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Wie die Digitalisierung die Gleichstellung unterstützen kann

8. April 2020

Chancengleichheit und Digitalisierung II
Frau Spingies probiert das neue Lernen mit VR-Brille aus.

Als Gleichstellungsbeauftragte setzt sich Jessica Spingies seit vier Jahren im Jobcenter Berlin-Lichtenberg dafür ein, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern innerhalb ihrer Behörde zu fördern und auszubauen. Von Anfang an nutzt die 29-Jährige dafür auch digitale Möglichkeiten. „Die Digitalisierung bietet Chancen“, sagt Spingies. Unter anderem sei dadurch immer mehr das flexible und mobile Arbeiten von Zuhause möglich. Dies sei eine gute Möglichkeit für Frauen – und auch Männer – Arbeit und Familie besser koordinieren und vereinbaren zu können.

Im Jobcenter Berlin-Lichtenberg nutzen mittlerweile alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hin und wieder die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Unter den 45 Teamleitenden vor Ort gibt es zudem sieben bis acht Mitarbeitende, die an ein bis zwei festen Tagen in der Woche von Zuhause arbeiten. Dabei handele es sich ausschließlich um Frauen, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. „Sie haben sich alle für dieses Arbeitsmodell entschieden, weil sie so Familie und Job besser unter einen Hut bekommen.“   

Präsenz auch ohne körperliche Anwesenheit

Die Kultur körperlich anwesend sein zu müssen, um vor allem auf der Führungsebene Einsatz zu zeigen, teilt Spingies nicht. „Man kann auch so präsent sein“, ist sie der Meinung. Schließlich seien die Mitarbeitenden auch im Homeoffice permanent per Mail und Telefon erreichbar. Und ist eine persönliche Anwesenheit dennoch erforderlich, aber trotz Flexibilität der Kolleginnen und Kollegen nicht möglich, komme eine weitere Errungenschaft des modernen Arbeitens zum Tragen, sagt Spingies: „Dann kann die Teamleitung diese Aufgabe zum Beispiel an den Stellvertreter oder die Stellvertreterin delegieren. Das fördert das Vertrauen.“

Auch das Schulungswesen hat sich im Jobcenter Berlin-Lichtenberg dank Digitalisierung grundlegend verändert. Somit ist es auch kein Problem mehr, im Homeoffice die Qualifikation als Führungskraft zu erwerben. In der Vergangenheit waren es insbesondere Frauen, die in diesem Punkt oft an ihre Grenzen stießen. Die Gleichstellungsbeauftrage erklärt warum: „Wer sich für einen Aufstieg interessierte, dem musste klar sein, dass sie oder er im nächsten halben Jahr, drei Mal zwei Tage zu einer Bildungsakademie reisen muss, um dort ein Führungskräfteseminar zu besuchen. Vor allem bei Frauen fing da oft das Grübeln an: Sie haben dann überlegen müssen, wie ihre Kinder in der Zeit betreut werden oder wie sie sich am besten mit dem Partner arrangieren“, so Spingies.

Online-Schulungen sind jederzeit abrufbar

Doch seit einigen Jahren können Führungskräftetrainings auch online absolviert werden. „Das heißt, Frauen – und natürlich auch Männer – können sich das Training anhören, wenn sie es zeitlich einrichten können. Also zum Beispiel abends, wenn die Kinder im Bett sind oder wenn sie einfach zwischendrin Zeit haben. Das ist schon eine große Erleichterung“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. Und könnte langfristig dafür sorgen, dass sich mehr Frauen für Führungspositionen interessieren.

Mittlerweile werden im Jobcenter Berlin-Lichtenberg Mitarbeitende und insbesondere Führungskräfte darin geschult, ihren Kolleginnen und Kollegen intern das richtige Schulangebot vorschlagen zu können. Sie spezialisieren sich also darauf, wie sie das richtige Thema und das richtige Format für den jeweiligen Mitarbeitenden finden. „Für manche ist Audio das richtige Schulungsformat, für andere die Video-Schulung, wieder andere brauchen doch die ‚echte‘ Fortbildung, wo sie andere treffen können, um sich auszutauschen“, sagt Spingies.

Auch Leistungsbeziehende profitieren von Digitalisierung

Nicht nur intern wird diese Form der Sensibilisierung genutzt. Längst fließt das Thema Digitalisierung auch in die Beratung von Leistungsbeziehenden ein. Denn auch hier gelte laut Spingies: „Viele Frauen können aufgrund der Betreuung ihrer Kinder nur Teilzeit arbeiten. Dabei machen viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mittlerweile auch das mobile Remote-Arbeiten von Zuhause möglich.“ Dies müssen die Beratenden wissen, um es den Leistungsberechtigten vorschlagen zu können. „Das kann sogar dazu führen, dass die Leistungsbeziehenden dadurch doch Vollzeit arbeiten können und dann auch keine finanzielle Unterstützung mehr benötigen“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte.

Jessica Spingies sieht es als ihre Aufgabe an, intern auf sämtliche Angebote der digitalen Schulungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Denn davon gibt es reichlich. „Manchmal fällt es sogar mir schwer, den Überblick zu behalten“, so die Gleichstellungsbeauftragte. Für ein ungeübtes Auge sei es dann gar nicht so leicht, zu ergründen, welche Möglichkeiten es überhaupt gebe. Bekannt gemacht werden die Angebote über die interne Mitarbeiterzeitung, per Mail oder – wenn gewünscht – in Einzelgesprächen.

Ein bisschen Ausbaupotenzial sieht Spingies trotz des bereits sehr umfassenden digitalen Arbeits- und Schulungsangebots aber doch noch. „Außer im Bereich der Geschäftsführung sind noch keine Online-Konferenzen möglich, wo man sich austauschen kann“, sagt sie. Aber sicherlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dieses Angebot das Portfolio ergänzen wird.  

In unserem Themendossier Chancengleichheit finden Sie weitere Artikel und Informationen rund um das Thema Gleichstellung.