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3 Fragen an Thomas Lenz

24. Januar 2019

Im Jobcenter Wuppertal wurde 2016 ein Berichtswesen zum Thema Gleichstellung eingeführt. Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters und studierter Sozialwissenschaftler, erläutert das Motiv für diese Maßnahme und wo sie bereits fruchtet.

Portrait von Thomas Lenz. Er hat kurze graue Haare und trägt eine schwarze eckige Brille.
Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters Wuppertal

Servicestelle SGB II: Herr Lenz, warum hat Ihr Jobcenter ein Gender-Berichtswesen eingeführt und wie hat sich das auf den Arbeitsalltag ausgewirkt?

Thomas Lenz: Im Grundgesetz steht, Frauen und Männer sind gleichberechtigt. In der Realität sind wir davon aber noch weit entfernt − ob bei Führungspositionen in Unternehmen oder dem Gehalt auf dem Arbeitsmarkt. Auch wir als Jobcenter hatten da Defizite, beispielsweise gab es deutlich weniger Frauen als Männer in Führungspositionen in unserem Haus, obwohl zwei Drittel unserer Beschäftigten Frauen sind. Insbesondere Frauen mit Familiensorge waren in Führungspositionen bisher unterrepräsentiert. Einer von vielen Ansätzen, dem zu begegnen, ist unser Berichtswesen. Hier informieren wir seit 2016 die Öffentlichkeit, unsere internen Gremien − Führungskräfte genauso wie Beschäftigte − sowie den Gleichstellungsausschuss der Stadt Wuppertal über alle relevanten Zahlen und Fakten zum Thema Gleichstellung im Jobcenter Wuppertal. Diese Transparenz hat den schon vorhandenen Umdenkprozess bei uns im Haus weiter beschleunigt. So wurde etwa lange an der Kernarbeitszeit festgehalten und intensiv über deren Abschaffung diskutiert – aus Sorge, der Dienstbetrieb und unsere Angebote würden darunter leiden. Inzwischen ist das kein Thema mehr.

Servicestelle SGB II: Nun kann man viel berichten und sicherlich auch das Denken beeinflussen. Ob sich dadurch auch Dinge ändern, steht auf einem anderen Blatt. Wie sah das bei Ihnen aus?

Thomas Lenz: Richtig, nur berichten nützt niemandem, wenn die Ergebnisse dann nicht in speziellen Programmen operationalisiert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Beispielsweise haben wir ein Programm zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufgesetzt. Wir haben Systeme eingeführt, die es allen Beschäftigten in Erziehungsfunktion erleichtern, Führungsaufgaben zu übernehmen. Sprich: flexible Arbeitszeiten, Home-Office, Eltern-Kind-Büros oder die hausinterne Kinderbetreuung. Frauen sind bei uns in den Führungspositionen zahlenmäßig inzwischen sogar führend. Und mittlerweile nutzen auch Männer zunehmend unsere Programme. Das zeigt, es hat sich generell etwas geändert bei der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Rechts auf Chancengleichheit – auf beiden Seiten. Wir als Jobcenter sind familienfreundlicher und damit als Arbeitgeber attraktiver geworden, wir haben kaum noch Fluktuation und kaum Probleme, Stellen zu besetzen. Damit sind wir natürlich auch ein Beispielgeber für die Arbeitswelt um uns herum. Man kann ja schlecht von anderen verlangen, was man selber nicht tut.

Servicestelle SGB II: Mit Blick auf die nähere Zukunft − wo wollen Sie noch nachjustieren in Sachen Gleichstellung?

Thomas Lenz: Wir müssen auf jeden Fall stetig hinschauen. Ein Beispiel dazu aus dem Bereich unserer Leistungsbeziehenden: Wir haben eine ganze Reihe von Förderangeboten in petto, und wir haben mit die höchste Aktivierungsquote im ganzen Bundesgebiet, die liegt stellenweise bei 40 Prozent. Aber wenn man genau hinguckt, stellt man fest, Teile dieses Angebotes sind oft noch sehr männerlastig. Natürlich gibt es viele Angebote speziell für Frauen, aber bei vielen Standardangeboten haben wir noch Nachholbedarf, was die Teilnahme von Frauen anbelangt. Deshalb ist unser Genderbericht nach wie vor relevant und aktuell, das Thema ist auch bei uns noch nicht erledigt.

Sie planen, selbst einen solchen Bericht einzuführen und möchten sich ein genaueres Bild machen? In unseren Extranets für Geschäftsführungen und Beauftrage für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt finden Sie den aktuellen Genderbericht aus dem Jobcenter Wuppertal.