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3 Fragen an Tilo Schrot

30. November 2018

Gesund bleiben – dieses Thema bewegt Tilo Schrot privat wie beruflich. Seit 2012 leitet der Diplom-Verwaltungswirt die „Gesundheitsförderung der Arbeitsuchenden“ im Jobcenter Leipzig. Dazu hat der 35-Jährige eine ganze Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen.

Portrait von Tilo Schrot. Er hat kurze schwarze Haare und trägt ein blaues Hemd.
Tilo Schrot, Diplom-Verwaltungswirt und Leiter der Gesundheitsförderung der Arbeitsuchenden im Jobcenter Leipzig

Servicestelle SGB II: Herr Schrot, seit wann bieten Sie regelmäßige Veranstaltungen für Ihre Kundinnen und Kunden zum Thema „Gesundheitsförderung“ an?

Tilo Schrot: Wir haben 2014 einen ersten großen Gesundheitstag mit ganz vielen Partnern organisiert. Die Idee unser drei Themeninseln „Bewegung – Gesunde Ernährung – Seelische Gesundheit“ ist bei unseren Kundinnen und Kunden sehr gut angekommen. Wir wollten dann regelmäßig etwas anbieten. In unserer Reihe Gesundheit und Wohlbefinden organisieren wir seit 2015 mit unseren Netzwerkpartnern etwa acht bis zwölf Veranstaltungen pro Jahr, die wir mit Plakaten und Flyern im Jobcenter bewerben. Wir nutzen dafür ein eigens kreiertes Logo, unser Gemüsefahrrad, das mittlerweile einen hohen Wiedererkennungswert hat. Und unsere Integrationsfachkräfte machen die Arbeitsuchenden gezielt auf unsere Angebote aufmerksam und melden sie bei Interesse direkt an. Das ist unser gewünschter Zugangsweg. Manchmal bietet sich durch die Veranstaltungen auch eine gute Möglichkeit, das Thema Gesundheitsförderung überhaupt erst mal im Gespräch aufzugreifen. Denn jeder zweite, der bei uns am Tisch sitzt, hat mindestens ein kleines gesundheitliches Problem.

Servicestelle SGB II: Wie sieht so eine Veranstaltung denn aus und was bringt sie?

Tilo Schrot: Das ist unterschiedlich. Die Veranstaltung mit der unabhängigen Patientenberatung ist eher ein Vortrag. Beim Kurs zur Stressbewältigung machen wir Übungen zur Muskelentspannung. Und beim Thema „gesunde Ernährung“ arbeiten wir ganz praktisch: Erst gibt es Lebensmittelkunde und Tipps, wie man günstig an Lebensmittel kommt, und dann wird geschnippelt, gekocht, gemeinsam gegessen und abgewaschen. Wir versuchen den Teilnehmerkreis mit 15 bis 20 Personen überschaubar zu halten. Große Veranstaltungen scheuen unsere Kundinnen und Kunden eher. Die Veranstaltung zum Thema Adipositas mit dem Titel „Verstehen warum man mehr is(s)t“, die wir gemeinsam mit der Universität Leipzig organisierten, stieß auf großes Interesse. Zu manchen Terminen kommen nur eine Hand voll Kundinnen und Kunden und es kam auch schon vor, dass wir eine Veranstaltung absagen mussten, weil es zu wenige Anmeldungen gab. Es ist manchmal gar nicht so einfach, Teilnehmende zu gewinnen. Dabei haben viele unserer Kundinnen und Kunden Probleme, ihren Alltag zu organisieren und sich nötige Informationen zu beschaffen. Sie bekommen wenig Rückmeldung aus dem engsten Familienkreis: zum Beispiel zum Thema Ernährung und dass diese durchaus Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat. Solche Wohlfühlfaktoren beeinflussen letztlich nicht nur die Lebenseinstellung, sondern auch das Bewerbungsverhalten. Die Veranstaltungen können dazu beitragen, dass die Kundinnen und Kunden hier ein neues Bewusstsein entwickeln. Es sind viele kleine Bausteine, an denen die Beratung in den Jobcentern arbeiten muss. Gesundheitsförderung ist ein aus meiner Sicht wichtiger Baustein.

Servicestelle SGB II: Warum ist das Thema Gesundheitsförderung aus Sicht der Integrationsfachkräfte wichtig?

Tilo Schrot: Die Integrationsfachkräfte müssen Potenziale wieder hervorrufen, wenn diese verschüttet sind. Gesundheit und Qualifikation sind aus meiner Sicht gleich wichtig. Wir müssen da dranbleiben. Das Tätigkeitsbild eines Arbeitsvermittlers hat sich verändert. Früher ging es darum, Stellen zu vermitteln. Jetzt muss man auch ein Stück weit Lebensberater sein, denn viele Langzeitarbeitslose sind alleinstehend, manche sehr einsam oder leben in ungünstigen sozialen Konstellationen. Gerade weil die Integrationsarbeit für die Integrationsfachkräfte zunehmend komplexer wird, müssen wir unsere Kolleginnen und Kollegen mit solch ergänzenden Angeboten auch weiter unterstützen.

Fahrrad mit einem Rahmen aus Spargel, Rädern aus Grapefruitscheiben und einer Gurke als Sattel.
Mit dem Gemüsefahrrad wirbt das Jobcenter Leipzig für seine Reihe "Gesundheit und Wohlbefinden". Quelle: Jobcenter Leipzig