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3 Fragen an Hans Wilhelm Thomsen

1. Juni 2018

Seit 2011 ist Hans Wilhelm Thomsen stellvertretender Geschäftsführer im Jobcenter Flensburg. Der handballspielende Diplom-Verwaltungswirt ist es in Sport und Beruf gewohnt, ständig am Ball zu bleiben. Zum Thema Gleichstellung präsentierte er uns überraschende Einsichten.

Porträtfoto von Hans Wilhelm Thomsen. Er hat kurze graue Haare und trägt eine rechteckige graue Brille.
Hans Wilhelm Thomsen, stellvertretender Geschäftsführer im Jobcenter Flensburg

Servicestelle SGB II: Herr Thomsen, aktuelle Zahlen suggerieren, dass Frauen bei gleicher Ausgangslage seltener in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden als Männer, dazu überproportional in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stehen. Gilt das auch für Flensburg?

Hans Wilhelm Thomsen: Das kommt auf die Größe der Bedarfsgemeinschaft an. Wenn man sich die Singles anschaut, dann liegen Männer und Frauen in Flensburg hier fast gleichauf. Je größer allerdings die Bedarfsgemeinschaft ist, je mehr Kinder da sind, desto stärker sinken auch die Integrationschancen für Frauen. Das liegt meist daran, dass sie mehr in Haushalt und Kindererziehung eingebunden und dadurch weiter vom Arbeitsmarkt weg sind. Zum zweiten Teil der Frage kann ich aktuelle Zahlen nennen: im März hatten wir hier 488 Männer und 411 Frauen in 450-Euro-Jobs, also die Männer liegen hier sogar knapp vorn. Wir haben hier im Jobcenter Flensburg ein hausinternes Projekt, das sich speziell um die Erweiterung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen kümmert. Interessanter finde ich persönlich übrigens die Integrationsquote für Alleinerziehende, egal ob männlich oder weiblich. Und da liegen wir mit 25 Prozent schon seit längerem über dem Bundesdurchschnitt.

Servicestelle SGB II: Was haben Sie hier anders gemacht als der Rest des Landes?

Hans Wilhelm Thomsen: 2010 haben wir eine spezielle Beratungsstelle für Alleinerziehende mit dem Namen KiKo geschaffen: Kind und Kompetenz. Damit wollen wir Alleinerziehenden helfen, ihre vielfältigen Hemmnisse auf dem Weg zum Arbeitsmarkt zu überwinden. Speziell geschulte Vermittlerinnen arbeiten hier auch mit einem niedrigeren Betreuungsschlüssel von etwa 1:50. Mittlerweile beraten und vermitteln diese Kolleginnen nicht mehr ausschließlich Alleinerziehende, sondern alle erziehenden Kundinnen und Kunden des Jobcenters Flensburg. Teilweise geschieht das zusammen mit unseren Netzwerkpartnern und sozialen Einrichtungen der Stadt Flensburg, beispielsweise wenn es um einen Kitaplatz geht. Da sind wir durchaus ein Türöffner.

Servicestelle SGB II: Nochmal im Klartext: Frauen stellen bei Ihnen keine speziell zu unterstützende Kundengruppe dar?

Hans Wilhelm Thomsen: Wir versuchen, individuelle Beratung und Unterstützung für individuelle Kundinnen und Kunden zu realisieren. Häufig benötigen Frauen nicht mehr oder weniger Hilfestellungen als Männer, sondern schlicht andere. Wir haben auch ein spezielles Maßnahmeangebot nur für männliche Kunden. Durch unseren individuellen Blick sind wir einfach breit aufgestellt und daher auch sensibel für Genderthemen – aber eben bezogen auf Frauen und Männer. Für mich wäre das ganze Genderthema erledigt, wenn man gar nicht mehr darüber sprechen müsste, sondern einfach jedem genau die Unterstützung gibt, die sie oder er benötigt. Wir als Jobcenter Flensburg sind, glaube ich, auf dem besten Weg dahin.