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Job-Turbo

„Jobvermittlung vor Ort meets Job-Turbo”

Wie kann eine nachhaltige Integration in Arbeit gelingen? Und welche Angebote sind besonders effektiv? Über diese und weitere Fragen spricht Sylke Schwanhold, Geschäftsführerin des Jobcenters im Landkreis Celle, im Interview.

Jobcenter Landkreis Celle

Sylke Schwanhold ist die Geschäftsführerin des Jobcenters im Landkreis Celle

Frau Schwanhold, Sie haben im Rahmen der Kampagnenwoche zum Job-Turbo an zwei Standorten die Aktion „JobLokal” veranstaltet. Wie genau sahen diese Veranstaltungen aus?

Sylke Schwanhold: Wir sind schon am Freitag vor der Kampagnenwoche gestartet und hatten eine Auftaktveranstaltung in Wietze. Wir sind eine Flächenstruktur, das heißt zum Landkreis Celle gehört die Großstadt Celle und noch 13 weitere kleinere Städte und Kommunen. Jobvermittlung nah bei den Menschen vor Ort war daher schon immer unser Ansinnen. Daraus ist 2019 das Format „JobLokal“ entstanden. Das Ziel dieses Angebots ist die Beratung und Vermittlung von Leistungsbeziehenden in deren regionalen und sozialen Umfeld unter Einbindung der lokalen Arbeitgebenden. Die Beratungen finden außerhalb des Jobcenters und häufig in öffentlichen Räumlichkeiten der Kommunen statt und auch die Arbeitsstellen, über die wir informieren, befinden sich in der näheren Umgebung. Das gibt den Leistungsbeziehenden ein Gefühl von Sicherheit und ist für viele von ihnen leichter organisierbar im Hinblick auf Kindesbetreuung und Mobilität. Durch die Kampagnenwoche kam uns dann die Idee, den Job-Turbo mit JobLokal zu verbinden. Mit anderen Worten: Jobvermittlung vor Ort meets Job-Turbo.

Welche Eindrücke konnten Sie bei den Veranstaltungen mitnehmen?

Sylke Schwanhold: Unser Eindruck ist, dass die Adressatinnen und Adressaten des Job-Turbos, also Geflüchtete, sehr diszipliniert zu den Terminen erscheinen. Möglicherweise, weil es vor Ort ist, aber auch weil sie gut vorbereitet sind. Sie haben ein hohes Interesse und es ist vorteilhaft, sie da abzuholen, wo sie sind. Häufig binden wir die Integrationsbeauftragten mit ein. Das ist ein entscheidender Vorteil. Und wir fragen die Leistungsbeziehenden nach ihren Vorstellungen und Wünschen in Bezug auf die Arbeit. Wenn die Basis geschaffen ist, also die ersten Sprachkenntnisse durch den Integrationskurs erworben sind, suchen unsere Spezialisten und Spezialistinnen vor Ort gezielt nach Arbeit, die den Vorstellungen der Leistungsbeziehenden entspricht.

Welche Erfolge kann ihr Jobcenter bei der Integration Geflüchteter in Arbeit bereits aufweisen?

Sylke Schwanhold: Wir hatten bereits vor dem Job-Turbo viel Erfahrung mit der Integrationsarbeit mit Geflüchteten in den Jahren 2015/2016 aus den arabischen Staaten. Damals haben wir ein spezialisiertes Team „Asyl-Flucht“ gebildet und haben bis heute viele sehr gute Integrationserfolge erzielt. 2018, als ich als Geschäftsführerin angefangen habe, hatten wir noch ungefähr 2.000 erwerbstätige Leistungsberechtigte aus den acht Herkunftsländern, die kriegsbedingt zu uns gekommen sind. Heute sind es keine 1.500 mehr und die Zahl sinkt kontinuierlich. Das ist ein großer Erfolg. Es hat sich gezeigt: Mit zunehmender Sprachbildung und zunehmendem Aufenthalt in den sozialen Strukturen steigt auch die Arbeitsmarktteilhabe und Integration. Bezogen auf den Job-Turbo können wir feststellen, dass wir seit Jahresanfang schon deutlich mehr Integration von ukrainischen Geflüchteten haben als noch zu Beginn des letzten Jahres. Bisher konnten wir dieses Jahr bereits 46 Personen erfolgreich vermitteln. Damit haben sich unsere Integrationszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdreifacht.

Was braucht es ihrer Erfahrung nach, damit eine nachhaltige Integration von Geflüchteten gelingt?

Sylke Schwanhold: Es braucht zum einen Chancengeber. Also Arbeitgebende, die sich auch darauf einlassen und mehr die Chancen als die Risiken sehen. Es geht nicht nur darum, einen Arbeitsplatz bereitzustellen, sondern auch im ganzen Onboarding-Prozess zu unterstützen. Außerdem ist eine gute begleitende soziale Struktur wichtig, das heißt, die Integration in das kommunale Gemeinwesen. Neben unserer Arbeit im Jobcenter unterstützen uns dabei auch die Integrationsbeauftragten. Unser Ziel ist es, unseren Leistungsbeziehenden möglichst frühzeitig eine fachspezifische und damit auch eine möglichst nachhaltige Beschäftigung zu ermöglichen.

Zum anderen müssen die Menschen auch das Gefühl haben, hier angekommen zu sein. Davon hängt auch die Bereitschaft ab, die erforderlichen Schritte zu gehen, um Arbeit in Deutschland zu finden. Gerade für die Ukrainerinnen und Ukrainer ist das schwierig. Denn die Ukraine ist nicht weit weg. Natürlich besteht da noch jede Menge Hoffnung, dass man schnell wieder zurückkann. Insofern braucht es auch vertrauensbildende Maßnahmen und ein bisschen Überzeugungsarbeit, das gehört zu einer guten und kontinuierlichen Begleitung dazu.

Welche Aspekte sind Ihrer Meinung nach wichtig bei der Vermittlungsarbeit?

Sylke Schwanhold: Die bewerberorientierte Akquise von Arbeitsstellen ist wichtig. Wir gehen aktiv auf die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu, von denen wir wissen, dass sie Arbeitskräftebedarf haben, und sprechen mit ihnen. Dabei können wir auch schon für die Bewerberinnen und Bewerber werben, die wir idealerweise schon aus den Beratungsgesprächen kennen. Bei Bedarf begleiten wir sie auch zum Vorstellungsgespräch. Das ist das Geheimrezept – nicht nur für den Job-Turbo, sondern für alle Leistungsbeziehenden im SGB II, die teilweise weiter weg vom Arbeitsmarkt sind. Wir müssen einen individuellen Zugang finden und das funktioniert am besten über das gegen-seitige Kennenlernen in einer Beschäftigungssituation. Auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen einen Eindruck gewinnen, wie die Bewerbenden sind und ob sie in das Unternehmen passen. Mit unserer Arbeit öffnen wir die Türen dafür.

Welche Unterstützungsangebote des Job-Turbos haben sich Ihrer Erfahrung nach bewährt und könnten auch zukünftig Bestandteil der Arbeit im Jobcenter werden?

Sylke Schwanhold: Im Job-Turbo wenden wir das an, was wir in der Vergangenheit auch auf andere Personengruppen angewendet haben. Das ist vor allem die Intensivvermittlung mit vier spezialisierten Kolleginnen und Kollegen in der Jobfabrik. Da ist der Name Programm: Die Arbeit der Leistungsbeziehenden ist Arbeit zu finden. Dieser Ansatz lebt von einer hohen und regelmäßigen persönlichen Beratungsfrequenz. Man muss kontinuierlich dranbleiben und Verbindlichkeit schaffen. Dazu gehören in Einzelfällen auch Maßnahmen wie begleitendes Coaching für Bewerbung und Vorstellungsgespräche. Außerdem ist es für die Bewerbenden wichtig, den konkreten Job und den Arbeit-gebenden kennenzulernen. Dafür bieten wir auch Praktika in Betrieben an. Damit kann man niedrigschwellig für zwei bis vier Wochen die potenzielle Arbeitsstelle kennenlernen. Wenn es erforderlich ist, unterstützen wir die Arbeitgebenden finanziell mit Eingliederungszuschüssen und beschäftigungsbegleitendem Coaching.

Welche Erfolgsgeschichte hat Sie nachhaltig beeindruckt?

Sylke Schwanhold: Wir hatten einen Leistungsbeziehenden, der ursprünglich Kranfahrer in der Ukraine war. Er hat es geschafft innerhalb von sechs Wochen eine Stelle als Fachkraft in Deutschland zu finden. Es war klar, dass er noch nicht perfekt Deutsch spricht. Doch das Unternehmen hat ihn direkt unterstützt und gesagt: Das Wichtigste sind die Fachkenntnisse, der Rest kommt mit der Zeit. Das war ein Gänsehautmoment, weil wir gemerkt haben: Wir haben eine nachhaltige Integration in Arbeit im Zusammenspiel geschaffen. Die Geschichte zeigt einmal mehr, wie gut der Job-Turbo funktionieren kann.

Jobcenter Landkreis Celle

JobLokal unterstützt die Leistungsbeziehenden bei ihrer Jobsuche direkt vor Ort.