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3 Fragen an
Angela de Masi

19. Dezember 2017

Seit Februar 2017 ist Angela de Masi Fachassistentin im Leistungsbereich im Jobcenter im Regionalverband Saarbrücken und hier für Unterhaltsverfolgung zuständig. Da sie seit ihrer Geburt blind ist, orientiert sie sich beim Laufen mithilfe eines Blindenstocks. Welche Hilfsmittel an ihrem Schreibtisch wichtig werden, berichtet sie im Gespräch mit der Servicestelle SGB II.

Bild von zwei Händen, die auf einer Braille-Tastatur für den PC ruhen.

Servicestelle SGB II: Wie unterscheidet sich Ihr Arbeitsplatz von dem Ihrer nicht-blinden Kolleginnen und Kollegen im Jobcenter?

Angela de Masi: Betritt man die Abteilung, ist der Unterschied zunächst nicht direkt erkennbar. Ich habe ein Einzelbüro, wie die anderen Kolleginnen und Kollegen auch, und wir arbeiten mit den gleichen PC-Programmen. Ich nutze aber zusätzliche Software als Hilfsmittel.

Im Unterschied zu anderen Kolleginnen und Kollegen arbeite ich hauptsächlich mit dem Computer. Ich lege keine physischen Akten an und sehe auch nicht die Post durch, das könnte ich nur mit einer Assistenz. Unsere PC-Programme sind barrierefrei. Das bedeutet, dass sie mit einer Hilfssoftware auch für mich zugänglich sind und ich sie über die Tastatur bedienen kann.

Außerdem ist ein sogenannter Screen-Reader auf meinem PC installiert, der mir die Informationen auf meinem Bildschirm in Sprache ausgibt. Andere Programme müssen jedoch mit dieser Vorlesefunktion kompatibel sein. Mithilfe der zusätzlichen Braillezeile, die an meine Tastatur angeschlossen ist und Inhalte in Blindenschrift ausgibt, kann ich Texte mit den Fingern selbst lesen.

Servicestelle SGB II: Wie empfinden Sie persönlich Ihre Arbeitssituation?

Angela de Masi: Ich fühle mich im Jobcenter sehr gut unterstützt. Sowohl im Kollegium als auch durch die Schwerbehindertenvertretung. Dennoch gibt es natürlich immer wieder Hürden zu überwinden. Als ich beispielsweise vor einiger Zeit eine personelle Assistenz beantragte, war das nicht so ohne weiteres möglich. Denn es gibt bestimmte technische Hilfsmittel, die ich ausschöpfen und Verfahren, die ich einhalten muss, bevor ich den Antrag auf eine Arbeitsplatzassistenz stellen kann. Dazu gehört unter anderem die Beschaffung eines Scanners, den ich vorher in meiner Tätigkeit in der SGB II Telefonie gar nicht benötigt hatte. In meiner neuen Tätigkeit im Bereich Unterhaltsheranziehung ist ein Scanner jetzt sinnvoll. Jetzt bin ich technisch gut ausgestattet, werde aber dennoch erneut einen Antrag auf personelle Assistenz stellen. Weise ich zum Beispiel eine Kundin oder einen Kunden auf fehlende Unterlagen hin, könnte ich mit dieser personellen Unterstützung zukünftig auch nachverfolgen, wann die Dokumente eintreffen und ob sie vollständig sind.

Gewundert habe ich mich auch, als ich nach meinem Bereichswechsel innerhalb des Jobcenters nicht direkt eine Einführung in das nun benötigte PC-Programm erhielt. Eine Schulung für blinde Menschen gab es nicht, stattdessen werden sogenannte „Multiplikatoren“ geschult. Sie lernen, ihr Fachwissen an blinde Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben. In meinem Fall fuhren zwei Kollegen zu einer Schulung nach Nürnberg – um dort zu lernen, wie sie wiederum mich schulen können. So umständlich die Prozesse manchmal sind; letztendlich führten sie aber zum Erfolg: Ich nutze das Programm nun selbstständig, um beispielsweise Zahlungen zu buchen oder Anordnungen zu erstellen. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass mich die geschulten Kollegen auch weiterhin bei Fragen unterstützen können.

Servicestelle SGB II: Derzeit wird nach und nach in allen Jobcentern die eAkte eingeführt. Stimmt Sie das hoffnungsvoll für die Zukunft?

Angela de Masi: In Saarbrücken gibt es die eAkte noch nicht, wir arbeiten noch mit Papierdokumenten. Sofern diese nicht handschriftlich sind, können sie gescannt und von einem Texterkennungsprogramm für mich lesbar gemacht werden. Eigentlich sollte die elektronische Akte für mich einen Fortschritt darstellen, weil alle Inhalte von Anfang an auf dem PC liegen. Die Dokumente haben aber derzeit noch keine Textform. Sie sind quasi Bilder, also einzelne Pixel, die nicht von einer Software gelesen und in Sprache ausgegeben werden können. Sie müssten weiterhin alle umständlich umgewandelt werden. Ich hoffe sehr, dass in dieser Hinsicht bald Fortschritte erzielt werden. Denn ich weiß, dass die Schwerbehindertenvertretungen in den gemeinsamen Einrichtungen sich dafür bereits bundesweit engagieren. Für mich wäre die barrierefreie eAkte dann eine riesige Chance, noch eigenverantwortlicher zu arbeiten.