FrauenPOWER ist ein Empowerment-Projekt von Frauen für Frauen. Worum geht es bei diesem Angebot?
Kristin Gannott: Das Ziel von
FrauenPOWER [PDF, 411KB] ist, Frauen zu empowern und sie dann schrittweise auf den Einstieg in den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Hier kommen Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft in kleinen Gruppen zusammen. Sie alle bringen individuelle Lebenserfahrungen mit. Was sie einigt, sind die Herausforderungen, vor denen sie stehen. Die Gespräche in lockerer und vertrauter Atmosphäre sorgen dafür, dass sich die Frauen leichter öffnen. Sie teilen ihre Bedarfe und Wünsche mit, sprechen aber auch über gesellschaftspolitische Themen. Hierzu gehören beispielsweise die Rollenverständnisse oder die Gleichberechtigung von Frauen, die manchmal noch stark kulturell und religiös geprägt sind. Die Frauen lernen mit und voneinander und erfahren durch den Austausch, welche Wege ihnen in Deutschland offenstehen. Sie lernen, wo es in Nürnberg kostenlose Bildungs- und Freizeitangebote gibt und wie sie diese Zugänge nutzen können. Wir ermutigen sie auch dazu, ihre Umgebung zu erkunden und mit anderen Menschen, die schon länger in Deutschland leben oder dort aufgewachsen sind, in Kontakt zu treten. Die Gruppenleiterinnen sind zudem immer ansprechbereit, sei es für persönliche Notlagen oder als Unterstützung im Alltag. Mit dem regelmäßigen sozialpädagogischen Einzelcoaching können wir auf jede Frau individuell eingehen und sie bei der Suche nach ihrem Weg unterstützen und diesen dann im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung mit ihr gehen.
Vor welchen Herausforderungen stehen die Teilnehmenden und wie gehen Sie damit um?
Kristin Gannott: Jede Situation ist individuell. Eine Herausforderung ist zum Beispiel die Kinderbetreuung, die eine Arbeitsaufnahme ja erst ermöglicht. Um Berührungsängste etwa im Bereich der Fremdbetreuung abzubauen, arbeiten wir mit verschiedenen Infomaterialien der Bundesregierung, die über solche Themen durch einfache Bildsprache oder Videomaterial aufklärt. Das traditionelle Rollenverständnis, mit dem viele der geflüchteten Frauen in ihren Herkunftsländern aufgewachsen sind, versuchen wir durch Aufklärungsarbeit, Transparenz aber auch durch Positivbeispiele zu durchbrechen. Viele der Teilnehmenden sind gut qualifiziert, haben jedoch keine beruflichen Vorerfahrungen. Wir helfen ihnen, einen anderen Umgang mit ihren eigenen Erwartungen zu finden und schauen gemeinsam nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten. Das kann zum Beispiel eine Anpassungsqualifizierung sein, um wesentliche Unterschiede zwischen ihrer ausländischen Berufsqualifikation und dem deutschen Referenzberuf auszugleichen.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnerinnen und -partnern vor Ort?
Kristin Gannott: Der Fachkräftemangel zwingt immer mehr Arbeitgebende zum Umdenken. Häufig werden freie Stellen dann doch besetzt, auch wenn Arbeitnehmende auf Grund fehlender Fachkenntnisse nicht den vollen Mehrwert für das Unternehmen erbringen können. Wir erleben aber auch, dass Arbeitgebende eine Anstellung gänzlich verweigern, weil die Arbeitnehmende nicht sofort einsatzfähig und daher wenig gewinnbringend für das Unternehmen ist. Ich würde mir an der Stelle von den Arbeitgebenden mehr Offenheit und eine höhere Bereitschaft, sich auf etwas Neues einzulassen, wünschen. Wir brauchen aber auch Offenheit auf Seiten der Arbeitnehmenden: Im besten Fall erkennen beide Elternteile, dass es Vorteile hat, wenn beide einer Tätigkeit nachgehen und abwechselnd die Kinderbetreuung übernehmen
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Warum ist Empowerment-Arbeit mit geflüchteten Frauen wichtig und wie kann diese unterstützend wirken?
Kristin Gannott: Empowerment-Arbeit ist die Grundlage für die Arbeitsmarkintegration, indem sie den Blick auf die eigenen Ressourcen der Frauen und auf ihre Selbstwirksamkeit lenkt. Die Frauen „erleben“ ihre Selbstwirksamkeit und gewinnen Zutrauen in die eigenen Stärken. Wir unterstützen sie darin, selbstbestimmter Entscheidungen für ihr eigenes Leben zu treffen. Empowerment-Arbeit schafft positive Erlebnisse, die die Frauen dann in ihren Alltag mitnehmen. Dadurch verstärkt sich auch nochmal die positive Wirkung auf das Selbstwertgefühl. Der Austausch mit anderen Frauen, die sich in einer ähnlichen Lebenslage befinden, ermutigt auch eigene Ideen zur Umsetzung einer beruflichen Tätigkeit zu entwickeln. Die Frauen können dann ihre eigenen Möglichkeiten und notwendigen Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt besser einschätzen.
FrauenPOWER ist eine nach §45 SGBIII finanzierte eingekaufte Maßnahme bei TRANSFER, einem Bildungsträger des Jobcenters Nürnberg-Stadt.
Steckbrief
- Standort: Jobcenter Nürnberg-Stadt
- Organisationsform: gemeinsame Einrichtung
- Anzahl der Beschäftigten: 630
- Thema: Geflüchtete Frauen am Arbeitsmarkt
- Projekt: FrauenPOWER
- Projektteilnehmende: 53
- Integrationsquote: 34 %
Stand Dezember 2023