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3 Fragen an Thomas Ostholthoff

10. September 2018

Gefühlte Wahrheiten wurden zu klar belegbaren Fakten, als Amtsleiter Thomas Ostholthoff Anfang 2018 das Controlling in seinem jobcenter Kreis Steinfurt um geschlechterdifferenzierte Zahlen erweiterte. Das machte die interne Diskussion und Analyse des Themas leichter und hilft nun dauerhaft dabei, die Chancengleichheit in großen Schritten voranzutreiben.

Portrait von Thomas Ostholthoff. Er hat kurze blonde Haare und trägt ein blaukariertes Hemd.
Thomas Ostholthoff, Amtsleiter des Jobcenters Kreis Steinfurt

Servicestelle SGB II: Herr Ostholthoff, warum lohnt sich der Einsatz für gegenderte Kennzahlen im Jobcenter?

Thomas Ostholthoff: Chancengleichheit ist manchmal nicht so einfach zu diskutieren. Die Erfahrung haben wir im Jobcenter auch gemacht. Oft ging es um gefühlte Wahrnehmungen. Mit analysefähigen Zahlen kann man diese belegen. Vor gut zwei Jahren haben wir unser Controllingsystem angepasst und es zu Beginn dieses Jahres um den Genderaspekt erweitert. Das Jobcenter Kreis Steinfurt hat mit 24 Städten und Gemeinden fünf Regionalbereiche mit eigenen Kennzahlen und Zielen: Welche Integrationsquoten und wie viele Integrationen erwarten wir jeweils? Wie viele entfallen davon auf Frauen, wie viele von diesen sind Alleinerziehende? Diese Zahlen werten wir monatlich aus und veröffentlichen sie im Intranet, sodass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie im Blick behalten können.

Servicestelle SGB II: Sie weisen die Kennzahlen „Anzahl der Integrationen“, „Langzeitleistungsbezieher“, „Anteil der nachhaltigen Integrationen“ und „Anteil bedarfsdeckender Integrationen“ nach Geschlechtern und Alleinerziehenden differenziert aus. Was zeigt sich dabei?

Thomas Ostholthoff: Wir haben nun vermutete Abweichungen schwarz auf weiß – wie zum Beispiel unterschiedliche Integrationsquoten in den einzelnen Regionalbereichen. Durch diese Erkenntnisse und die regelmäßige Kommunikation gewinnt das Thema intern gerade sehr an Prominenz und Bedeutung. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter merken, dass es wichtig ist und wir da genauer hinschauen müssen. So können wir letztlich auch unsere BCA in die Lage versetzen, ihre Anliegen voranzubringen. Mit den Zahlen sind wir in der Lage, in die Analyse einzusteigen: Könnten die Unterschiede in der Struktur der Bedarfsgemeinschaften liegen oder doch eher an fehlender Kinderbetreuung oder fehlenden Absprachen mit Jugendämtern? Wäre es möglich, dass unterschiedlichen Arbeitsweisen der Jobcenter-Beschäftigten im Regionalbereich dahinter stecken? Und was leiten wir aus all dem ab? Das sind die nächsten Schritte.

Servicestelle SGB II: Gegendertes Controlling hilft also letztlich dabei, zielführendere Lösungen zu finden?

Thomas Ostholthoff: Ja, wenn es gut aufgestellt ist, auf jeden Fall. Und gut aufgestellt meint auch gut kommuniziert. In den ersten internen Gesprächen über Kennzahlen waren viele Befürchtungen da. Controlling wurde als Kontrollinstrument verstanden. Das ist es aus meiner Sicht nicht. Ich möchte es als Unterstützungsinstrument angewendet wissen und das kam glücklicherweise dann auch so rüber. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Auswertung sehr positiv und offen aufgenommen. Sie merken, dass die Zahlen sie auch dabei unterstützen, ihre Arbeit sichtbarer zu machen und fachlich fundiert zu diskutieren.