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3 Fragen an Ralf Holtkötter

8. Oktober 2021

Ralf Holtkötter leitet das Jobcenter Rhein-Sieg. Rund um Bonn hat es sieben Geschäftsstellen. Eine davon wird sich stark verändern: Mitarbeitende werden keine festen Schreibtische mehr haben. Und an allen Standorten soll 50 Prozent Homeoffice möglich werden.

Ralf Holtkötter
Der Geschäftsführer macht Schluss mit Schreibtischen, die kaum ausgelastet sind. Auch er will seinen festen Platz aufgeben.

Herr Holtkötter, Mitarbeitende Ihres Jobcenters sollen künftig 50 Prozent ihrer Arbeitszeit zu Hause verbringen können. Das bedeutet für Sie und Ihre Führungskräfte: Führen auf Distanz. Wie funktioniert das?

Ralf Holtkötter: Unsere Führungskultur ist schon seit langer Zeit ergebnisorientiert. Ich schaue mir an, was wir erreichen. Denn nicht jeder, der lange auf einen Bildschirm schaut, arbeitet automatisch erfolgreich. Letztlich kommt es darauf an, dass die Anträge zügig bearbeitet und die Postfächer regelmäßig geleert werden oder die Integrationsfachkräfte ihre terminierten Gespräche führen, in Beschäftigung vermitteln oder Qualifizierungsangebote machen. Neben virtuellen Hospitationen habe ich hier auch Kennzahlen, über die ich die Ergebnisse nachhalte. Diese sind über unsere digitalen Teamboards auch im Homeoffice transparent. Während der Pandemie haben sich Vorurteile überholt: Wir hatten zeitweise 50 Prozent der Mitarbeitenden im Homeoffice. Unsere Leistung hat das nicht verändert. Wir gehen nun keine kleinen Schritte, sondern machen einen Sprung. Alle sollen künftig die Hälfte ihrer Arbeitszeit zu Hause verbringen können, sie müssen es aber nicht. Wir sind auf einem klaren Digitalisierungspfad – und dazu gehört für mich auch die Flexibilisierung der Arbeit. Bei der Personalvertretung sind wir damit offene Türen eingerannt.

Sie gehen aber noch einen Schritt weiter. Ihre Geschäftsstelle Sankt Augustin wird künftig keine festen Schreibtische für die Mitarbeitenden haben. Wie stellen Sie sich das künftige Jobcenter vor?

Ralf Holtkötter: Die Kunden werden sich nur noch im Erdgeschoss bewegen. Dort wird es einen Empfang geben und eine Fläche für Veranstaltungen, außerdem einen Self-Service-Bereich, in dem Kunden online gehen und uns zum Beispiel Unterlagen digital zur Verfügung stellen können. Für persönliche Beratungen gibt es einzelne Räume, die die Mitarbeitenden flexibel reservieren. Auf den oberen Etagen ist dann ein reines „Backoffice“ mit Gruppenarbeitsplätzen und Räumen für stille Arbeit. Die Mitarbeitenden können sich auch dort online ihren Arbeitsplatz buchen. Unsere neuen Räume sollen aber vor allem zur persönlichen Kommunikation einladen. Deshalb sparen wir keinen Platz ein. Es gibt zwar weniger Schreibtische als Beschäftigte, aber mehr Raum für Gespräche.

Wie verändert das alles die Beratung der Leistungsberechtigten?

Ralf Holtkötter: Wir sind erreichbar und wir sind zuverlässig. Das haben die Kunden in den vergangenen Monaten der Pandemie gesehen. Insofern glaube ich, dass viele bereit sind für neue Formen der Beratung. Aus der Erfahrung der Pandemie heraus können wir sagen: Es lassen sich deutlich mehr Fragen per Telefon klären als zuvor gedacht. Das muss natürlich vorbereitet werden. Wir haben viel in die Qualifizierung der Mitarbeitenden in der telefonischen Beratung investiert. Künftig wird auch noch die Videoberatung zu unserem Angebot gehören. Wir sind ein Flächenlandkreis, das spart viele Fahrten. Persönliche Beratung gibt es weiterhin, aber nur noch mit Termin. Auch hier muss man den Vorteil für die Kunden sehen: Es wird keine Wartezeiten mehr geben, wie wir sie von früher kennen.