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U25-Haus Mülheim

16. Mai 2017

Schnittstelle im Übergang von Schule zu Beruf

Vier großflächige Plakate hängen an Bauzaun, auf ihnen vier Portraits von jungen Menschen.
Mit dem Slogan "Nominiere dich selbst für die U25" macht das U25-Haus in Mülheim auf sein Leistungsspektrum aufmerksam. Quelle: U25-Haus Mülheim

Der Übergang in Ausbildung und Beruf stellt für Jugendliche und Heranwachsende eine Aufgabe dar, die ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung erfordert. Doch nicht jedem Jugendlichen gelingt es, nach Beendigung der Schule eine berufliche Ausbildung aufzunehmen oder eine begonnene Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Das U25-Haus in Mülheim an der Ruhr setzt hier an und bietet jungen Menschen Unterstützungsangebote von Jobcenter, Agentur für Arbeit und des Kommunalen Sozialen Dienstes unter einem Dach.

Gegründet wurde das U25-Haus bereits im Jahr 2007 mit einem gebündelten Beratungs- und Dienstleistungsangebot von Jobcenter und Kommunalem Sozialen Dienst. Die Agentur für Arbeit als dritter Kooperationspartner ist erst seit 2015 mit an Bord und bietet seitdem regelmäßige Sprechstunden vor Ort an. Die Servicestelle SGB II hat mit Vertreterinnen und Vertretern der drei beteiligten Institutionen gesprochen.

Ein gemeinsames Verständnis von- und miteinander entwickeln

Heike Gnilka, Sozialagentur Mülheim an der Ruhr (Jobcenter)

Die Grundidee des U25-Hauses ist, dass die jungen Menschen bei einem Anliegen nicht einfach zu einer anderen Institution geschickt werden. Wenn bei einer Fragestellung klar wird, dass die erste Anlaufstelle ‚nicht Profi ist’ und es Sinn macht, die Kolleginnen und Kollegen des Kommunalen Sozialen Dienstes oder der Agentur für Arbeit hinzuziehen, dann besteht immer die Möglichkeit, anzurufen oder zusammen auf den Fall zu schauen.

Unser Ziel ist es, flexibel auf die höchstmögliche Fachlichkeit zurückzugreifen, vor allem im Interesse der Jugendlichen. Die Praxis zeigt aber auch: Wir müssen uns als Partner zusammensetzen, wenn es in einer der Organisationen Veränderungen gibt und mit einer stetigen Weiterentwicklung des U25-Hauses reagieren.

Nach Innen ist es das Ziel der Zusammenarbeit, ein gutes gemeinsames Verständnis von- und miteinander zu entwickeln und auch die Arbeitsbedingungen der Partner zu verstehen. Es geht uns um eine bessere Verzahnung und die Auflösung der Versäulung von SGB II, SGB III und SGB VIII. Gemeinsame Fortbildungen bieten eine Möglichkeit, sich aufeinander abzustimmen und den gleichen Input zu erhalten. Auch Datenschutz ist ein wichtiges Thema, der beachtet werden muss.

Wir orientieren uns in der Arbeit am Fachkonzept der Sozialraumorientierung und greifen daher gerne auf Angebote mit einem Quartiersbezug zurück. Die Chance der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit: Unsere Angebote werden entsprechend der Bedarfe der jungen Menschen angepasst. Wir stimmen ab, ob flexible erzieherische Hilfen, die Beratung in der Jugendhilfe, der Agentur für Arbeit oder aber das SGB II-Angebot für einen konkreten Fall am besten geeignet ist. Welches Angebot passt, und was wird am ehesten von den Jugendlichen angenommen? Manchmal ist auch eine gesunde Hartnäckigkeit vonnöten, um an den Jugendlichen dranzubleiben: Für uns als Jobcenter ist daher die Kontinuität von Beratung zentral – wenn ein Jugendlicher ein zweites Mal nicht kommt, hat sich der Fall nicht erledigt. Wir dürfen die jungen Menschen nicht verlieren.

Es hat sich positiver Automatismus bei der Zusammenarbeit etabliert

Martina Wilinski, Kommunaler Sozialer Dienst Mülheim

In der Regel sind die Leistungen des Kommunalen Sozialen Dienstes im U25-Haus die klassischen Jugendamtsaufgaben, die bei persönlichen Problemlagen den Jugendlichen Unterstützung bieten. Im Rahmen der Einzelfallarbeit haben wir eine Menge Schnittstellen mit der Sozialagentur. Das bedeutet: In den Fällen, wo das gleiche Klientel wie im U25-Haus eingebunden ist, werden bei gemeinsamen Hilfeplangesprächen die Casemanager des Jobcenters zu Fallkonferenzen eingeladen. Über die Jahre haben wir Vertiefungsbereiche gemeinsam ausgearbeitet, es hat sich ein positiver Automatismus etabliert und die Partner kennen sich.

Bei Erarbeitung von Lösungsvorschlägen haben wir im Hinterkopf: Wir können auch die Kolleginnen und Kollegen mit ins Boot nehmen. Es ist eine Bereicherung – besonders im Vergleich zu anderen Kommunen, wo es eine Kooperation in diesem Umfang nicht gibt. Die kleinen Dinge machen dabei die großen Erfolge aus: Wir sitzen nicht weit auseinander und die Kolleginnen und Kollegen sind schnell erreichbar.

In der Jugendhilfe gibt es das Konzept der Sozialraumorientierung, d.h. Besprechungen mit freien Trägern, der Polizei und dem SGB II-Bereich. Vorbehalte, Ängste oder Sorgen werden abgebaut. Es gibt zwar auch mal Sand im Getriebe, aber das wird gemeinsam geklärt. In Mülheim gibt es generell bereits gute Austauschmöglichkeiten, beispielsweise die Stadtteilkonferenzen. Hier können die jeweiligen Profis Angebote bekannt machen. Es gibt gute Netzwerke zu allen Themen. Diese Ganzheitlichkeit ist eine gute Grundlage nach gelungener, jahrelanger Arbeit – und wir können die jungen Menschen ihren Bedarfen entsprechend unterstützen.

Ziel ist, gemeinsam stärker zu sein

Jürgen Koch, Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim

Ich habe die Institution des U25-Hauses von Anfang an begrüßt, denn der Grundsatz ‚Unter einem Dach, aus einer Hand, in enger Abstimmung’ ist richtig und gut. Seit August 2015 bieten wir daher als Agentur für Arbeit Sprechstundenformate für Berufsberatung und Arbeitgeberservice im U25-Haus Mülheim an. Wir setzen gut geschulte Fachleute ein, die die Märkte kennen und im Umgang mit jungen Menschen geübt sind.

Ziel der Kooperation ist es, gemeinsam stärker zu sein. Durch die Zusammenarbeit hat die Arbeitsagentur einen bereichernden Blick auf die Sorgen und Nöte der Jugendlichen im SGB II-Bezug gewonnen. Die Chancen der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit liegen besonders in der Verteilung der Kompetenzen. Die Kernkompetenzen des Fallmanagements beispielsweise sind die hochkomplexen Herausforderungen von der Drogenberatung über Probleme der jungen Menschen zu Hause bis hin zum Einsatz in Schulen. Die Kernkompetenzen der Berufsberatung und des Arbeitgeberservices ist die Berufsorientierung, berufliche Beratung und die Vermittlung von Ausbildungsstellen.

Perspektivisch können wir noch mehr Jugendliche erreichen, indem sukzessiv sichergestellt wird, dass eine berufsorientierte Begleitung bereits spielend in der Grundschule anfängt, immer mit dem Blick auf die zentrale Frage: Was passiert ab Klasse 8? Das Beispiel des Landesvorhabens Nordrhein-Westfalen Kein Abschluss ohne Anschluss ist ein guter, sehr betriebsnaher Ansatz, der noch dichter sein könnte. Eine stärkere Vernetzung von Schule, Wirtschaft, U25-Haus und Berufsberatung eröffnet uns weitere Möglichkeiten.