Frau Kutuzova, wann sind Sie in Deutschland angekommen und wie haben Sie die Ankunft erlebt?
Olga Kutuzova: Ich kam gleich nach Kriegsbeginn am 8. März 2022 nach Deutschland. Am Anfang war ich voller Zuversicht, dass es in zwei, höchstens drei Monaten möglich sein würde, nach Hause zurückzukehren. Und wie alle ukrainischen Geflüchteten stand ich unter Schock: alles geschah wie in einem Alptraum, in dem man immer darauf wartet, dass man aufwacht und alles wieder so ist wie vorher. Das Einzige, was mich interessierte, waren die Nachrichten aus der Ukraine. Es war unmöglich, an etwas Anderes zu denken. Als dann klar wurde, dass der Krieg noch lange andauern würde, stellte ich mir die Frage, wie es weitergehen sollte. Zunächst einmal musste ich natürlich die Sprache lernen und mich in die deutsche Gesellschaft integrieren.
Welche Herausforderungen haben sich Ihnen gestellt, seit Sie in Deutschland sind? Wie wurden Sie unterstützt?
Olga Kutuzova: Ich muss sagen, dass ich sehr starke Unterstützung bei meiner Ankunft gespürt habe. Die Einheimischen haben mir mit allem geholfen, was ich brauchte und mich moralisch unterstützt. Dafür gebührt ihnen großer Dank für ihre Großzügigkeit und Solidarität.
Wie haben die Integrationskurse Sie auf das Leben in Deutschland und Ihren neuen Job vorbereitet? Und wie haben Sie den Bewerbungstag im Jobcenter Lichtenfels erlebt?
Olga Kutuzova: Die Integrationskurse haben mir sehr geholfen. Wir haben nicht nur Deutsch gelernt, sondern auch viel über die deutsche Kultur, Traditionen, Politik, das Bildungssystem und aktuelle Themen. Sogar Mülltrennung war dabei [lacht]. Die Coaching-Kurse waren ebenfalls hilfreich. Sie haben mir gezeigt, wie ich eine gute Bewerbung verfasse und was Arbeitgebende erwarten. Am Bewerbungstag hatte ich dann direkt ein Vorstellunggespräch mit Herrn Neidiger vom Arbeitgeberservice. Er hörte mir sehr aufmerksam zu und fand sofort eine freie Stelle für mich in einem lokalen Unternehmen. Ich erstellte ein Motivationsschreiben und einen Monat später hatte ich den Job.
Wie hat sich Ihr Leben durch Ihren neuen Job verändert und was gefällt Ihnen an der Arbeit in Deutschland?
Olga Kutuzova: Ehrlich gesagt bin ich richtig stolz und zufrieden damit, dass ich in nur zwei Jahren Deutsch gelernt und einen Job gefunden habe, der mir Sicherheit gibt. Jetzt kann ich meine Zukunft planen, ohne mir Sorgen machen zu müssen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Arbeitsklima und meinen Kollegen. Ich mag auch die Arbeitsbedingungen in Deutschland und durch die Gleitzeit in meinem Unternehmen bin ich sehr flexibel. Das ist großartig. Mir gefällt es außerdem sehr, dass die Angestellten klare Anweisungen erhalten und Zeit haben, sich einzuarbeiten. Und die vielen Feiertage in Bayern sind auch sehr schön [lacht].
Was wünschen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft? Haben Sie konkrete Pläne?
Olga Kutuzova: In Deutschland ist es schwierig, ohne eine anerkannte Ausbildung Karriere zu machen. Deshalb würde ich gerne eine Fortbildung oder Ausbildung im Marketing oder in einem kaufmännischen Beruf machen. Momentan strebe ich danach, mich im Bereich Kundenservice weiterzuentwickeln und meine Verantwortung auszubauen. Ich bin motiviert, mein Wissen kontinuierlich zu erweitern und alle erforderlichen Fähigkeiten zu erlernen.
Haben Sie einen Rat für geflüchtete Menschen, die vor Kurzem in Deutschland angekommen sind?
Olga Kutuzova: In der Ukraine haben wir ein Sprichwort: Unter einem liegenden Stein fließt kein Wasser. Das heißt, wenn man nichts tut, wird nichts passieren und man selbst kommt nicht voran. Ein Neuanfang kann Angst machen und lähmen – aber auch eine Chance für eine positive Veränderung sein. Wichtig ist nur, zu wissen, was man will und sich ein klares Ziel zu setzen, auf das man hinarbeiten kann.