Ein Termin in der Arztpraxis, dann schnell shoppen – und anschließend ein spontanes Gespräch mit dem Jobcenter. In Nürnberg war das möglich, denn das Jobcenter der Stadt präsentierte sich kurzzeitig in einem Laden in der Fußgängerzone. Zwischen Bekleidungsgeschäften und einem Juwelier beriet es im Februar 2022 zum Thema Weiterbildung. Praktisch für die Bürgerinnen und Bürger: Vor Ort waren Fachleute derörtlichen Industrie- und Handelskammer(IHK), der Handwerkskammer (HWK), der Agentur für Arbeit, der Anerkennungsberatung der Stadt Nürnberg und eben des Jobcenters – alle Infos gebündelt, in einem Raum und im persönlichen Gespräch. Geöffnet hatte der Store eine Woche lang, von Montag bis Samstag, kundenfreundlich zwischen 11:30 und 20:00 Uhr.
Qualifizierungsberaterin Karin Meier vertrat das Jobcenter an eineinhalb Tagen vor Ort
und führte etwa 15 Beratungen durch. Eine Leistungsberechtigte kam gleich
zweimal
zu ihr. Nach einem Gespräch am Dienstag brachte sie am Freitag ihre Bewerbungsunterlagen mit, für einen prüfenden Blick durch Karin Meier. „Der Popup-Store ist eine Brücke für uns als Jobcenter, um nahbar zu wirken und
dicht an
den Menschen zu sein“, sagt Meier.
Wie kam es dazu, wer nahm teil und welche Erfahrungen wurden gesammelt?
Qualifizierungsberaterin Karin Meier war eines der Jobcenter-Gesichter vor Ort.
Vorbereitung: Klares Ziel und Verantwortliche sind wichtig
Die Idee für einen Popup-Store entstand am Runden Tisch der beruflichen Weiterbildung, einem lokalen Bündnis, dem die Wirtschaftskammer, die Stadt, die Agentur für Arbeit und das Jobcenter
angehören.
Einige Monate
vorher
gab es ein Planungstreffen,
bei dem ein
Team ein Grobkonzept entwarf.
Da es um Weiterbildung gehen sollte,
betraf es im Jobcenter das Team AV
-
Q, also Arbeitsvermittlung mit Schwerpunkt Qualifizierung. Teamleiter
Markus Lippert
fand
den ungewöhnlichen Veranstaltungsort gleich eine gute Idee:
„Wir wollen
präsent
sein und den Menschen das Thema Qualifizierung näherbringen. Um das ins Bewusstsein zu rufen, ist die Fußgängerzone der perfekte Platz.“
Der zentrale Ort spreche sowohl Berufstätige an, die mal schnell in der Mittagspause vorbeischauen, als auch Leistungsbeziehende, die in der Innenstadt unterwegs sind.
AV-Q-Teamleiter Markus Lippert (rechts, mit Qualifizierungsberater Kay Pilkenroth) will Bewusstsein für das Thema Weiterbildung schaffen.
AV-Q-Teamleiter Markus Lippert (rechts)
mit
Qualifizierungsberater
Kay
Pilkenroth)
Werbung und Vernetzung: Was gut funktioniert hat
Der Popup-Store war insgesamt gut besucht – auch dank des professionellen Marketings im Vorfeld. „Viele haben uns zurückgemeldet, dass sie aufgrund von Werbung gekommen sind“, sagt Markus Lippert. „Sie haben es im Radio gehört oder in der U-Bahn auf den Infobildschirmen gesehen.“ Es seien kaum SGB-II-Leistungsbeziehende als Laufkundschaft gekommen, jedoch viele ganz gezielt, weil sie vorher davon gehört hatten.
Ein Nebeneffekt: Auch die Fachleute lernten sich untereinander besser kennen. „Ich habe nun ein paar Gesichter zu den Namen bei IHK und HWK“, sagt Karin Meier. „Zwischendurch hatten wir auch immer mal wieder Gelegenheit für Smalltalk miteinander.“
Infos statt Pizza zum Mitnehmen: Mit diesem Motiv warben die Partner für den Popup-Store.
Wie das Jobcenter vor Ort arbeitete
Ein Großteil des Teams AV - Q beteiligte sich aktiv am Popup-Store. Die Mitarbeitenden wechselten sich untereinander ab, immerhin hatte der Store an sechs aufeinander folgenden Tagen für achteinhalb Stunden durchgehend geöffnet. „Die Zeiträume nach 16 Uhr, wo es bei uns normalerweise in den Feierabend geht, haben wir auch besetzen können“, erzählt Karin Meier. Sie selbst arbeitete an einem Freitagnachmittag in den Abend hinein und beobachtete, dass sich die Präsenz lohnt: „Zu der Zeit ist in der Fußgängerzone viel los, weil die Menschen Feierabend haben und ins Wochenende gehen. Da war es auch bei uns im Popup-Store lebhafter.“
Meier führte mal kurze und mal sehr ausführliche Gespräche mit den Besuchenden. Fast alle wollten sich in den Gesprächen generell informieren, welche Möglichkeiten es für
ihre
Weiterbildung oder
für
Umschulungen
gibt und wie solche Qualifizierungen
gefördert werden.
Wenn es konkret wurde, notierte sich Meier die Kontaktdaten, um im Anschluss Beratungstermine im Jobcenter
anzubieten.
Aufsteller wiesen auf den Popup-Store hin. Drinnen hielten Fachleute Infos an Stehtischen bereit.
Hemmnis Datenschutz – Lehren aus der Vorort-Beratung
Das Jobcenter diskutierte im Vorfeld auch Bedenken zum Datenschutz. Aus diesem Grund waren die Mitarbeitenden auch ohne Dienst-Laptops vor Ort. „Wir gehen als Jobcenter ja immer sehr vorsichtig vor und wollen in Sachen Datenschutz keine Angriffsfläche bieten“, erläutert Pressesprecher Matthias Kleindienst. „Es hat sich aber herausgestellt, dass es in der Praxis keine Probleme gibt. Die Kunden stellen in diesem Rahmen gar keine Fragen zu ihrem Leistungsbezug oder anderen persönlichen Informationen.“
Bei künftigen Veranstaltungen werden die Mitarbeitenden deshalb voll digital ausgerüstet erscheinen. Die meisten Informationen haben die Fachleute zwar im Kopf oder auf Flyern parat. „Es ist aber vorteilhaft, wenn man auch am Computer etwas zeigen kann“, sagt Karin Meier, „etwa den Umgang mit Kursnet oder mit Berufenet .“
Weitere Popup-Stores: wie es weitergeht
In Nürnberg sind weitere Popup-Aktionen geplant. Als Öffentlichkeitsarbeiter unterstützt Matthias Kleindienst das ausdrücklich – und freut sich, dass viele Kolleginnen und Kollegen im Haus mitziehen. „Der Popup-Store trägt wesentlich dazu bei, dem Jobcenter ein besseres Image zu verleihen. Wir vermitteln den Menschen: Wir trauen dir etwas zu, wir helfen dir.“ Es sei eine gute Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass Jobcenter viel mehr anbieten als nur Geldl eistungen.