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3 Fragen an Wolfgang Franz

3. Mai 2018

Die sogenannte „Integrationsquote Flucht“ ist im Jobcenter Landkreis Lichtenfels innerhalb nur eines Jahres von 25 auf 40,4 Prozent gestiegen − bayernweit bedeutet das Platz neun. Wolfgang Franz, Geschäftsführer des Jobcenters Lichtenfels, über den Weg seines Jobcenters zu diesem Erfolg.

Porträtfoto von Wolfgang Franz. Er hat kurze graue Haare und trägt eine große Pilotenbrille.
Wolfgang Franz, Geschäftsführer des Jobcenters Lichtenfels

Servicestelle SGB II: Herr Franz, ab Herbst 2015 kamen besonders viele Schutzsuchende nach Deutschland − auch in Ihre Region. Wie haben Sie und das Jobcenter Lichtenfels sich auf die veränderten Rahmenbedingungen eingestellt?

Wolfgang Franz: Vor dem Herbst 2015 hatten wir zwischen 20 und 30 anerkannte Schutzsuchende, um die wir uns als Jobcenter kümmerten, diese Zahl stieg bis Anfang 2017 auf 240. Uns wurde schnell klar, dass wir hier ein neues Aufgabenfeld bekommen. Die besondere Schwierigkeit aufseiten der Kundengruppe war zum einen die Unkenntnis der deutschen Sprache, oft sogar des lateinischen Alphabets. Zudem mussten wir feststellen, dass viele beruflich nur auf unterem Helferniveau agieren, und dass Ausbildungen − soweit vorhanden − nicht mit den hiesigen vergleichbar sind.

Servicestelle SGB II: Was haben Sie konkret unternommen?

Wolfgang Franz: Zunächst haben wir mit zwei Vollzeitkräften – exakt bemessen 1,6 Stellen – eine separate Organisationseinheit gebildet. Beide standen ab sofort mit der Agentur für Arbeit, dem Landratsamt und anderen Akteuren in Verbindung und haben sich durch Schulungen eine erhöhte Kompetenz in der Fluchtthematik erworben.

Der inhaltliche Gedanke war: Statt mit anerkannten Schutzsuchenden erst nach ihrem Sprachkurs einen beruflichen Werdegang zu erarbeiten, begannen wir im April 2016 die berufliche Förderung schon acht Wochen vor Ende des Sprachkurses einzuleiten. Das erleichtert uns seit dem die Arbeit, weil wir nun schon vorher abschätzen können, wie viele Menschen mit welchen Berufsvorstellungen auf uns zukommen. Wir forschen nach beruflichen Wünschen, bisherigen Kenntnissen und Abschlüssen, schauen ob es eventuell Sinn macht, eine Ausbildung anzustoßen, ob Arbeitsuchende mit höherem Bildungsstand dabei sind, bei denen es Richtung Studium gehen könnte. Wir versuchen für jeden Einzelnen, die entsprechenden Wege aufzuzeigen und Hilfestellungen zu geben.

Servicestelle SGB II: Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben 45 Prozent der anerkannten Schutzsuchenden einen Job über persönliche Kontakte zum Arbeitgeber gefunden. Bestätigen Ihre Erfahrungen diese Einschätzung?

Wolfgang Franz: Absolut. Genau deshalb organisieren wir hier vor Ort regelmäßig Betriebsbesichtigungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen ein Unternehmen, für das sie sich interessieren, persönlich kennen und vereinbaren gegebenenfalls sofort ein ein- bis zweiwöchiges Praktikum. In diesem können sie dann einerseits ihre Kenntnisse zeigen und sich andererseits ein genaueres Bild vom Arbeitgeber machen. Anschließend entscheiden beide Seiten, ob sie miteinander etwas Längerfristiges eingehen wollen. Ungefähr ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekommen wir so in Arbeit.