Servicestelle SGB II: Herr Meironke , Sie sind Leistungssachbearbeiter in Berlin. Beschreiben Sie bitte einmal Ihre Arbeit im Jobcenter Lichtenberg. Was macht sie besonders?
Jonas Meironke : Für mich ist es die Mischung. Ich wollte ursprünglich Jura studieren, weil mich rechtliche Fragen immer interessiert haben. Zugleich mag ich den Umgang mit Menschen. Hier im Jobcenter ist beides wichtig. Ich war nach meinem Arbeitsmarktmanagement-Studium zunächst Arbeitsvermittler. Daher kenne ich sowohl den Leistungsbereich als auch die Vermittlung und das ist gut so. Auch Sachbearbeiter müssen emphatisch sein. Warum meldet sich die Kundin nicht? Bevor ich wegen mangelnder Mitwirkung die Leistungen kürze, gucke ich mir ihre Situation an und sehe: Sie ist alleinerziehend und steckt mitten in einer Umschulung. Dieses Persönliche ist wichtig – und es wird in meinen Augen immer wichtiger.
Servicestelle SGB II: Nun wurde genau das Persönliche während der Pandemie schwieriger. Wie erleben Sie die Zeit, wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert?
Jonas Meironke : Leistungsrechtlich wenig, in der Kommunikation umso mehr. Wir hatten mit vielen Menschen zu tun, die vorher nie Kontakt zur Institution Jobcenter hatten. Da kamen E-Mails wie: ‚Hallo, ich bin Karlheinz Müller und brauche Geld.‘ Wir haben dann versucht ganz freundlich zu erklären, welche ausgefüllten Formulare und Informationen wir brauchen. Zeitweise mussten wir sämtliche Fragen per E-Mail oder Telefon klären. Das klappt irgendwie, ist aber nicht immer einfach. Wir haben viele Kundinnen und Kunden mit osteuropäischem oder vietnamesischem Hintergrund. Denen fällt die schriftliche Kommunikation auf deutsch schwer. Sitzt man sich am Schreibtisch gegenüber, lässt sich damit leichter umgehen.
Servicestelle SGB II: Welche Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Monaten auf die Jobcenter, aber auch auf Ihren künftigen Arbeitsalltag zukommen?
Jonas Meironke : Die beschleunigte Digitalisierung hat unserer Behörde gutgetan. Die deutsche Verwaltung ist verglichen mit vielen europäischen Staaten im Rückstand. 2020 haben wir Konzepte, die erst in zwei Jahren dran sein sollten, innerhalb von zwei Wochen umgesetzt. Durch die neuen Möglichkeiten wird sich ein neues Miteinander etablieren. Die spannende Frage lautet: Wie viele Menschen wählen wieder den persönlichen Kontakt und wie viele bevorzugen Telefonate oder digitale Kommunikation? Viele haben festgestellt, dass sie nicht unbedingt in die Eingangszone gehen und eine Wartemarke ziehen müssen, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Das bedeutet aber nicht, dass wir um jeden Preis digitalisieren. Wir haben 25-Jährige, die jobcenter.digital nicht bedienen können und lieber persönlich vorbeikommen. Es werden also dauerhaft viele Kommunikationskanäle parallel bestehen. Alle Kanäle müssen wir moderieren und steuern.