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3 Fragen an Andreas Schnieber

6. Oktober 2020

Portrait Andreas Schnieber
Portrait von Andreas Schnieber

Servicestelle SGB II: Herr Schnieber, Sie arbeiten mit einer anspruchsvollen Zielgruppe: schwer erreichbaren Menschen unter 25 Jahren. Manche haben keine Wohnung, manche plagen psychische Probleme und bei manchen ist es beides. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie mal gar nicht helfen können? 

Andreas Schnieber: Die Frage stellt sich nicht nur bei diesen Kundinnen und Kunden. Sie stellt sich auch immer wieder im Regelgeschäft. Meine Antwort ist: Man muss im Beruf des Fallmanagers Niederlagen hinnehmen können. Niederlagen dürfen wir nie persönlich nehmen. Nicht alle Menschen, mit denen wir zu tun haben, sind schon bereit für Hilfe. Es ist leider Realität, dass wir nicht jeden erreichen. Im Prinzip gibt es für jede Person ein Angebot. Wenn der eine oder andere aber länger nicht erreichbar ist, zu Terminen nicht kommt oder auch einfach noch nicht bereit ist für Hilfsangebote, müssen wir das leider hinnehmen. Die Erfahrung zeigt, dass sich das gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch schnell wieder ändern kann.

Servicestelle SGB II: Was motiviert Sie weiterzumachen, wenn Sie auf Hürden stoßen?

Andreas Schnieber: Ich freue mich über diejenigen, die es schaffen. Die positiven Erlebnisse überwiegen am Ende. Ich habe schon Anrufe von Menschen bekommen, für die ich seit Jahren nicht mehr zuständig bin. Einmal hatte ich eine junge Frau bei mir, die ganz eindeutig Potenzial hatte. Aber durch viele Absagen von Berufsfachschulen war sie frustriert. Eines Tages sagte sie mir: „Jetzt ist alles egal – ich suche mir einfach einen Putzjob.“ Ich habe ihr dann, mal umgangssprachlich gesagt, ordentlich den Marsch geblasen. Jahre später klingelte das Telefon und diese junge Frau war dran. Sie hat sich bedankt für die klaren Worte von damals und rief an, um zu berichten, dass sie gerade die Erzieherinnenausbildung abgeschlossen hatte! So etwas zu hören, wiegt viele Misserfolge auf.

Servicestelle SGB II: Fallmanager bedeutet also viel mehr, als Leistungsberechtigten wieder einen Job zu verschaffen. Was würden Sie sagen, macht einen guten Fallmanager aus?

Andreas Schnieber: Empathie, Hilfsbereitschaft, Geduld. Und wir sollten immer authentisch sein. Es ärgert mich, wenn permanent über „die bösen Jobcenter-Leute“ geredet oder geschrieben wird. Wir sind Menschen und viele von uns haben selbst einen gezackten Lebenslauf. Mancher hat auch schon auf der anderen Seite des Tisches gesessen. Ich selbst habe früher einmal auf Lehramt studiert und erst nach dem 1. Staatsexamen in der Praxis gemerkt, dass das nicht der richtige Beruf war. So bin ich 2007 zunächst als Vermittler zur Arge Düsseldorf gekommen – aber davor war ich auch für einige Monate arbeitslos. Ich weiß also aus eigener Erfahrung, wie das ist. Einen guten Rat gebe ich immer als Mensch, der davon überzeugt ist, was er sagt, nicht als Verwaltungsroboter.