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3 Fragen an
Helmut Weiss-Erb

19. Dezember 2017

Barrierefreiheit ist sein Herzensthema. Ob es um bauliche, digitale oder sonstige Hürden am Arbeitsplatz geht: Helmut Weiss-Erb wird nicht müde, sie niederzureißen. Er ist zugleich Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen im Jobcenter im Regionalverband Saarbrücken und Bundesvorsitzender der Schwerbehindertenvertretungen in den gemeinsamen Einrichtungen.

Porträtfoto von Helmut Weiss-Erb. Er hat braune Haare und trägt eine Wayfarer-Brille.

Servicestelle SGB II: Was motivierte Sie, sich für schwerbehinderte Menschen einzusetzen?

Helmut Weiss-Erb: Durch eine Krebserkrankung im Jahr 2000 wurde ich selbst schwerbehindert und engagiere mich seither für Menschen, denen es ebenso geht. Ich setzte mich bereits während der Gründung des Jobcenters im Regionalverband Saarbrücken im Jahr 2006 für die Einrichtung einer Schwerbehindertenvertretung ein. Seither bin ich die Vertrauensperson für die derzeit 44 schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und in dieser Funktion schon zweimal wiedergewählt worden. Sie können sich jederzeit mit ihren Sorgen und Nöten, Beschwerden oder auch Anregungen an mich wenden. Diese Interessen vertrete ich anschließend in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Zudem übernehme ich auch Aufgaben für bestimmte Beschäftigte ohne Schwerbehinderung: So begleite ich zum Beispiel Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements und unterstütze Personen, bei denen eine Behinderung droht, bei der Suche nach präventiven Maßnahmen und Lösungswegen.

Meine Wahl zum Bundesvorsitzenden der Schwerbehindertenvertretungen in den gemeinsamen Einrichtungen im Jahr 2012 bestärkte mich weiter in meiner Arbeit. Diese Plattform ermöglicht es mir, den bundesweiten Austausch von Erfahrungen und die Vermittlung von Wissen zu fördern. An der alljährlichen Vollversammlung der Schwerbehindertenvertretungen nehmen neben den ca. 150 Vertrauenspersonen der gemeinsamen Einrichtungen auch Personalräte aus gemeinsamen Einrichtungen teil, die keine eigene Schwerbehindertenvertretung haben sowie Dozenten und Politiker. Alle tragen dort ihr Wissen bei.

Servicestelle SGB II: Sie sprechen von Sorgen und Nöten. Was sind konkrete Herausforderungen, denen Sie in Ihrem Arbeitsalltag begegnen und wie reagieren Sie darauf?

Helmut Weiss-Erb: Insbesondere im Bereich der EDV gibt es aktuell große Herausforderungen. Es ist wichtig, dass neue Arbeitsabläufe niemanden ausschließen. Daher trete ich dafür ein, dass PC-Programme für alle Personen im Haus gleichermaßen nutzbar sind. Beispielsweise setzte ich mich bei der Einführung von neuen IT-Anwendungen für eine technische Erweiterung ein, die es unter anderem unseren blinden Kollegen ermöglicht, mit den Programmen zu arbeiten.

Ich beobachte außerdem einen stetig wachsenden Arbeitsdruck, was für leistungsgeminderte schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen eine besondere Herausforderung darstellt. Hier leiste ich tägliche Aufklärungsarbeit und setze mich dafür ein, den Druck zum Beispiel durch einen personellen Ausgleich abzuschwächen und für alle gute Lösungen zu finden.

Was oft übersehen wird: Häufig sind kleine Maßnahmen die Lösung für große Probleme. So hilft vielen Menschen eine ergonomischere PC-Maus oder die Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz weiter. In Saarbrücken haben wir als Schwerbehindertenvertretung erreicht, dass alle Schreibtische in der Eingangszone höhenverstellbar sind.

Servicestelle SGB II: Wo sehen Sie aktuell noch großen Handlungsbedarf – und wo hat sich schon vieles getan?

Helmut Weiss-Erb: Im Bereich der Verpflichtung zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen ist noch Luft nach oben. Wegen der besonderen rechtlichen Natur der gemeinsamen Einrichtungen mit ihren zwei Trägern, sind die Regelungen des SGB IX zur Beschäftigungspflicht nicht direkt anwendbar. Vielmehr sind die Jobcenter in die gesetzliche Pflichtquote jeweils trägerbezogen integriert – also einerseits für die Bundesagentur für Arbeit und andererseits für die jeweilige Kommune.

Gemeinsame Einrichtungen können jedoch hiervon unabhängig in einer Inklusionsvereinbarung eine Beschäftigungsquote individuell festlegen. Dieses Vorgehen empfehle ich allen Jobcentern, denn es vereinfacht die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung anschließend sehr. In Saarbrücken haben wir eine Quote von acht Prozent vereinbart.

Mich freut sehr, dass die Anerkennung der Schwerbehindertenvertretung von allen Seiten in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Die Vertretung ist eine anerkannte Institution im Jobcenter und die Kolleginnen und Kollegen betrachten uns als kompetenten Ratgeber und Experten. Das ist ein Quantensprung nach vorne!