hierbei natürlich den Kooperationsplan berücksichtigen und angemessen sein.

Verpassen Leistungsberechtigte ihren Termin beim Jobcenter ohne wichtigen Grund, können sie künftig ebenfalls verbindlich zur Mitwirkung aufgefordert werden (z.B. Bewerbungen, Eingliederungsmaßnahmen, Jobangebote).

Damit die Jobcenter künftig schneller und verbindlicher handeln können, entfällt das Schlichtungsverfahren, welches in der Praxis kaum zur Anwendung kam.

Geltendes Recht

Mit dem Bürgergeld-Gesetz wurde der Kooperationsplan eingeführt und die Eingliederungsvereinbarung abgelöst. Der Kooperationsplan dokumentiert in verständlicher Sprache die Eingliederungsstrategie („roter Faden“). Er ist rechtlich unverbindlich. Wenn Absprachen nicht eingehalten werden, werden die Pflichten grundsätzlich durch rechtlich verbindliche Aufforderungen festgelegt. Das persönliche Erscheinen zum Erstgespräch im Jobcenter vor Ort war nicht gesetzlich geregelt.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Nach einem verpassten Termin, kann nun die Mitwirkung direkt verbindlich eingefordert werden. Wie bisher erfolgt eine Verpflichtung auch, wenn im Kooperationsplan festgehaltene Schritte nicht befolgt werden. Dies ist nun gesetzlich klar geregelt. 

In der heutigen Praxis wird das oben beschriebene mehrstufige Verfahren (erst unverbindlicher Kooperationsplan, dann ggf. verbindlicher Verwaltungsakt) nur selten angewandt. Es besteht aufgrund des nun klargestellten Verfahrens und aufgrund der neu geschaffenen Möglichkeit, auch in Folge von Terminversäumnissen Verwaltungsakte nutzen zu können, die Erwartung, dass mehr Leistungsberechtigte als heute von den Jobcentern rechtlich verbindliche Aufforderungen per Verwaltungsakt erhalten. In der Folge ist zu erwarten, dass bestimmte Leistungsberechtigte wieder stärker mitwirken.

Durch die Abschaffung des Schlichtungsverfahrens können die Jobcenter die organisatorischen Lösungen, die sie dafür vorhalten mussten, z.B. für die Beratung von Leistungsberechtigten einsetzen.

4. Wie kann das Jobcenter die Mitwirkung der Leistungsberechtigten durchsetzen?

Durch Verschärfungen von Minderungen bei Pflichtverletzungen - Vereinheitlichung der Minderungshöhe und -dauer:

Bei Pflichtverletzungen (wenn jemand z.B. keine Eigenbemühungen nachweist oder eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund ablehnt) sollen Höhe und Dauer der Minderungen vereinheitlicht werden. Die Leistungen sollen um 30 Prozent für drei Monate gemindert werden.

Zum Schutz von Kindern bei Leistungsminderungen, die bei den Eltern greifen - siehe Frage 22.

Geltendes Recht

Minderungshöhe und -dauer sind gestaffelt. Nach der 1., 2. bzw. 3. Pflichtverletzung beträgt die Minderung 10, 20 bzw. 30 Prozent des Regelbedarfes für 1, 2 bzw. 3 Monate.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Wirkte eine Person im Bürgergeld nicht mit und bewarb sich zum Beispiel nicht, obwohl das Jobcenter verbindlich zu z.B. fünf Bewerbungen pro Monat aufgefordert hatte, wurde bei der ersten Pflichtverletzung um 10 % (rund 50 Euro) für einen Monat gemindert. Hat die Person weiterhin keine Bewerbungen geschrieben, wurde um 20 % für zwei Monate gemindert. Ab der dritten Pflichtverletzung, also wenn die Person auch dann weiterhin nicht die geforderten Eigenbemühungen erbracht hatte, kam die maximale Minderungshöhe von 30 % für drei Monate zum Einsatz. Mit der geplanten Änderung kann nun bei Pflichtverletzungen der sog. Regelbedarf direkt um 30 Prozent (rund 150 Euro) für drei Monate gemindert werden. Somit kann schneller wieder in einen zielgerichteten Eingliederungsprozess eingestiegen werden.

5. Welche Handhabe erhalten die Jobcenter, wenn leistungsbeziehende Menschen nicht zum Termin erscheinen?

Durch Verschärfungen der Minderungen bei Meldeversäumnissen

Auf einen einmalig verpassten Termin im Jobcenter (Meldeversäumnis) folgt noch keine Leistungsminderung. Ab dem zweiten sog. Meldeversäumnis soll jedoch eine Minderung von nunmehr 30 Prozent (rund 150 Euro) für einen Monat greifen, wenn es für den verpassten Termin keinen wichtigen Grund gab.

Die Beratung durch die Jobcenter ist eine wertvolle Dienstleistung auf dem Weg zurück in Arbeit. Diese Beratung kann nur funktionieren, wenn Termine eingehalten werden. Dies wird mit der Neuregelung unterstützt.

Zum Schutz von Kindern bei Leistungsminderungen, die bei den Eltern greifen - siehe Frage 22.

Geltendes Recht

Bei einem Meldeversäumnis wird der Regelbedarf um 10 Prozent für einen Monat gemindert.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Bei Meldeversäumnissen (wenn jemand nicht zu vereinbarten Terminen im Jobcenter erscheint) betrug die Minderung im Bürgergeld 10 % (rund 50 Euro) für einen Monat. Meldeversäumnisse machen jedoch einen Großteil der Minderungen aus und behindern eine gute Betreuung der Leistungsberechtigten in den Jobcentern. Die Minderungshöhe wird daher auf 30 % (rund 150 Euro) erhöht. Verbessert sich die Termintreue, kann auch die Beratungs- und Vermittlungsleistung in den Jobcentern gesteigert werden.

Durch Einführung einer neuen gestuften Regelung zum Umgang mit hartnäckigen Terminverweigerern:

Leistungsminderungen aufgrund von Meldeversäumnissen machen den Großteil der Minderungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus. Auch mit einer Anhebung der Minderungshöhe von 10 auf 30 Prozent (siehe oben) fehlt ein Instrument, um mit denjenigen Personen umzugehen, die sich nachhaltig den Einladungen des Jobcenters verweigern. Die Kommunikation zwischen Leistungsbeziehenden und Jobcenter ist jedoch die Grundlage für einen erfolgreichen Integrations- und Beratungsprozess und auch für den Leistungsbezug.

Die Erreichbarkeit der Leistungsbeziehenden ist eine Voraussetzung für den Leistungsbezug. Es wird deshalb künftig geregelt, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die drei Mal nacheinander nicht zu Terminen im Jobcenter erscheinen, als nicht erreichbar gelten. In letzter Konsequenz entfällt dann der Anspruch auf Grundsicherungsgeld komplett. Denn Erreichbarkeit ist eine Voraussetzung für den Leistungsbezug.

Im ersten Schritt wird jedoch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit lediglich der Regelbedarf nicht erbracht, die weiteren Leistungen, insbesondere die Kosten der Unterkunft werden noch für einen weiteren Monat gewährt. Die betroffene Person kann zudem innerhalb dieses ersten Monats ihre Erreichbarkeit belegen, indem sie persönlich im Jobcenter erscheint. Die Person gilt dann als durchgehend erreichbar. (Auch der Regelbedarf wird dann erbracht, allerdings in um 30 % geminderter Höhe aufgrund des Meldeversäumnisses.)

Im Vorfeld der Prüfung des dritten aufeinander folgenden Meldeversäumnisses soll den Betroffenen die Gelegenheit einer persönlichen Anhörung gegeben werden. Den Betroffenen soll in diesem persönlichen Gespräch die Möglichkeit gegeben werden, Gründe für ihr Verhalten oder z.B. etwaige besondere Umstände darzulegen. Dieses persönliche Gespräch kann auch telefonisch, per Video oder aufsuchend geführt werden. Wichtig ist: Die Konsequenzen greifen nicht, wenn wichtige Gründe für das Terminversäumnis vorlagen - insbesondere gesundheitliche oder andere schwerwiegende Gründe - oder ein Härtefall gegeben ist.

Geltendes Recht

Erscheinen Leistungsberechtigte dauerhaft nicht zu Terminen können die Jobcenter bisher nur jedes Mal erneut um 10 % der Regelleistung für einen Monat mindern. Eine Versagung von Leistungen ist aktuell nur dann möglich, wenn der oder die Leistungsberechtigte nachweislich nicht erreichbar ist. Hierzu bedarf es im Einzelfall umfangreicher Sachverhaltsaufklärung und Ermittlungen (z.B. durch Außendienst). Insbesondere genügt es nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte auf Post nicht reagieren. Nur wenn diese umfangreichen Ermittlungen den Schluss zulassen, dass der Betroffene tatsächlich nicht erreichbar ist, liegt die Voraussetzung der Erreichbarkeit für die Leistungsgewährung nicht mehr vor und die Leistung wird eingestellt.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Im Unterschied zur aktuellen Rechtslage gilt bei mehrfachen Meldeversäumnissen mit den geplanten Änderungen künftig die gesetzliche Vermutung der Nichterreichbarkeit, d.h. das Jobcenter kann in diesen Fällen von Nichterreichbarkeit ausgehen.

Erscheint ein Leistungsberechtigter oder eine Leistungsberechtigte also in Zukunft das dritte Mal in Folge nicht zu vereinbarten Terminen, gilt er/sie als nicht erreichbar. Er/sie erfüllt somit nicht mehr die Voraussetzungen für den Bezug von Grundsicherungsgeld und die Leistungen entfallen in letzter Konsequenz komplett. In einem ersten Schritt sind jedoch für den ersten Monat, in dem die Leistungen aufgrund der Nichterreichbarkeit entfallen, insbesondere die Kosten der Unterkunft, Mehrbedarfe und Krankenversicherungsbeiträge weiter gesichert. Die Betroffenen haben es darüber hinaus selbst in der Hand, die weitreichenden Folgen abzuwenden, indem sie innerhalb dieses ersten Monats persönlich im Jobcenter erscheinen.

6. Wie sollen die Jobcenter mehr Handhabe erhalten, wenn leistungsbeziehende Menschen zumutbare Arbeit verweigern?

Durch eine praxistauglichere Regelung zum Umgang mit Arbeitsverweigerern:

Die sog. Arbeitsverweigerer-Regelung wird praxistauglicher ausgestaltet. Denn Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für bedürftige Menschen bestimmt sind, dürfen nur in den Fällen in Anspruch genommen werden, in denen wirkliche Bedürftigkeit vorliegt. In den Fällen von Arbeitsverweigerung (nach § 31a Absatz 7 SGB II) liegt den Betroffenen jedoch ein konkretes, zumutbares Arbeitsangebot vor, dass sie annehmen und so ihre Bedarfe decken bzw. verringern könnten. Sie tun dies - zu Lasten der Allgemeinheit - jedoch willentlich nicht.

Es wird daher künftig bei Arbeitsverweigerung eine feste Mindestdauer für den Entzug des Regelbedarfes von einem Monat festgelegt. Mietzahlungen gehen dann direkt an den Vermieter. Insgesamt kann der Regelbedarf weiterhin für maximal zwei Monate entzogen werden. Zudem ist für den Regelbedarfsentzug nicht mehr erforderlich, dass schon zuvor gegen eine Pflicht zur Arbeitsaufnahme verstoßen oder ein Arbeitsverhältnis grundlos gekündigt wurde.

Geltendes Recht

Wer sich bewusst und grundlos weigert, eine konkret angebotene, zumutbare Arbeit aufzunehmen und vorher bereits gegen eine Pflicht zur Aufnahme einer Arbeit verstoßen oder ein Arbeitsverhältnis grundlos gekündigt hat (Vorpflichtverletzung), dem kann für bis zu 2 Monate der gesamte Regelbedarf entzogen werden.

Die Minderung ist aufzuheben, wenn die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme nicht mehr besteht, spätestens aber nach zwei Monaten.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die Regelung wird praxistauglicher und wirksamer.

Auch das erstmalige Ablehnen eines konkreten und zumutbaren Arbeitsangebots kann künftig zum Entfallen des Leistungsanspruchs in Höhe des Regelbedarfs führen. Ein vorhergehender Verstoß gegen eine Pflicht zur Arbeitsaufnahme oder eine vorhergehende grundlose Kündigung ist nicht mehr notwendig. Die Regelung gilt allerdings weiterhin nur dann, wenn die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme tatsächlich und unmittelbar besteht, das Arbeitsangebot also jederzeit angenommen werden könnte, der Leistungsberechtigte sich aber willentlich weigert. Das ist zum Bespiel dann der Fall, wenn der Arbeitsvertrag unterschriftsbereit vorliegt, die leistungsberechtigte Person die Unterschrift aber verweigert oder die leistungsberechtigte Person zwar unterschrieben hat, die Arbeit dann aber trotzdem einfach nicht aufnimmt. Dieser enge Anwendungsbereich wurde durch das Bundesverfassungsgericht vorgegeben. Auch durch die Mindestdauer für den Entzug des Regelbedarfes von einem Monat wird die Regelung praxistauglicher und entlastet die Jobcenter. Wenn eine Arbeitsverweigerung festgestellt wurde, wird der Regelbedarf künftig mindestens für einen Monat entzogen. Erst mit Beginn des zweiten Monats muss das Jobcenter die tatsächliche und unmittelbare Möglichkeit der Arbeitsaufnahme fortlaufend prüfen, um den Wegfall der Leistungen weiter aufrecht zu erhalten.

Neu ist auch, dass die Miete während des Regelbedarfsentzuges künftig direkt an den Vermieter gezahlt wird. Damit können Mietschulden vermieden werden.

7. Wie wird dem besonderen Schutzbedürfnis von Menschen mit psychischen Erkrankungen noch besser Rechnung getragen?

Dadurch, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen persönlich angehört werden sollen:

Künftig ist ausdrücklich geregelt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen vor einer Leistungsminderung und auch vor Feststellung eines dritten Meldeversäumnisses, welches zum Entfall der Leistungen führt, persönlich angehört werden sollen. Damit wird verdeutlicht, dass diagnostizierte psychische Erkrankungen als besonders schutzwürdige Umstände von besonderer Relevanz für Entscheidungen des Jobcenters sind. Ein persönliches Gespräch ist hier in der Regel besser als ein ausschließlich schriftliches Anhörungsverfahren.

Geltendes Recht

Grundsätzlich verfügt das SGB II bereits über vielfältige Schutzmechanismen (Anhörung, Prüfung wichtiger Grund und Härtefallprüfung), die sicherstellen, dass auf die Lage von psychisch Erkrankten angemessen reagiert werden kann.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Bei der Regelung zur persönlichen Anhörung (siehe Frage 8) wird festgelegt, dass Personen mit diagnostizierten psychischen Erkrankungen künftig persönlich anzuhören sind, wenn dem Jobcenter die psychische Erkrankung bekannt ist. Die persönliche Anhörung umfasst dabei z.B. auch telefonische Kontaktaufnahme oder aufsuchende Formen. Ziel ist es, dauerhafte Leistungsminderungen und einen daraus gegebenenfalls resultierenden dauerhaften Kontaktabbruch zum Jobcenter zu vermeiden und festzustellen, was ursächlich für das Verhalten der Leistungsberechtigten ist. Mögliche Härtefälle sollen identifiziert werden. Dabei soll insbesondere auch berücksichtigt werden, dass es zwischenzeitlich bei den betroffenen Personen zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sein kann.

8. Bevor Jobcenter Leistungen mindern, müssen die Betroffenen angehört werden – in bestimmten Fällen auch persönlich. Gibt es Möglichkeiten, die Jobcenter hierbei zu entlasten?

Durch eine Anpassung der Regelung zur persönlichen Anhörung:

Vor Minderung der Leistungen ist die betroffene Person anzuhören. Ihr muss die Möglichkeit gegeben werden, Gründe für ihr Verhalten oder z.B. etwaige besondere Umstände darzulegen. Von diesem Grundsatz kann es keine Abkehr geben. Es soll aber künftig für die Entscheidung, ob eine Anhörung persönlich (z.B. in einem Gespräch im Jobcenter, aufsuchend, telefonisch oder per Video) und nicht schriftlich erfolgen soll, nicht mehr darauf ankommen, ob bereits wiederholt Pflichten verletzt oder Termine versäumt wurden. Es wird vielmehr darauf abgestellt, ob dem Jobcenter Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die erwerbsfähige leistungsberechtige Person nicht in der Lage ist, sich zu den erheblichen Tatsachen in einer schriftlichen Anhörung zu äußern. Damit erfolgt die persönliche Anhörung nur in den Fällen, in denen sie wirklich notwendig ist. Die Jobcenter werden so von unnötigem Aufwand entlastet.

Die Gelegenheit zur persönlichen Anhörung soll darüber hinaus immer im Vorfeld der neuen gestuften Regelung zum Umgang mit Terminverweigerern stattfinden, nämlich bei der Prüfung des dritten aufeinander folgenden Meldeversäumniseses (siehe Frage 5). Ebenso soll eine persönliche Anhörung in den Fällen stattfinden, in denen dem Jobcenter eine psychische Erkrankung bekannt ist (siehe Frage 7).

Geltendes Recht

Nach § 31a Absatz 2 soll auf Verlangen der leistungsberechtigten Person die Anhörung in einem persönlichen Gespräch erfolgen. Auch bei wiederholten Pflichtverletzungen oder Meldeversäumnissen der leistungsberechtigten Person, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die wiederholt Pflichten verletzen, zum Beispiel zunächst ein verbindlich zugewiesenes Bewerbungstraining nicht angetreten sind und sich anschließend nicht auf Vermittlungsvorschläge des Jobcenters bewerben, sollten bislang in einem persönlichen Gespräch angehört werden. Unabhängig davon, ob sich die Person auch in einem schriftlichen Verfahren hätte äußern können. Anstatt eines einfachen Briefwechsels sollte also immer ein Anhörungstermin im Jobcenter, per Telefon oder per Video durchgeführt werden oder gegebenenfalls auch aufsuchend bei der betroffenen Person zu Hause erfolgen. Diese persönliche Anhörung ist nun auf Fälle begrenzt, in denen das Jobcenter Anhaltspunkte dafür sieht, dass sich der Betroffene im schriftlichen Verfahren nicht äußern könnte. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Betroffene nur eingeschränkte Lese- und Schreibfähigkeiten hat oder dem Jobcenter besondere Belastungssituationen (familiäre, gesundheitliche, Suchterkrankungen) bekannt sind.

9. Wie soll künftig besser sichergestellt werden, dass Leistungen des SGB II zielgerichteter eingesetzt werden?

Durch Änderungen beim Umgang mit Vermögen: Abschaffung der Karenzzeit Vermögen, Höhe des Schonvermögens wird nach Altersstufen gestaffelt:

Die Karenzzeit für die Berücksichtigung von Vermögen wird abgeschafft. Auch die Freibeträge für das Vermögen werden neu geregelt. Die Höhe des Schonvermögens soll an das Lebensalter, gestaffelt nach Altersstufen, anknüpfen:

  • bis 30 Jahre: 5.000 Euro,
  • bis 40 Jahre: 10.000 Euro,
  • bis 50 Jahre: 12.500 Euro und
  • über 50 Jahre: 20.000 Euro.

Geltendes Recht

Derzeit wird Vermögen im ersten Jahr nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist (Karenzzeit). Die Grenze liegt bei 40.000 Euro für die erste Person bzw. bei 15.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft.

Nach Ablauf der Karenzzeit gelten für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft 15.000 Euro.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Wer Vermögen oberhalb der Freibeträge hat, muss dieses für seinen Lebensunterhalt einsetzen. Die Prüfung erfolgt zu Beginn des Leistungsbezuges. Die Freibeträge werden an das Lebensalter gekoppelt, sie steigen mit dem Alter. Ist eine 30-jährige Person im Leistungsbezug so hat sie einen Freibetrag auf Vermögen von 10.000 Euro. Eine Person, die 52 Jahre alt ist, hat einen Freibetrag von 20.000 Euro.

Mit der Regelung wird der vielfachen Kritik Rechnung getragen, Bürgergeld würde auch für Personen gezahlt, die eigentlich keine Hilfe bedürfen. Durch den Entfall der Karenzzeit und die Neuordnung der Freibeträge werden künftig wieder höhere Anforderungen an den Nachweis der Hilfebedürftigkeit gestellt. Die Regelung setzt die Vorgaben des Koalitionsvertrages um - sowie auch Forderungen aus der Praxis, das Schonvermögen herunterzusetzen.

10. Wie soll künftig besser sichergestellt werden, dass nicht unverhältnismäßig teure Wohnungen übernommen werden?

Durch Änderungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) - Einführung eines „Deckels“ in der Karenzzeit für unverhältnismäßig teures Wohnen:

Künftig wird die Angemessenheit der Wohnkosten ab dem ersten Tag des Leistungsbezuges geprüft. Die Karenzzeit wird zwar beibehalten; die Wohnkosten werden aber in der einjährigen Karenzzeit gedeckelt. Der „Deckel“ beträgt das Anderthalbfache der abstrakten örtlichen Angemessenheitsgrenze.

Folge: Mit dem „Deckel“ kommt ein zusätzlicher Prüfschritt hinzu. Die Leistungsberechtigten werden über das Ergebnis der Prüfung zu Beginn des Leistungsbezuges informiert.

Geltendes Recht

Wohnkosten werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Welche Kosten angemessen sind, legt der zuständige kommunale Träger nach vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäben fest. Entscheidend ist, dass für die festgelegten Werte vor Ort tatsächlich Wohnraum vorhanden ist.

Vor der Einführung des Bürgergeldes wurden unangemessene Wohnkosten max. sechs Monate voll übernommen, danach nur noch in angemessener Höhe.

Mit dem Bürgergeldgesetz wurde eine einjährige Karenzzeit eingeführt. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Kosten in voller Höhe übernommen.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Zur Verdeutlichung: Eine leistungsberechtigte Person wohnt in einer Wohnung, die z.B. 2.000 Euro monatlich kostet. Die kommunal festgelegten Angemessenheitsgrenze liegt für einen 1-Personen-Haushalt bei 600 Euro.

Der Bedarf für die Unterkunft wird künftig ab dem ersten Tag des Leistungsbezugs auf 900 Euro (1,5 x 600 Euro) begrenzt. Den restlichen Betrag muss die leistungsberechtigte Person eigenfinanzieren. Nach Ablauf der Karenzzeit erhält die Person die Aufforderung, die Kosten auf das angemessene Maß von 600 Euro zu senken.

Durch Berücksichtigung von Mietpreisbremsen bei den KdU:

Verstoßen die Aufwendungen gegen eine örtlich festgelegte Mietpreisbremse, greift die Pflicht der Leistungsberechtigten zu einer Kostensenkung auch in der Karenzzeit. Die Mieter müssen in diesem Fall gegenüber ihrem Vermieter einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen.

Geltendes Recht

Bislang gibt es keine spezielle Regelung im SGB II, die die Pflicht zur Prüfung und Durchsetzung der Mietpreisbremse speziell normiert.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Verstoßen die Mietkosten gegen eine örtlich geltende Mietpreisbremse, werden Leistungsberechtigte zur Senkung der Mietkosten aufgefordert. Leistungsberechtigte müssen sich dann an ihren Vermieter mit der Forderung wenden, die Miete auf das nach bürgerlichem Recht zulässige Maß zu senken. Kommt es zwischen dem Mieter und Vermieter zu keiner Einigung, erhält der Mieter die Kosten bis zur gerichtlichen Klärung weiterhin vom Jobcenter; Rückforderungsansprüche gegen den Vermieter gehen auf das Jobcenter über und werden von diesem zivilrechtlich gegen den Vermieter geltend gemacht.

Durch die neue Möglichkeit für kommunale Träger, eine Quadratmeterhöchstmiete festzulegen:

Die kommunalen Träger können künftig auch eine Quadratmeterhöchstmiete festlegen, die bereits während der Karenzzeit gilt. Sind die Aufwendungen für die Unterkunft im Verhältnis zur Wohnfläche zu hoch, wird ebenfalls ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt.

Geltendes Recht

Bisher gibt es hierfür keine Regelung.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Um Mietwucher in Form von überteuerten Kleinstwohnungen und damit das Ausschöpfen von Angemessenheitsgrenzen auf Kosten der Gemeinschaft entgegenzutreten, soll es den kommunalen Trägern ermöglicht werden, eine Quadratmeterhöchstmiete festzulegen. Unangemessen hohe Quadratmeterpreise werden dann nicht mehr anerkannt.

Zur Verdeutlichung: Jemand wohnt auf 10m². Die Miete beträgt 600 Euro. Die kommunal festgelegte Angemessenheitsgrenze für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft liegt in diesem Beispiel bei 600 Euro. Derzeit müssten die Jobcenter die Miete übernehmen, weil sie die Angemessenheitswerte nicht überschreitet. Legen die kommunalen Träger zukünftig eine Quadratmeterhöchstmiete fest (z. B. 15 Euro pro Quadratmeter), sind darüberhinausgehende Quadratmetermieten abstrakt unangemessen. Im benannten Beispiel würden 150 Euro übernommen werden (10m² x 15 Euro).

Die Quadratmeterhöchstmiete ist ein Element zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch. Dem bewussten Ausnutzen von kommunalen Angemessenheitsgrenzen durch Vermieter für flächenmäßig kleinen Wohnraum kann so entgegengewirkt werden.

11. Wie werden die Mitwirkungspflichten bei der endgültigen Leistungsfestsetzung gestärkt, nachdem Menschen schon vorläufig Leistungen erhalten haben und wie werden die Jobcenter und Gerichte dabei entlastet ?

Durch klare Rechtsfolgen für Leistungsberechtigte, die nicht oder nicht ausreichend durch Vorlage von Unterlagen über ihre Einkommens- und Vermögenssituation im Rahmen der endgültigen Leistungsfeststellung mitwirken.

Wirken Leistungsberechtigte nicht hinreichend durch Vorlage von Unterlagen über ihre Einkommens- und Vermögenssituation im Bewilligungszeitraum bis spätestens zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens mit, nachdem sie bereits vorläufige Leistungen erhalten haben, wird festgestellt, dass für die betreffenden Kalendermonate kein Leistungsanspruch bestand und die Leistungen erstattet werden müssen. Ein Nachreichen von Unterlagen im Klageverfahren und der Pflicht zur Nachberechnung durch das Jobcenter, oftmals Jahre später, ist nicht mehr möglich.

Geltendes Recht

Bisher mussten noch im Klageverfahren nachgereichte Nachweise und Auskünfte vom Jobcenter berücksichtigt werden, obwohl das Jobcenter bereits nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nach einem verbindlich geregeltem Verfahren den Leistungsberechtigten zur Vorlage der leistungserheblichen Tatsachen aufforderte, über die Mitwirkungspflichten schriftlich belehrte, eine angemessene Frist zur Vorlage gesetzt hatte und der Leistungsberechtigte trotz anschließendem endgültigem Bewilligungs- und Erstattungsbescheid fehlende Unterlagen auch nicht während des Widerspruchsverfahrens vorgelegt hatte.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Zur Verdeutlichung: Ein selbstständig tätiger Leistungsberechtigter hat für einen Zeitraum von sechs Monaten vorläufig Leistungen nach dem SGB II vom Jobcenter erhalten. Das Jobcenter hat ihm mitgeteilt, dass nach Abschluss des Bewilligungszeitraumes der Leistungsanspruch anhand der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere aus seiner selbstständigen Tätigkeit, in den Kalendermonaten des Bewilligungszeitraumes genau nachberechnet wird. Stellt sich heraus, dass der Leistungsberechtigte mehr verdient hat, als bei der vorläufigen Leistungsbewilligung zugrunde gelegt, muss er die Überzahlung zurückzahlen. Denn Erwerbseinkommen wird beim Leistungsanspruch berücksichtigt. Reicht der Leistungsberechtigte keine Unterlagen ein, stellt das Jobcenter in den jeweiligen Kalendermonaten fest, dass kein Leistungsanspruch bestand und der Leistungsberechtigte muss die gesamten vorläufig erhaltenen Leistungen für den jeweiligen Kalendermonat erstatten. Im Rahmen der endgültigen Festsetzung kann der Leistungsberechtigte Auskünfte und Unterlagen noch spätestens bis zum Erhalt des Widerspruchbescheides beim Jobcenter einreichen. Das Jobcenter muss die Unterlagen bei der Leistungsberechnung berücksichtigen. Nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens bzw. Widerspruchverfahrens bleibt es beim festgestellten Leistungsanspruch. Nachgereichte Unterlagen und Auskünfte werden nicht mehr berücksichtigt.

12. Wie wird Sozialleistungsmissbrauch besser bekämpft?

Durch Einführung einer Anzeigepflicht der Jobcenter an die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll (FKS).

Um die Verbindlichkeit zur Meldung der Jobcenter an die FKS zu erhöhen, wird in § 64 SGB II eine Anzeigepflicht der Jobcenter bei Verdacht auf Schwarzarbeit oder bei konkreten Anhaltspunkten für eine Unterschreitung des Mindestlohnes eingeführt.

Geltendes Recht

In § 64 SGB II ist bereits die gesetzliche Grundlage für die Zusammenarbeit der Behörden enthalten, die einen Austausch von JC und FKS ermöglicht. Diese enthält jedoch keine ausdrückliche und verpflichtende Anzeigepflicht.

Hinweis auf geplante ergänzende Regelung im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG):

Zu der Anzeigepflicht der Jobcenter wird ergänzend eine Rückmeldepflicht der FKS an die Jobcenter über das Ergebnis der Prüfung im SchwarzArbG eingeführt. Dies ermöglicht es den Jobcentern, daraus resultierende leistungsrechtliche Entscheidungen wie z.B. zur Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen zu treffen.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Bisher wurden Abgaben an die FKS bei Verdacht auf Schwarzarbeit je nach Jobcenter und Arbeitsbelastung sehr unterschiedlich gehandhabt. Durch die Verpflichtung soll eine einheitlichere und flächendeckende Vorgehensweise zur Meldung erreicht werden. Auch bei einem konkreten Verdacht auf Unterschreitung des Mindestlohns - bei Prüfung des Arbeitsvertrages oder von Verdienstabrechnungen - soll verpflichtend eine Meldung der Jobcenter an die FKS erfolgen.

Die Regelung unterstreicht die Wichtigkeit der Bekämpfung des Sozialleistungsmissbrauchs. Laut Gesetzentwurf wird es geschätzt zu 13.000 zusätzlichen Meldungen (Verdacht Schwarzarbeit) pro Jahr kommen.

Durch Einführung einer Arbeitgeberhaftung für SGB-II-Leistungen bei Schwarzarbeit.

Arbeitgeber, die schwarz arbeiten lassen, sollen auch für die sozialrechtlichen Folgen von Schwarzarbeit haften. Meldet ein Arbeitgeber eine Beschäftigung nicht, nicht vollständig oder nur zum Schein zur Sozialversicherung an und bezieht der Beschäftigte Leistungen nach dem SGB II, so soll neben dem Leistungsempfänger zusätzlich auch der Arbeitgeber für die rechtswidrig erbrachten Leistungen haften. Die Haftung tritt unabhängig von einer Kenntnis des Arbeitgebers ein, dass die Person Leistungen bezogen hat. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung.

Geltendes Recht

Nach geltendem Recht ist nur der Leistungsempfänger gegenüber dem Jobcenter zur Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen verpflichtet. Arbeitgeber, die eine Person schwarz oder zum Schein beschäftigen, können hierfür straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlich sowie durch die Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger zur Verantwortung gezogen werden.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Bisher müssen nur die Leistungsbeziehenden zu Unrecht bezogene Leistungen an das Jobcenter zurückzahlen. Künftig können die Jobcenter auch den Arbeitgeber zur Rückerstattung heranziehen.

13. Wie wird verhindert, dass Selbstständige, deren Geschäftsmodell nicht trägt, über Jahre ergänzende Leistungen erhalten?

Durch Klarstellung, dass nach einem Jahr die Tragfähigkeit überprüft werden soll

Zur Vermeidung langfristiger Hilfebedürftigkeit von Selbstständigen wird klargestellt, dass in der Regel nach einem Jahr im Leistungsbezug zu prüfen ist, ob ein Verweis auf eine andere Tätigkeit zumutbar ist. Grundlage der Entscheidung ist regelmäßig eine Tragfähigkeitsprüfung, die aufzeigen soll, ob durch die bisherige selbstständige Tätigkeit der Leistungsbezug der Bedarfsgemeinschaft beendet werden kann.

Geltendes Recht

Im Wesentlichen bereits Inhalt einer Fachlichen Weisung der BA. Diese gilt allerdings nicht für die kommunalen Jobcenter.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die Regelungswirkung besteht in erster Linie für die kommunalen Jobcenter. Aber auch die Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft sollen in ihren Bemühungen, den langfristigen Leistungsbezug von Selbstständigen zu vermeiden, bestärkt werden.

14. Wie wird daraufhin gewirkt, dass Menschen nicht im Minijob verharren, obwohl sie mehr arbeiten können?

Durch Einfordern bedarfsdeckender Erwerbsarbeit

Das vorrangige Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt vollständig aus eigenen Kräften bestreiten. Dem Grundsatz des Forderns zufolge wird deshalb durch eine klarstellende Änderung in § 2 SGB II deutlicher gemacht, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte dazu verpflichtet sind, ihre Arbeitskraft im maximal zumutbaren Umfang bis zur vollständigen Überwindung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen müssen. Das bedeutet, dass insbesondere alleinstehende Leistungsberechtigte bei Bedarf zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit verpflichtet werden können, soweit die zur Überwindung des Leistungsbezuges erforderlich ist und hier keine besonderen Gründe, z.B. gesundheitliche Einschränkungen, dagegensprechen.

Geltendes Recht

Bereits aus dem geltenden Recht ergibt sich für Leistungsbeziehende die oben beschriebene Pflicht. 

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Die Regelung hat klarstellenden Charakter. Sie gibt einen Impuls für die umsetzenden Akteure in den Jobcentern, sogenannte Erwerbsaufstocker stärker in die Pflicht zu nehmen und in ihre Vermittlungsbemühungen einzubeziehen.

15. Wie wird mit dem Gesetz die Digitalisierung im SGB II vorangetrieben?

Digitale Angebote werden verbessert. Verwaltungsabläufe werden digitalisiert und automatisiert, Pilotierung neuer Technologien wird vereinfacht, Reaktionsfähigkeit der Verwaltung auf neue Anforderungen wird gestärkt.

Die digitalen Angebote der Jobcenter werden verbessert, denn Digitalisierung ist wichtig für die Arbeit in allen Jobcentern. Der neue § 50b SGB II ist hierfür ein Impuls und adressiert die Digitalisierung in den Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung.

Mit strategischen Zielmarken werden die IT-Verfahren in den gemeinsamen Einrichtungen, die die BA bereitstellt, auf Modernisierung sowie eine effiziente Abwicklung von Verwaltungsabläufen ausgerichtet: Verwaltungsabläufe werden Ende-zu-Ende digitalisiert und automatisiert. Die Pilotierung neuer Technologien, wie z. B. KI, wird vereinfacht. So kann schnell bewertet werden, ob neue Technologien wirtschaftlich sind und Verwaltungsabläufe effizient unterstützen. Dies stärkt die Handlungsfähigkeit. Die Modernisierung der IT-Infrastruktur wird zur Priorität. So können neue Anforderungen an IT-Verfahren schneller umgesetzt werden. Die IT bleibt auch in Zukunft leistungsfähig.

Geltendes Recht

Die Ende-zu-Ende Digitalisierung und Automatisierung von Verwaltungsabläufen ist für das SGB II nicht normiert. In der Konsequenz werden Verwaltungsabläufe im SGB II nicht auf eine solche Zielstellung ausgerichtet. Dies schränkt zunehmend die Handlungsfähigkeit der Jobcenter ein, (neue) Aufgaben zu erfüllen.

Die Einführung neuer Technologien ist an die Auflage geknüpft, dass die Wirtschaftlichkeit solcher Technologien nachgewiesen werden muss. Dies ist jedoch häufig nicht möglich, da noch keine Erfahrungswerte mit der entsprechenden Technologie vorliegen. Eine Erprobung ist generell nicht möglich. Im Zweifel bleibt die entsprechende Einführung aus. In der Konsequenz steigt der Arbeitsaufwand in den Jobcentern, da mit veralteter Technologie (neue) Aufgaben umgesetzt werden müssen.

Es besteht in Deutschland keine Regelung, die die Modernisierung der IT-Infrastruktur normiert. In der Konsequenz ist die IT-Infrastruktur veraltet. Veraltete IT-Infrastruktur verlangsamt Umsetzungsprozesse in der IT erheblich. Die Verwaltung kann daher neue - insbesondere gesetzliche Anforderungen - nur mit hohem Ressourceneinsatz und zeitlichem Vorlauf umsetzen. Dies schränkt die Handlungsfähigkeit des Staates zunehmend ein.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Prozesse in den gemeinsamen Einrichtungen werden Ende-zu-Ende digitalisiert und automatisiert. Dies entlastet perspektivisch Beschäftigte in den gemeinsamen Einrichtungen von Routinetätigkeiten. Sie können sich vermehrt auf Beratung und Vermittlung von Menschen in Arbeit konzentrieren.

Neue Technologien werden niedrigschwellig anhand konkreter Anwendungsfälle erprobt. So kann schnell getestet werden, ob die Einführung bspw. einer KI-Anwendung Effizienzgewinne erzielt oder Geldverschwendung wäre. Wirtschaftliche Anwendungsfälle können dann schrittweise ausgebaut werden. Die Modernisierung der IT-Infrastruktur wird erstmalig in Deutschland gesetzlich als Zielmarke vorgegeben. Mit der Priorisierung dieser Thematik wird sichergestellt, dass die BA auch in Zukunft (gesetzliche) Anforderungen (zeitnah) umsetzen kann.

Mit der Regelung werden die digitale Transformation und Modernisierung des Staates vorangetrieben. Mit der Modernisierung der IT-Infrastruktur sorgt die Bundesregierung dafür, dass die Verwaltung künftig handlungsfähig bleibt.

16. Wie soll das Bürgergeld künftig heißen?

Die Geldleistung wird umbenannt in „Grundsicherungsgeld“:

Die Geldleistung „Bürgergeld“ wird in „Grundsicherungsgeld“ umbenannt und der Begriff „Bürgergeld“ aus dem Titel des SGB II gestrichen. Das Leistungssystem wird „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ genannt.

Geltendes Recht

Von 2005 bis 2023 gab es zwei Bezeichnungen für die Geldleistung zum Lebensunterhalt: „Arbeitslosengeld II“ für erwerbsfähige und „Sozialgeld“ für nichterwerbsfähige Leistungsbeziehende (insb. Kinder bis 15 Jahre). Seit der Bürgergeldreform werden die Geldleistungen im Gesetz einheitlich als „Bürgergeld“ bezeichnet.

Durch die Bürgergeldreform wurde der Begriff „Bürgergeld“ auch im Titel des Gesetzes SGB II ergänzt - es heißt seitdem „Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende“.

Was ändert sich in der Praxis dadurch?

Für die leistungsbeziehenden Menschen ändert sich durch die Neubezeichnung nichts.

17. Was verändert sich durch den stärkeren Fokus auf Vermittlung? Gibt es jetzt keine Weiterbildungen mehr?

Die Bedeutung der Vermittlung in Ausbildung und Arbeit in der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird gestärkt. Um sicherzustellen, dass hieran alle erwerbsfähigen Leistungsbeziehenden aktiv mitwirken, sollen Rechte und Pflichten verbindlicher geregelt und Leistungsminderungen verschärft werden. Es gilt der Vorrang der Vermittlung in Arbeit.

Dort wo Menschen Unterstützung benötigen, um in Arbeit zu kommen, wird diese selbstverständlich auch weiterhin geleistet. Dabei gilt weiterhin das Ziel, dass die Menschen möglichst nachhaltig und dauerhaft integriert werden. Wenn hierfür eine Leistung zur Eingliederung erfolgversprechender als eine direkte Vermittlung ist, dann soll diese zum Einsatz kommen, beispielsweise eine Qualifizierung oder Weiterbildung. Denn es wäre unwirtschaftlich, Menschen immer wieder nur in kurzfristige Beschäftigung zu vermitteln, wenn eine Weiterbildung sie nachhaltig aus dem Leistungsbezug führen könnte. Das gilt insbesondere - aber nicht nur - für junge Menschen unter 30 Jahren. Wichtig ist, dass die Menschen dazu befähigt werden, ihren Lebensunterhalt dauerhaft aus eigenen Kräften zu bestreiten.

18. Viele Menschen kooperieren zuverlässig mit den Jobcentern. Was ändert sich für diese Menschen?

Für Menschen, die zuverlässig mit ihrem Jobcenter kooperieren und - im Rahmen ihrer Möglichkeit - alles daransetzen, den Hilfebezug zu verlassen oder zumindest so weit wie möglich zu verringern, ergeben sich durch das Gesetz keine Verschärfungen in Bezug auf Mitwirkungspflichten und Leistungsminderungen. Die Jobcenter können mit diesen Menschen wie bisher auf Grundlage des Kooperationsplans zusammenarbeiten.

19. Haben die Jobcenter genug Mittel, um Menschen in Arbeit zu bringen?

Ab dem Jahr 2026 erhalten die Jobcenter jährlich eine Milliarde Euro zusätzlich. Dies bedeutet eine Aufstockung des Eingliederungstitels auf dann 4,7 Mrd. Euro. Der Ansatz für Verwaltungskosten wird mit 5,25 Mrd. Euro durchgeschrieben.

Auch im laufenden Jahr wurde der Ansatz für Eingliederungsleistungen um 400 Millionen Euro auf 4,1 Mrd. Euro aufgestockt. Zudem stehen Ausgabereste in Höhe von bis zu 350 Mio. Euro im Jahr 2025 und 2026 zur Verstärkung des Gesamtbudgets SGB II zur Verfügung. Unter Berücksichtigung der Entlastung der Jobcenter in Höhe von 900 Mio. Euro durch die Aufgabenverlagerung der Förderung der beruflichen Weiterbildung/Reha an die Agenturen für Arbeit bewegt sich die Mittelausstattung damit über dem Niveau der Jahre 2022 ff. und ab dem Jahr 2026 dann sehr deutlich über dem Niveau.

Durch die vorgesehene gesetzliche Verankerung und Ausweitung des Passiv-Aktiv-Transfers im Rahmen der Umgestaltung der Grundsicherung erhalten die Jobcenter zusätzlichen Spielraum bei der Finanzierung von beschäftigungsfördernden Maßnahmen und mehr Planungssicherheit.

Mit der Verbesserung der Mittelausstattung setzt die Bundesregierung eine wichtige Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag direkt um.

Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Jobcenter vor Ort über den Einsatz der Mittel und ihre Eingliederungsstrategie selbst entscheiden. Mögliche höhere Personalbedarfe bei Betreuung und Vermittlung können die Jobcenter durch Umschichtungen zum Verwaltungskostentitel decken.

20. Wird die Zahl der Leistungsbeziehenden durch das Gesetz sinken – und wenn ja, um wie viel?

Die Integrationen in Arbeit sind maßgeblich von der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes abhängig. Diese wird wesentlich durch die wirtschaftliche Entwicklung bestimmt. Eine seriöse Prognose hierzu ist - auch aufgrund der bestehenden geopolitischen Unsicherheiten - nicht möglich. Mit den im Gesetzentwurf enthaltenen Anpassungen und Neuregelungen wirkt die Bundesregierung darauf hin, die Vermittlung in Arbeit zu stärken.

21. Wie viel kann mit dem Gesetzentwurf eingespart werden?

Der Koalitionsvertrag sieht vor, den Bundeshaushalt zu konsolidieren. Jedes Ressort muss seinen Beitrag erbringen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erwartet, dass verschiedene Maßnahmen ab dem Jahr 2026 zu Einsparungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende führen werden. Der Beitrag des BMAS setzt sich u. a. zusammen aus dem geplanten SGB II-Änderungsgesetz und dem geplanten Rechtskreiswechsel Geflüchteter aus der Ukraine. Auch der höhere gesetzliche Mindestlohn wird zur Entlastung beitragen.

Die erwarteten unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind dem Regierungsentwurf zu entnehmen. Allein aufgrund der Maßnahmen des SGB II-Änderungsgesetzes ergeben sich keine nennenswerten Einsparungen.

Erheblichere Einspareffekte würden sich durch eine verbesserte Arbeitsmarktintegration und eine Reduzierung der Zahl der Leistungsberechtigten ergeben. Voraussetzung für Einsparungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist und bleibt allerdings eine konjunkturelle Belebung, die die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes erhöht und die Beschäftigungschancen von Leistungsbeziehenden spürbar verbessert.

Zur Orientierung: Eine Reduzierung um 100.000 Regelleistungsberechtigte entspräche einer Einsparung von rund 850 Millionen Euro pro Jahr, von denen rund 100 Millionen Euro auf die Kommunen entfallen und der Rest auf den Bund.

Hinzu kämen noch positive Effekte auf die Sozialversicherungen sowie die Steuereinnahmen.

22. Wie werden Kinder bei Leistungsminderungen, die bei den Eltern greifen, geschützt?

Kinder in Bedarfsgemeinschaften sind bei Leistungsminderungen im SGB II durch folgende Elemente geschützt:

Es wird ausschließlich der Regelbedarf der erwerbsfähigen leistungsberechtigen Person gemindert, die die Pflichtverletzungen oder das Meldeversäumnis begangen hat. Der Regelbedarf der Kinder und ggf. weiterer Elternteile in der Bedarfsgemeinschaft wird nicht gemindert.

Die leistungsberechtigte Person ist im Rahmen der Aufklärung des Sachverhaltes anzuhören. Hierbei können etwaige besondere Umstände wie familiäre oder gesundheitliche Probleme vorgetragen werden. Liegt ein wichtiger Grund vor, werden die Leistungen nicht gemindert.

Eine Minderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Prüfung, ob ein Härtefall vorliegt, muss bei jeder Leistungsminderung durch das Jobcenter überprüft werden. Die Minderung der Leistungen kann in einem konkreten Einzelfall aufgrund besonderer Umstände dann unzumutbar sein. Das kann bspw. der Fall sein, wenn die Leistungsminderung negative Auswirkungen auf weitere Personen in der Bedarfsgemeinschaft - insbesondere Kinder - hat. Die Regelung ist bewusst offen formuliert und gibt den Jobcentern einen weiten Ermessensspielraum, um im Einzelfall zu entscheiden.

Hinweis zum geplanten Wegfall des Leistungsanspruches bei wiederholter Terminverweigerung: Der komplette Wegfall des Leistungsanspruchs wegen Nichterreichbarkeit (einschl. Wegfall der Wohnkosten) hat keine negativen Auswirkungen auf die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Die Kosten der Unterkunft werden in voller Höhe weiter getragen und direkt an den Vermieter gezahlt, um Mietschulden bei unbeteiligten Personen zu vermeiden.