Wie haben Führungskräfte die Herausforderungen der vergangenen Monate während der Corona-Pandemie erlebt? Und wie können die Entwicklungen neue Möglichkeiten für die Zukunft eröffnen? Darüber diskutierten unter dem Titel „Führung – Das Unmögliche im Möglichen“ auf einem digitalen Podium: Ana Paula May, Mitglied der Geschäftsführung des Jobcenters Region Hannover, Robert Nobiling, Geschäftsführer des Jobcenters Steinburg, und Kerstin Plehwe, Unternehmerin und Publizistin. Unter der Moderation von Hanno Burmester berichteten May und Nobiling von ihren Eindrücken aus den Jobcentern, während Plehwe den externen Blick auf das Geschehene einbrachte und mit ihren zukunftsweisenden Thesen die Diskussion anregte. Die rund 100 Teilnehmenden aus Jobcentern, von den Ländern sowie den kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesagentur für Arbeit konnten sich wie bei den vergangenen Veranstaltungen der Reihe live beteiligen. Eine anfängliche Abstimmung ergab, dass 73 Prozent von ihnen die Führungsaufgabe heute schwerer einschätzen als noch vor Ausbruch der Pandemie.
Umfrage-Ergebnis: Wie die Teilnehmenden die Führung seit Beginn der Pandemie empfunden / erlebt haben
Kreisdiagramm mit fünf Datenpunkten: Wie haben Sie Führung seit Beginn der Pandemie empfunden / erlebt? Datenpunkte: schwieriger: 73%, gleich: 13%, viel schwieriger: 7%, leichter: 3%, viel leichter: 3%.
Corona-Pandemie als Brennglas
May und Nobiling waren sich schnell einig: Die Corona-Pandemie hat bestehende Probleme wie ein Brennglas angefeuert und nicht alle Brände ließen sich zu Beginn der Krisensituation gleichermaßen gut kontrollieren. Anfangs ging es vor allem darum, Kund*innen weiterhin mit gutem Service und finanziellen Mitteln zu versorgen. „Wir haben priorisiert und sind auf Sicht gefahren. Führungskräfte waren gefragt, sehr schnell zu handeln“, sagt Nobiling.
Auch May berichtete von einem „Fahren auf Sicht“. Sie erlebte die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden, allen voran der Führungskräfte im Jobcenter Hannover, sehr unterschiedlich. „Die einen waren offen für Neues, die anderen wiederum skeptisch oder gar ängstlich“, sagt sie. Dabei war auch für sie klar: „Die Corona-Pandemie und all die Auswirkungen zeigten keine neuen Problemlagen, aber sie halfen dabei, einen Blick auf die eigene Organisations- und Führungskultur zu werfen.“
Führung ist facettenreich geworden
Plehwe ordnete ein, dass Führung während der Pandemie, in Zeiten rasant ansteigender Digitalisierung, Distanz und sich verändernder Strukturen, sehr facettenreich geworden sei. Um den Wandel zu meistern und die Mitarbeitenden zufrieden zu stellen, müssten sich die Führungskräfte selbst mitwandeln und sich kritisch hinterfragen. Dabei würden die Berechenbarkeit sowie die Planbarkeit der Zukunft immer weniger, und genau darin läge die große Herausforderung für Führungskräfte, war sich Plehwe sicher.
Ideen für gute Lösungen
„Was zählt, sind gute Rahmenbedingungen und vor allem Bereitschaft der Führungskräfte“, sagte May. Ihre Idee: Beim Recruiting neuer Führungskräfte anfangen und direkt prüfen, ob sie mit den neuen Anforderungen klarkommen. „Der Prozess ist gefühlt noch aus dem vorherigen Jahrhundert, das muss sich ändern“, forderte May. Nobiling wünscht sich einen stärkeren Austausch in Bezug auf die Rahmenbedingungen – und das über die Verwaltung hinaus. „Ich denke an ein virtuelles Sparring“, sagt er. „Dabei könnten wir in neuen Arbeitsformen neue Führungskompetenzen entwickeln.“
Chancen im Wandel nutzen
Kerstin Plehwe ergänzte und lieferte Anregungen für die Zukunft. Ihr Appell: Mitarbeitende und Führungskräfte sollten Veränderung als Teil des Lebens ansehen und nicht davor zurückzuschrecken. Die Corona-Krise habe bewiesen, dass es nichts bringe, über Veränderungen zu diskutieren, sagte sie. Darum müssten alle damit aufhören, dagegen anzukämpfen und das Beste aus Veränderungen machen.
Dafür benannte sie verschiedene Lösungsansätze: Mut, auch mal Nein zu sagen, zum Beispiel. Man müsse nicht immer Agilität praktizieren, man brauche auch Stabilität, sagte Plehwe. Wichtig für jede Führungskraft seien mehr Ehrlichkeit und Empathie, bessere Kommunikation, neues Teamwork, Mut zur Kreativität, Stressreduktion und Mindfulness, sprich Achtsamkeit, sowie neue Prioritätensetzung.
Führungskräfte haben Gestaltungsmöglichkeiten
Im Laufe der Veranstaltung waren auch nochmals alle Teilnehmenden gefragt, sich zu beteiligen: Über das Abstimmungs-Tool konnten sie drei Schlagwörter eingeben, die ihnen zu den individuellen Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer Position einfielen. Vertrauen, Kommunikation und Rahmenbedingungen waren die drei Favoriten. Nobiling berichtete, dass er hier bereits gute Erfahrungen gemacht hat. „Ich habe meinen Mitarbeitenden mehr Vertrauen durch mehr Freiraum geschenkt, habe sie in eigenständigen Arbeitsgruppen arbeiten lassen“, sagte er. „Sie haben einen Vorschlag für eine neue Dienstvereinbarung konzipiert und ich als Führungskraft muss nun auf den Personalrat zugehen und sagen: Das sind Wünsche aus der Belegschaft, was können wir machen?“ Dabei müsse auch er eine Haltung finden.
Umfrage-Ergebnis: Diese Schlagworte fallen den Teilnehmenden ein, wenn Sie an Ihre Gestaltungsmöglichkeiten als Führungskraft denken
Wortwolke: Welche drei Schlagworte fallen Ihnen ein, wenn Sie an Ihre Gestaltungsmöglichkeiten als Führungskraft denken? Am größten dargestellte Begriffe: Vertrauen, Kommunikation, Rahmennedingungen.
In Zukunft hybride Arbeitsmodelle – und neue Führungsaufgaben
Zum Ende der Veranstaltung waren sich alle Podiumsteilnehmenden sicher: Künftig werden Jobcenter in hybriden Arbeitsmodellen arbeiten, in einer Mischung aus Digitalem und Analogem. Das bedeutet neue Anforderungen an Führungskräfte. Indem sie Vertrauen schenken und Verantwortung geben, verpackt in individueller Kommunikation, können sie die Herausforderungen in Möglichkeiten umwandeln.
Hier [PDF, 257KB] finden Sie die Mentimeter-Ergebnisse sowie die Vortragsfolien von Kerstin Plehwe als Download.
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