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Mütter machen Kinder stark!

Jobcenter als Türöffner für geflüchtete Frauen: Für die jungen syrischen Mütter, die an der Veranstaltungsreihe Mütter machen Kinder stark teilnehmen, setzt das Jobcenter Landkreis Ludwigsburg ein starkes Signal des Willkommenseins in Deutschland. Die Servicestelle SGB II war vor Ort, um mit den Frauen zu sprechen.

Eine Frau mit braunen Augen und Kopftuch gestikuliert und spricht.
Eine Teilnehmerin berichtet in der Gruppe von ihren Erfahrungen. Quelle: BMAS/Kern

Alles! – Obwohl die Antwort auf Arabisch ausgesprochen wird, ist die Botschaft eindeutig. Was an dem Projekt Mütter machen Kinder stark! für Teilnehmerinnen besonders hilfreich war, hatten wir gefragt. Heute findet eines der Nachtreffen statt. Anwesend sind sechs syrische Frauen, eine Dolmetscherin und die beiden Initiatorinnen, Barbara Schilling, seit sechs Jahren Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt im Jobcenter Landkreis Ludwigsburg, und Sonja Ohren, Projektpartnerin vom Landesprogramm STÄRKE. In der Mitte des Stuhlkreises spielen die Kinder der syrischen Frauen auf einer Spieldecke. Die Stimmung ist gelöst – man kennt und vertraut sich.

Barbara Schilling und Sonja Ohren halten ein Plakat hoch, auf dem "Landesprogramm STÄRKE" und ein von Kindern gemaltes buntes Bild gedruckt sind.
Barbara Schilling und Sonja Ohren, die Initiatorinnen des Projekts. Quelle: BMAS/Kern

Geflüchtete Frauen erreichen, über die reine Vermittlung hinaus
Auch wenn der Anteil der geflüchteten Frauen geringer ist als der der Männer, wollte man vorbereitet sein im Jobcenter Landkreis Ludwigsburg. Die Herausforderung war, dass viele der geflüchteten Frauen kleine Kinder haben oder schwanger sind. Daher haben die Frauen häufig das Problem, dass die Teilnahme an einem Sprachkurs erst möglich ist, wenn es eine begleitende Kinderbetreuung gibt, erläutert Barbara Schilling. So verstreicht für diese meist jungen Frauen wertvolle Zeit, ohne dass konkrete Schritte in Richtung Integration gemacht werden können. Um möglichst früh einen Anknüpfungspunkt zu finden, entwickelten Barbara Schilling und Sonja Ohren daher gemeinsam die Projektidee, Elternkurse für geflüchtete Frauen anzubieten, um über die Kinder mit den Frauen in Kontakt zu treten. Um den Traum zu erfüllen/ Realität werden zu lassen, dass die Kinder hier eine bessere Zukunft haben, brauchen sie starke Eltern. Und starke Eltern sind jene, die gut informiert sind, fasst Sonja Ohren ihren Ansatz zusammen. Dabei nehmen die Frauen beim Integrationsprozess der ganzen Familie eine Schlüsselposition ein, ergänzt Barbara Schilling.

Übergreifende Zusammenarbeit
Das Ziel des Projekts ist, die Frauen perspektivisch in Arbeit und Ausbildung zu integrieren. Wir wollten früh den Kontakt zu den Frauen aufbauen, damit Hemmschwellen abgebaut werden und sie Anreize bekommen, sich möglichst frühzeitig auch mit ihrer eigenen beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen, so Schilling. Zunächst galt es also Vertrauen aufzubauen. Es wurden 40 syrische Familien mit kleinen Kindern angeschrieben und zu einem offenen Vortreffen eingeladen. Hier wurden Fragen zu dem Seminar und bestehende Bedenken seitens der Familie geklärt. Mit Erfolg, denn alle Anwesenden haben sich für das Seminar angemeldet, und es hat sich weiter herumgesprochen. Im Laufe des Seminars hatte sich die anfängliche Teilnehmerzahl von fünf auf elf Frauen mehr als verdoppelt. Es folgten fünf Treffen in lockerer Atmosphäre mit Frühstück, Kinderbetreuung und Dolmetscherin. Die Räumlichkeiten, inklusive Kinderspielzeug, stellte der Landkreis Ludwigsburg zur Verfügung. Die fachliche Expertise zu ausländerrechtlichen und pädagogischen Themen kam durch Referentinnen, organisiert und finanziert vom Landesprogramm STÄRKE.

Inhaltlich orientierten sich die Seminare an der konkreten Lebenswelt der Frauen. Das thematische Spektrum reichte von der Entwicklung des Kindes im ersten Lebensjahr, Verhütung und Abstillen über Hinweise zu Unterstützungsmöglichkeiten für Familien bis zu lebenspraktischen Fragen, wie man beispielsweise einen Kita-Platz anmeldet oder wie das deutsche Schulsystem funktioniert. Zum Ende rückte die Zukunft der Frauen selbst in den Mittelpunkt: Welche Visionen haben sie vom Leben in Deutschland? Und welche Rolle spielt darin die eigene Erwerbstätigkeit? Es wurde besprochen, welche Möglichkeiten die Frauen in Deutschland haben, sich beruflich zu integrieren und an welcher Stelle das Jobcenter unterstützen kann.

Gruppe der Projektteilnehmerinnen sitzen um die spielenden Kindern in der Mitte.
Gruppe aller Projektteilnehmerinnen mit spielenden Kindern in der Mitte. Quelle: BMAS/Kern

Gemeinsam mehr Unabhängigkeit erreichen
Auch wenn es noch ein langer Weg ist bis in die Erwerbstätigkeit, ist sich Barbara Schilling sicher: Das einzig Richtige ist es, die Frauen weiter zu begleiten. An Motivation mangelt es nicht, denn zum Seminarende steht für alle Frauen fest, dass sie sich weiterhin treffen wollen. Gemeinsam mit Barbara Schilling und Sonja Ohren organisieren sie monatliche Nachtreffen. Aus Dankbarkeit sind es jetzt die Frauen, die für die Treffen ein Buffet syrischer Gerichte aufbauen. Als ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich das Gefühl, ich stehe vor einer Wand. Dieser Kurs war für mich die Tür, die sich geöffnet hat auf die andere Seite, beschreibt eine der Frauen. Eine andere stimmt ihr zu: Ich hätte mich als geflüchtete Frau ohne Deutschkenntnisse oder Wissen über dieses Land nie getraut, ins Jobcenter zu gehen und all meine Fragen zu stellen. Ich glaube wirklich, dieser Kurs ist etwas Besonderes.

Die Seminare geben den Frauen Sicherheit und Selbstvertrauen. Einer anderen Frau war es zu Beginn des Kurses nicht möglich, im weiträumigen Flächenlandkreis ohne Begleitung der ehrenamtlichen Helferin Bus zu fahren. Ihr gelang es nach kurzer Überbrückungsphase, alleine mit ihrem Kind zu den Seminaren anzureisen, was ein großer Schritt in die Unabhängigkeit ist. Zuletzt brachte eine der geflüchteten Frauen die Erzählungen darüber, was ihnen an dem Programm am meisten geholfen hat, auf den Punkt: Dass wir uns alle kennengelernt haben! Alle Anwesenden lachen und nicken zustimmend. Für die Frauen ist der nächste Schritt klar: Sie wollen unbedingt Deutsch lernen – und sie wollen berufstätig werden. Aufgrund des Erfolgs des Projekts wird sich eine zweite Runde anschließen. Im Mai startet Mütter machen Kinder stark! von neuem.

Bildergalerie

  • Programmheft des Landesprogramms STÄRKE.

    Mütter machen Kinder stark!

    Programmheft des Landesprogramms STÄRKE. Quelle: BMAS/Kern
  • Portrait von zwei Frauen mit Kopftüchern.

    Mütter machen Kinder stark!

    Zwei syrische Frauen, die an dem Projekt "Mütter machen Kinder stark!" teilnehmen. Quelle: BMAS/Kern
  • Barbara Schilling und eine Projektteilnehmerin schauen auf ein Dokument.

    Mütter machen Kinder stark!

    Barbara Schilling und eine Projektteilnehmerin in Interaktion. Quelle: BMAS/Kern
  • Die Dolmetscherin, eine Frau mit zurückgekämmten braunen Haaren, lacht.

    Mütter machen Kinder stark!

    Eine Dolmetscherin unterstützt mittels Silmutanübersetzung. Quelle: BMAS/Kern
  • Eine Frau mit kariertem Kofptuch hebt die Hand und spricht.

    Mütter machen Kinder stark!

    Eine Teilnehmerin diskutiert in der Gruppe. Quelle: BMAS/Kern
  • Frauen sitzen im Stuhlkreis. Kinder sitzen auf den Schößen oder spielen in der Mitte auf dem Boden.

    Mütter machen Kinder stark!

    Die Teilnehmerinnen und Projektinitiatorinnen im Stuhlkreis. Quelle: BMAS/Kern
  • Barbara Schilling und Sonja Ohren im Gespräch.

    Mütter machen Kinder stark!

    Barbara Schilling und Sonja Ohren im Gespräch. Quelle: BMAS/Kern
  • Eine Frau mit braunen Augen und Kopftuch spricht.

    Mütter machen Kinder stark!

    Eine Teilnehmerin erzählt von ihren Erfahrungen. Quelle: BMAS/Kern