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3 Fragen an Isabell Eichstädt

21. November 2019

Isabell Eichstädt ist im Jobcenter Gifhorn unter anderem als Personalratsvorsitzende und im Bereich der Leistungsabteilung tätig. Anfang des Jahres fand in ihrem Jobcenter eine Weiterbildung statt, die ihr und weiteren 60 Beschäftigten dabei half, mit schwer erreichbaren Leistungsberechtigten wieder besser ins Gespräch zu kommen.

Porträtfoto von Isabell Eichstädt.
Isabell Eichstädt, Personalratsvorsitzende im Jobcenter Gifhorn und im Bereich der Leistungsabteilung tätig

Servicestelle SGB II: Sie haben im April und Mai im Jobcenter Gifhorn mit knapp 60 Mitarbeitenden der Leistungsabteilung an einer mehrtägigen Schulung zum Umgang mit schwierigen Situationen teilgenommen. Wie kam es dazu?

Isabell Eichstädt: Auch als kleines Jobcenter haben wir regelmäßig mit schwierigen Situationen zu tun, insbesondere im Eingangsbereich und in der Leistungsabteilung. Da geht es um Leistungsberechtigte, die nicht nur unsachlich werden, sondern auch versuchen, Unruhe zu stiften – zum Beispiel durch Diffamierung von Mitarbeitenden, durch Gewaltandrohung und im schlimmsten Fall durch Gewaltanwendung. Letzteres passiert natürlich nur in wenigen Extremfällen.
Ein schwieriger Leistungsbeziehender ist für mich zunächst einmal jemand, an den ich überhaupt nicht herankomme, eine Person, die grundsätzlich Gespräche verweigert. Es fehlt bei solchen Menschen leider oftmals jegliches Interesse, auf einer Sachebene zu diskutieren, da sie sich persönlich angegriffen fühlen – nicht nur von mir als Mitarbeiterin, sondern vom Staat im Allgemeinen. Grundsätzlich möchte ich jedoch erwähnen, dass die Zusammenarbeit mit unseren Leistungsberechtigten überwiegend konfliktfrei und positiv verläuft. Wir wollen unsere Beschäftigten jedoch im Umgang mit Leistungsberechtigten schulen und ihr Auftreten professionalisieren, um gegebenenfalls auch schwierigen Situationen deeskalierend entgegen zu wirken.

Servicestelle SGB II: Wie war die Schulung aufgebaut und welche Erkenntnisse haben Sie und die anderen Teilnehmenden konkret mit in ihren Arbeitsalltag genommen?

Isabell Eichstädt: Die Schulung gehört zum bundesweiten Angebot der Bundesagentur für Arbeit für Mitarbeitende aus der Leistungsabteilung und war in drei Teile gegliedert: Einen theoretischen und einen praktischen Teil - beide dauerten jeweils drei Tage, sowie eine eintägige Zusammenfassung. Durchgeführt wurde sie von Dozentinnen und Dozenten des Bildungszentrums Northeim.
Die Schulung stellt uns einen Methoden-Koffer zur Verfügung, um schwierigen Situationen gelassener zu begegnen. Wir bereiten uns nun bewusster auf Gespräche vor, nehmen vor einem Kundentermin diesen „Koffer“ an die Hand und überlegen, wie wir deeskalierend wirken können. Als Mitarbeiterin kann ich so individuell abwägen, wie ich mein Gegenüber adressiere: Auf einer persönlichen oder einer sachlichen Ebene, mit offenen oder direkten Fragen. Ich muss dazu sagen, das ich persönlich nie ernste Probleme mit Leistungsbeziehenden hatte. Bei schwer erreichbaren Leistungsberechtigten half mir immer schon sachliche, wertschätzende Kommunikation und die individuelle Vorbereitung von Gesprächen. Trotzdem gehe auch ich nun noch strukturierter in die Beratungsgespräche.

Servicestelle SGB II: Schwierige Situationen im Arbeitsalltag begleiten uns oftmals darüber hinaus. Schaffen Sie es immer, das Erlebte im Büro zu lassen?

Isabell Eichstädt: Manchmal nimmt man schon etwas mit nach Hause, da führt kaum ein Weg dran vorbei. Gerade wenn man beispielsweise im Außendienst Kinder antrifft, die in verwahrlosten Umständen leben. Ich habe selbst eine Tochter, das lässt einen natürlich nicht kalt. Es kommt außerdem vor, dass ich Kundinnen oder Kunden auch im Privatleben begegne. Ich lebe direkt in Gifhorn, die Stadt ist mit knapp 40.000 Einwohnern relativ klein – die Menschen kennen einen. Schon häufiger wurde ich angesprochen, wenn ich in der Stadt unterwegs war. Das können teilweise unangenehme Situationen sein, mit denen ich persönlich jedoch ganz gut umgehen kann.
Generell hilft es sehr, eine klare Grenze zwischen Beruf und Privatem zu ziehen und das in seiner Freizeit zu machen, was einem wirklich Spaß macht und dem Stressabbau hilft. Was mir gut beim Abschalten hilft ist mein Nebenjob, der eigentlich mehr so etwas wie eine Berufung ist. Ich bin Teil des Teams einer Musikschule mit Veranstaltungsräumen und verarbeite meine Erlebnisse ganz viel mit Musik. Ich kann Kolleginnen und Kollegen aus der Leistungsabteilung nur raten, sich im privaten Umfeld einen Ausgleich zu suchen. Das kann Sport sein, das kann Musik sein – das kommt ganz auf die individuellen Interessen und Bedürfnisse an.

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Sie haben Fragen zum Thema? In den gemeinsamen Einrichtungen sind nach § 44d Abs. 5 SGB II die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer für die Einhaltung des Arbeitsschutzes zuständig. Sicherheit am Arbeitsplatz gehört zum Arbeitsschutz. Bei den zugelassenen kommunalen Trägern liegt die Zuständigkeit bei den Landkreisen und kreisfreien Städten selbst. Darüber hinaus unterstützen die zuständigen Landesbehörden und Unfallversicherungsträger im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes.

Weiterführende Informationen zu den im Interview besprochenen Inhalten finden Sie außerdem in den Ausgaben "Gesundheit!" und "Auf Augenhöhe!" des Magazins chancen.