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Kommunikation

Vermitteln schafft Vertrauen

Ombudspersonen helfen, wenn die Kommunikation hakt. In mehreren Regionen stellen sie belastetes Vertrauen zwischen Leistungsberechtigten und Jobcentern wieder her.

Verständnisvoll: Brigitte Sauerbrey aus Essen

Als Brigitte Sauerbrey den Laptop aufklappt, liegen wieder zwölf neue Fälle an. Sauerbrey ist an einem Donnerstagmorgen in das kommunale Jobcenter Essen gekommen. Alle zwei Wochen arbeitet die frühere Berufsberaterin in ihrem Ruhestand wieder an ihrer alten Arbeitsstelle – seit Anfang 2020 ist sie Ombudsfrau. Das bedeutet: Sauerbrey vermittelt ehrenamtlich, wenn es zwischen Leistungsberechtigten und der Sachbearbeitung ein Problem gibt. „Ich stehe auf keiner Seite, ich bin neutral“, betont sie. Und das funktioniere auch, obwohl sie noch immer viele Mitarbeitende des Jobcenters von früher kennt.

Bis Ende 2014 war Sauerbrey Teamleiterin für die U25. Die Aufgabe hat sie im doppelten Sinne auf die Position der Ombudsfrau vorbereitet: Sauerbrey hatte ständig Kontakte in alle Bereiche des Jobcenters, war intern bestens vernetzt. Und sie hat viel gelernt von den jungen Menschen. „Diese Kontakte haben mich geschult“, sagt sie rückblickend. „Ich habe Verständnis dafür, dass viele Menschen mit dem System Jobcenter nicht vertraut sind. Man lernt ja nichts über Anträge und Bescheide in der Schule.“

Und schon ist die Ombudsfrau beim Kern ihrer Arbeit. Meistens muss Sauerbrey keinen Streit ausräumen, sondern mit Missverständnissen aufräumen. „Wir sprechen hier im Jobcenter oft zu kompliziert, die Menschen verstehen nicht, was wir von ihnen wollen“, berichtet sie. Das fange mit Begriffen wie „Maßnahme“ an. „Dieser Begriff ist außerhalb von Behörden nicht geläufig. Warum heißt es nicht: ‚Wir schicken Sie zu einem Kurs‘? Dann wüssten alle Bescheid.“

Sauerbrey hat sich in vielen Berufsjahren eine kritische Haltung bewahrt – aber auch eine positive Einstellung gegenüber den Menschen. „Ich habe meinen Beruf ausgeübt, weil ich mich sozial engagieren wollte“, sagt sie, „und diese Überzeugung ist in vielen Jahren innerhalb der Behörde so geblieben.“ Sie könne nicht die Welt verändern. „Aber ich kann immer wieder im Kleinen etwas bewirken.“ Nämlich dann, wenn sie einem oder einer Leistungsberechtigten das Jobcenter-Handeln erläutert – und ihr Gegenüber einen Schritt weiterkommt. „Ich spreche immer so lange mit dem Kunden, bis er alles verstanden hat und es sogar einsieht.“

Die Essener Ombudsfrau arbeitet stets per Telefon und E-Mail. Vor-Ort-Termine gibt es nicht und es brauche sie auch nicht unbedingt, meint Sauerbrey. „Man kann auch über das Telefon sehr gut Vertrauen aufbauen. Mein Ansatz ist, dass ich den Leuten erst mal mein Vertrauen entgegenbringe und ihnen glaube.“ Allein der Rückruf einer Ombudsfrau habe eine positive Wirkung. Denn die Menschen spüren: Da kümmert sich jemand. Wenn sich ein Fall nicht per Telefon klären lässt, bittet Sauerbrey um die BG-Nummer und das Einverständnis, die Sachbearbeitung im Haus zu kontaktieren. „Den Kunden gefällt es, wenn ihnen jemand einen Weg aufzeigt.“

Hilfsbereit: Hans-Jürgen Köbberling aus Nordhessen

Hans-Jürgen Köbberling löst Probleme am liebsten direkt vor Ort. Der Ombudsmann für das Jobcenter des Schwalm-Eder-Kreises setzt sich dafür in sein Auto und fährt bis zu 50 Kilometer. Die Wege in Nordhessen sind lang.

Gleich drei Ombudsmänner gibt es im Schwalm-Eder-Kreis. Ganz anders als Brigitte Sauerbrey in Essen, haben sie keine Jobcenter-Vergangenheit. Alle drei sind im Ruhestand, alle sind in der Region gut bekannt. Köbberling war einst Bürgermeister, sein Kollege Erhard Spanknebel Amtsgerichtsdirektor und Rudolf Amert Geschäftsführer der Malteser. Als der Landrat im Jahr 2011 Ombudsleute suchte, meldeten sich die drei für das Ehrenamt. Köbberling ist inzwischen Anfang 70 und „der Jüngste in unserer Runde“, wie er sagt.

Köbberlings Hausbesuche haben Methode. „In eineinhalb Stunden bei den Leuten zu Hause erreiche ich oft mehr als mit 15 Telefonaten und E-Mails“, sagt er. Die meisten Menschen seien beeindruckt, dass sich jemand persönlich um sie kümmere – ein gemeinsamer Kaffee auf der heimischen Couch baut viel Vertrauen auf. Nicht wenige leben abgeschottet und seien froh, dass einmal jemand vorbeikommt. „Und wenn ich in die Wohnung komme, klären sich komplexe Fragen häufig innerhalb von Minuten“, erzählt Köbberling. Wie bei einer Frau, die ihre Stromkosten nicht vom Jobcenter erstattet bekam. „In den Zimmern war es heiß, der Lebensgefährte kam mir in der Badehose entgegen. Die Elektroheizung lief auf Hochtouren, dazu Fernseher und Computer.“ Schnell stellte sich heraus: Das Jobcenter hatte zu Recht Fragen zur hohen Stromrechnung. Köbberling ist in so einer Situation nicht nur Ombudsmann, sondern auch Allround-Lebensberater.

Seine Motivation bringt Köbberling so auf den Punkt: „Mir macht die Sache Spaß, weil ich den Leuten helfen kann. Ich habe ein soziales Gewissen und möchte nicht, dass Menschen am Rande der Gesellschaft stehen gelassen werden.“ Ähnlich wie in Essen sind auch im Schwalm-Eder-Kreis meist Kommunikationsprobleme der Grund, dass sich Leistungsberechtigte an die Ombudsleute wenden. Manche Briefe des Jobcenters seien zu kompliziert, sagt Köbberling.

Auch Migrant*innen mit wenig Sprachkenntnissen fragen bei ihm nach. In der Region gebe es viele Beschäftigte, die aus Osteuropa und dem Balkan stammen. Häufig laufe der Kontakt über Bekannte, „doch auch die sprechen kaum Deutsch“. Köbberling versucht dann zu vermitteln, zwischen Jobcenter, dem Bekannten und der Person, um die es eigentlich geht. Stockt die Kommunikation, hilft auch hier oft ein Hausbesuch.

Köbberling ist offen, das gilt auch für die Kommunikation. Seine private Telefonnummer steht im Internet und auf Plakaten im Jobcenter. Das erleichtere den Menschen vieles, hat aber auch Nachteile. „Es kam schon vor, dass jemand ordentlich Alkohol getrunken hatte und sich spät abends einfach über alles beschweren wollte.“ Auch juristisch wurden die Ombudsleute schon angegangen. Anwält*innen hätten sich beim Kreis beschwert – sie fürchteten, dass die kostenlose Beratung zur Konkurrenz werden könnte. „Wir sind aber keine Rechtsberater“, betont Köbberling. „Für unsere Aufgabe ist nicht Gesetzeskenntnis entscheidend, sondern Fingerspitzengefühl und Menschenverstand. Wir vermitteln und bauen Hemmschwellen gegenüber der Behörde ab.“

Das komme auch im Jobcenter gut an, berichtet Köbberling. Regelmäßig treffen sich die Ombudsleute mit der Amtsleitung, in der Belegschaft sind sie bekannt. „Die Mitarbeiter sind dankbar, weil wir immer wieder komplexe Probleme lösen. Und teilweise kommen wir an Menschen heran, die sich schon lange nicht mehr getraut haben, das Amt zu betreten.“ 

Lösungsorientiert: Horst-Rigo Knapp aus Saarbrücken

Wer in Saarbrücken ein Problem mit dem Jobcenter hat, muss jedoch das Amt betreten – oder zumindest direkt im Jobcenter anrufen. Die Nummer der Ombudsstelle leitet zu Horst-Rigo Knapp weiter. Und der sitzt jeden Tag im Jobcenter Saarbrücken. Knapp ist hauptamtlich Bereichsleiter in der Leistungsabteilung – es kommt also vor, dass Menschen sich hilfesuchend an ihn wenden, weil es Probleme mit einer Entscheidung aus einem seiner Teams gibt.

Seit 2008 gibt es die Ombudsstelle in Saarbrücken. Knapp hatte zwei Vorgänger, die ebenso feste und erfahrene Kräfte des Jobcenters waren. Er selbst blickt auf 34 Jahre Berufserfahrung. „Wir älteren Mitarbeiter sind dank unserer Erfahrung ganz gute Mediatoren. Außerdem können wir allumfassend Auskunft geben. Wir kennen uns aus im SGB II, wir haben Zugriff auf die E-Akte und auf die ALLEGRO-Software.“

An diesem Morgen, erzählt Knapp, riefen zwei Leistungsbeziehende die Nummer der Ombudsstelle an. „Deren Anliegen konnte ich innerhalb weniger Minuten klären.“ Wo bleibt denn das Geld, sei eine Frage heute gewesen. Knapp sah mit wenigen Klicks, dass die Zahlung schon am Vortag rausging und am nächsten Tag auf dem Konto ankommen werde – der Anrufer war glücklich.

Ein anderer Mann sei sauer gewesen, weil das Jobcenter Unterlagen nachforderte, die er längst geschickt hatte. Knapp rief die E-Akte auf und stellte fest: Tatsächlich, die Unterlagen liegen vor. „Dann habe ich gesagt: Entschuldigung, wir haben einen Fehler gemacht.“ Diese zuvorkommende und selbstkritische Art habe wiederum den Leistungsberechtigten positiv überrascht – der Ärger war verflogen.

Trotz dieser Spontaneinsätze schafft Knapp die Ombudstätigkeit neben den Aufgaben als Bereichsleiter. Seine Telefonnummer ist etwa in Flyern des Jobcenters abgedruckt. Die Zahl der Beschwerden halte sich in Grenzen. Das gelte auch für Widersprüche. Ihre Anzahl habe sich in der Pandemie halbiert – offenbar, weil das Jobcenter großzügiger prüfte und weniger Nachweise einforderte. Ähnliches berichten auch die anderen Ombudsleute: Die Pandemie führte nicht zu einem Beschwerdeboom, eher im Gegenteil. Langweilig wird den Ombudsleuten aber sicher auch in Zukunft nicht.