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3 Fragen an
Fritz Strößinger

19. Dezember 2017

Fritz Strößinger, Teamleiter Arbeitgeberservice vom kommunalen Jobcenter Neue Wege Kreis Bergstraße, plädiert dafür, das SGB II als Chance zu sehen und nicht als Stigma. Aktuell kümmern er und seine Einrichtung sich um circa 7.000 Bedarfsgemeinschaften im Kreis Bergstraße, darunter sind auch etwa 800 Menschen mit Behinderungen.

Porträtfoto von Fritz Strößinger. Er hat ein rechteckiges Gesicht und kurze dunkle Haare.

Servicestelle SGB II: Herr Strößinger, wie sind in Ihrem Jobcenter die strukturellen Gegebenheiten für die Kundengruppe der Menschen mit Behinderungen?

Fritz Strößinger: Es gibt bei uns zwar keine eigene Abteilung für diese Thematik. Aber in jedem unserer vier Regionalteams stehen sogenannte Reha-Kümmerer bereit, die neben den Reha-Maßnahmen auch das Thema Behinderung und Schwerbehinderung im Portfolio haben. Dies, unsere Projekte im SGB II und übergreifend die Kooperation mit der Agentur für Arbeit, die auch als zuständiger Rehabilitationsträger fungieren kann, sind die Eckpunkte bei der Unterstützung und Vermittlung von Menschen mit Behinderung.

Servicestelle SGB II: Wo sehen Sie die Hauptunterschiede in der Beratung von Menschen mit und ohne Behinderungen?

Fritz Strößinger: Bei den Menschen mit Behinderungen ist ein zusätzlicher Aspekt, dass hier nochmal ein anderes Gesetzbuch greift: das SGB IX. Hier müssen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen also spezielle Kenntnisse haben. Auch das SBG III ist zu beachten. Das ist die gesetzliche Seite. Manchmal gibt es aber Menschen, die sind schwerbehindert, aber die wollen das gar nicht zeigen, die wollen manche Maßnahmen gar nicht. Da müssen wir dann sanft darauf hinlenken, dass es vielleicht gut wäre, den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis zu stellen. Weil uns dies mehr Möglichkeiten für Förderungen bietet, wie zum Beispiel Eingliederungszuschüsse für schwerbehinderte Menschen oder Ausbildungskostenzuschüsse für schwerbehinderte Jugendliche. Auch haben wir verschiedene Projekte für diese Zielgruppe, wie unser ESB-Projekt (Eingliederung schwerbehinderter Menschen im Kreis Bergstraße) oder ein Vermittlungscoaching für schwerbehinderte Leistungsberechtigte ab einem Grad der Behinderung von 50 Prozent.

Servicestelle SGB II: Welche besonderen Möglichkeiten nutzen Sie, um Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt zu integrieren?

Fritz Strößinger: Dafür haben wir mehrere Werkzeuge. Am wichtigsten ist sicherlich die sogenannte Unterstützte Beschäftigung, also die individuelle, betriebliche Qualifizierung, Einarbeitung und Begleitung behinderter Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Ziel dieser Unterstützung ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Das kann bei einer Person in Frage kommen, die schon einen Reha-Antrag gestellt hat, oder die schon im SGBII-Bezug ist, dann unterstützen wir das gegebenenfalls. Auch wenn der oder die Betroffene schon in einem Arbeitsverhältnis stand und nun durch Unfall oder Krankheit gesundheitlich eingeschränkt und Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld II ist, betreuen wir die Wiedereingliederung, wenn kein anderer Kostenträger zuständig ist. Die Kostenträgerschaft wird durch die Agentur für Arbeit geprüft. Sie macht auch den Wiedereingliederungsvorschlag, dem wir zustimmen müssen. Beim Thema Erstausbildung − zum Beispiel bei jungen Leuten oder Menschen ohne Schulabschluss − macht das komplett die Agentur für Arbeit. Mit den Kollegen dort treffen wir uns regelmäßig, wir halten dann auch Fallbesprechungen ab. Gemeinsam wollen wir es den betroffenen Menschen ermöglichen, ihr Leben soweit wie nur möglich selbst zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.