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Stark unterstützt dank "Stark im Beruf": Mütter mit Migrationshintergrund und Jobcenter profitieren langfristig

23. September 2022

Qualifizierung, Sprachkurse, Kinderbetreuung: Mütter mit Migrationshintergrund stehen vor vielen Herausforderungen, wenn sie wieder ins Erwerbsleben einsteigen. Hier unterstützt sie das vormalige ESF-Bundesprogramm „Stark im Beruf“ in enger Kooperation mit Jobcentern noch bis Ende des Jahres 2022 – und das sehr erfolgreich, wie eine aktuelle Wirkungsanalyse zeigt. Was können die Jobcenter aus dem Programm mitnehmen?

Mehrere Frauen sitzen in einer Arbeitsgruppe am Tisch.
Quelle: “Stark im Beruf”-Bundesprogramm / BMFSFJ

Viele Mütter mit Migrationshintergrund sind hochmotiviert, (wieder) im Erwerbsleben durchzustarten: In Deutschland haben 34 Prozent der Mütter einen Migrationshintergrund. Von ihnen sind 46 Prozent nicht erwerbstätig – dabei wollen rund 585.000 der insgesamt 1.220.000 Migrantinnen mit Kindern sofort oder in naher Zukunft beruflich einsteigen. Darin noch nicht eingerechnet: Die geflüchteten Mütter aus der Ukraine, von denen viele ebenfalls umgehend arbeiten möchten. Doch auf dem Arbeitsmarkt sind Mütter mit Migrationshintergrund nach wie vor in der Unterzahl. Regelangebote, die sie auf dem Weg in die Erwerbstätigkeit begleiten, greifen oftmals zu kurz und "stilles Potenzial" verbleibt genau das: still.

Hier setzt das Programm "Stark im Beruf ¬– Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) an. Von 2015 bis Juni 2022 wurden im Rahmen des Programms in zwei Förderperioden rund 90 Kontaktstellen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Zurzeit wird "Stark im Beruf" noch bis Ende des Jahres 2022 als reines Bundesprogramm fortgeführt, auch um zugezogene ukrainische Frauen zu unterstützen. Das Ziel: Müttern mit Migrationshintergrund passgenaue Begleitung bieten, um ihren individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten entsprechend im Arbeitsleben Fuß fassen zu können.

Dass das Programm in wahrsten Sinne stark ist, zeigen die bisherigen Erfolgszahlen: Bis Ende Juni 2022 wurden mehr als 18.000 Mütter über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr individuell unterstützt. Rund zwei Drittel von ihnen haben bei ihrer Programmteilnahme einen Erwerbsfokus (Beschäftigung, Praktikum, Qualifizierung, Anerkennung), 32 Prozent befinden sich in (sozialversicherungspflichtiger) Beschäftigung, haben sich selbstständig gemacht oder eine Ausbildung begonnen. Was macht das Programm so erfolgreich? Und welche Optionen haben Jobcenter nach Ende der Förderlaufzeit, Müttern mit Migrationshintergrund engmaschig unter die Arme zu greifen?

Niedrigschwellig, lebensnah, individuell: So funktioniert "Stark im Beruf"

Die gut 90 Kontaktstellen setzen mit ihrer individuellen Unterstützung dort an, wo die Regelangebote der Jobcenter oftmals aus Zeit- und Kapazitätsgründen nicht ausreichen: Alltagsspezifischer und niedrigschwelliger Sprachunterricht, Peer-to-Peer-Beratungen, sowie ein Mix aus Coaching und Kursen holen die Mütter an ihrem jeweiligen Lebensstandpunkt ab und begleiten sie bei jedem ihrer Schritte in Richtung Erwerbsleben. Die Migrantinnen haben die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen, im geschützten Raum und durch Praktika in Berufe „hineinzuschnuppern“, die ihren Vorstellungen und Stärken entsprechen. Durch positive Rückmeldungen und erste Erfolgserlebnisse wird deren Selbstbewusstsein gestärkt. Beratungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zur persönlichen Lebenssituation ergänzen das Angebot. Die "Stark im Beruf"-Kontaktstellen setzen das modular aufgebaute Programm individuell um und kooperieren dafür fest mit den Jobcentern und Arbeitsagenturen vor Ort.

Zwei Frauen sitzen an einem Tisch mit Unterlagen einander gegenüber.
Quelle: “Stark im Beruf”-Bundesprogramm / BMFSFJ

Mehr als 50 Prozent der Teilnehmerinnen finden durchs Jobcenter ins Programm

Und diese Kooperation rechnet sich, zeigt ein Blick in die Wirkungsanalyse, die die bisherigen Erfolge des Programms detailliert aufgearbeitet hat: Demnach sind 32 Prozent der Teilnehmerinnen durch eine Eingliederungsvereinbarung zu "Stark im Beruf" gelangt. Weitere 20 Prozent haben sich auf Empfehlung ihres Jobcenters für eine Teilnahme entschieden. Während der gesamten Teilnahmezeit stehen Jobcenter und Kontaktstelle durch feste Ansprechpersonen im engen Austausch miteinander. Eine gemeinsame Bedarfsanalyse stellt sicher, dass die Mütter genau die Unterstützung erhalten, die sie benötigen – Anpassungen im Verlauf der Teilnahme inklusive. Kooperierende Jobcenter berichten, dass die Kontaktstellen deutlich näher und intensiver an den Müttern dran seien und diese ganz anders erlebten.

Für die Jobcenter ein deutlicher Vorteil: Sie bekommen durch die Rückspiegelung der Kontaktstellen bessere Einblicke in die soft skills und Potenziale der Teilnehmerinnen und können entsprechend zielgerichteter beraten. Darüber hinaus kommen die Mütter oftmals schon nach kurzer Zeit mit deutlich konkreteren Vorstellungen über ihre berufliche und persönliche Zukunft zu ihren Beratungsgesprächen ins Jobcenter – was sich ebenfalls positiv auf die weitere Beratungsarbeit auswirkt.

Mehr als Zahlen, die den Erfolg bestätigen: Die Wirkungsanalyse zu "Stark im Beruf" legt zielführende Projektansätze und Kooperationen dar und zeigt, wie Mütter mit Migrationshintergrund auch nach Ende ihrer Programmteilnahme unterstützt werden können. Auf der Website des Programms können Sie die vollständige Wirkungsanalyse [PDF] lesen.

Netzwerkarbeit und "Instrumentenkoffer": Was die Jobcenter übernehmen können

Die enge Netzwerkarbeit, wie sie die Kontaktstellen betreiben, ist etwas, woran sich die Jobcenter für die künftige Beratung von Migrantinnen mit Kindern orientieren können. Denn neben der Arbeitsverwaltung kooperieren die Kontaktstellen auch mit lokalen Akteuren aus der Wirtschaft, Migrantenorganisationen sowie Bildungseinrichtungen. Dadurch haben sie stets den Überblick über die vielfältigen Fördermöglichkeiten vor Ort und können den individuellen Bedarfen der Mütter entsprechend handeln – was letztlich nicht nur die berufliche, sondern ebenso die soziale Integration der Frauen nach vorne bringt.

Auch die weiteren Ansätze aus "Stark im Beruf" können bei der Beratungsarbeit zum Einsatz kommen – selbst dann, wenn die bisherige Programmförderung Ende des Jahres 2022 ausläuft: Coaching, Kurse, situationsspezifische Unterstützung. Nicht alles kann oder muss dabei im Jobcenter selbst stattfinden. Oftmals lohnt es sich, dafür einen Blick in die bestehenden Netzwerke vor Ort zu werfen und bestimmte Angebote gezielt auszulagern beziehungsweise einzukaufen.

Wertvolle Hilfestellung liefert hierfür der "Instrumentenkoffer", der im Zuge von „Stark im Beruf“ entstanden ist. Ebenso modular aufgebaut wie das Programm, finden Jobcenter dort vielfältige Unterstützungs- und Förderansätze für Mütter mit Migrationshintergrund. Je nach Situation der Mutter können die Module kombiniert werden oder einzeln zum Einsatz kommen und die Beratungsarbeit ergänzen. Reinschauen und sich inspirieren lassen zahlt sich für alle Beteiligten aus!

So individuell wie die Mütter ist auch ihr Unterstützungsbedarf: Eine alleinerziehende Mutter mit finanziellen Sorgen benötigt andere Unterstützung als eine, die aufgrund familiärer Ablehnung entgegen den eigenen Wünschen bisher nicht erwerbstätig ist. Der "Instrumentenkoffer", der im Zuge von "Stark im Beruf" entstanden ist und die modularen Unterstützungsangebote des Programms zusammenfasst, kann helfen, den richtigen Weg zu finden. Hiervon profitieren auch Jobcenter für ihre Beratungsarbeit: Der "Instrumentenkoffer" ermöglicht ihnen, passende Ansätze und Netzwerkpartner zu bestimmen.

Eine Frau im Laborkittel betrachtet ein kleines Fläschchen.
Quelle: “Stark im Beruf”-Bundesprogramm / BMFSFJ

Wie geht es nach "Stark im Beruf" weiter?

Für (formal) geringqualifizierte Frauen mit eigener Migrationserfahrung und einem erhöhten Unterstützungsbedarf startet in diesem Herbst das neue ESF Plus-Programm "MY TURN – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch". Gefördert wird das Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) aus ESF-Plus- und Bundesmitteln. Ziel von "MY TURN" ist, die Teilnehmerinnen auf ihrem Weg in Qualifizierung, Ausbildung und (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigung zu begleiten. An ausgewählten Standorten sollen teilnehmende Mütter mit einer "Lotsenstelle Kinderbetreuung" bei der Suche und Inanspruchnahme regulärer Kinderbetreuung unterstützt werden.

Auf www.starkimberuf.de finden Sie spannende Praxisbeispiele und weitere Informationen zum Programm. Neugierig, wie einzelne Projekte Mütter mit Migrationshintergrund konkret unterstützen? Dann lesen Sie auch unsere Projektreportage aus Halle (Saale) auf sgb2.info.