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MainArbeit. Kommunales Jobcenter Offenbach

29. März 2016

„Wenn Sie so einen wie mich brauchen können, melden Sie sich, ich würde mich freuen.“ So begrüßt ein Arbeitsuchender potentielle Arbeitgeber in seinem Videoclip im Bewerbungsvideo-Bereich des Jobcenters MainArbeit. Um etwas gegen die traditionell hohe SGB II-Quote der Stadt Offenbach zu unternehmen, setzt das Jobcenter MainArbeit auf verschiedenste Strategien – und auf innovative Technik. Über diese und andere Maßnahmen, um Menschen in Arbeit zu bringen, haben wir mit Matthias Schulze-Böing, Geschäftsführer des Jobcenters MainArbeit, gesprochen.

Servicestelle SGB II: Herr Schulze-Böing, wie würden Sie die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Ihrer Region beschreiben?

Matthias Schulze-Böing: In Offenbach hat ein Strukturwandel stattgefunden: bis in die 1990er Jahre gab es viele Arbeitsplätze in der Industrie, diese sind weitestgehend weggefallen. So ist die Situation trotz der räumlichen Nähe zur Servicemetropole Frankfurt nicht einfach. Momentan betreuen rund 280 Mitarbeitende des Jobcenters, das dem Vergleichstyp IIIb zugeordnet ist, fast 9.000 Bedarfsgemeinschaften mit ungefähr 20.000 Personen. Es gibt viele größere Familien im SGB II-Bezug. Generell verzeichnet die Stadt Offenbach den höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in ganz Deutschland, circa 60 Prozent. Bei den SGB II-Beziehenden liegt der Prozentsatz sogar noch höher, nämlich bei über 80 Prozent.

Servicestelle SGB II: Wie begegnen Sie im Jobcenter MainArbeit diesen Herausforderungen?

Matthias Schulze-Böing: Wir haben festgestellt, dass es sich auszahlt, aktiv auf die Menschen zuzugehen und sie in ihrem Umfeld anzusprechen. Um zum Beispiel Jugendliche mit Migrationshintergrund und ihre Familien zu erreichen, müssen wir zu ihnen gehen. Dazu gehören auch mal Informationsveranstaltungen über das deutsche Ausbildungssystem nach dem Freitagsgebet in der Moschee. Manchmal nehmen wir dafür auch Übersetzer mit, um Eltern in ihrer Sprache ansprechen zu können.
Dieses Prinzip der aufsuchenden Beratung verfolgt das Jobcenter MainArbeit in vielen Bereichen, auch etwa im Projekt „Weiter durch Bildung“. Als 2009 in der Region Kurzarbeit an der Tagesordnung war, entwickelten wir gemeinsam mit Projektpartnern die Idee, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt in ihren Betrieben anzusprechen und über Weiterbildungsangebote zu informieren. Mit einem Beratungsbus haben Berater die Betriebe angefahren und Überzeugungsarbeit geleistet.

Servicestelle SGB II: In Ihrem Jobcenter werden zahlreiche Projekte mit Modellcharakter umgesetzt. Ein Projekt ist ein besonderer Service für Arbeitgeber: ein Videoportal, auf dem sich Arbeitsuchende in kurzen Clips selbst vorstellen. Wie wird dieses Portal angenommen?

Matthias Schulze-Böing: Das Portal wird von Arbeitgebern wie Arbeitsuchenden sehr gut angenommen. Der Vorteil für die Unternehmen liegt auf der Hand: Sie können hier schnell und ohne Aufwand Bewerberinnen und Bewerber kennenlernen. Der Eindruck, den sie im Videoclip erhalten, geht weit über die normalen Bewerbungsunterlagen hinaus.

Für Arbeitsuchende bietet das Videoportal die Möglichkeit, sich potentiellen Arbeitgebern von ihrer besten Seite zu zeigen. Das Jobcenter MainArbeit stellt ihnen ein professionelles Kamerateam zur Seite. Positiver Nebeneffekt des Filmdrehs ist ein intensives Selbstdarstellungstraining.

Servicestelle SGB II: Aktuell weist die Stadt Offenbach eine hohe Quote von Schulabgängern ohne Schulabschluss auf. Welche Strategie verfolgen Sie, um diese Zahl zu senken?

Matthias Schulze-Böing: Wir verfolgen hier einen ganzheitlichen Ansatz und nehmen die Gesamtsituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Blick. Ziel ist es, die gesamte Wirkungskette zu verbessern, von der Sprachförderung in den Kitas bis hin zur erfolgreich absolvierten Ausbildung. Gerade im Bereich U25 hat sich unsere intensive Netzwerkarbeit bewährt. Wir arbeiten direkt mit den Schulen und Kammern zusammen, um beim Übergang von der Schule in den Beruf niemanden zu verlieren. Bereits in der Schule werden deshalb gezielt die Eltern angesprochen und eingebunden. Praktika, Berufsorientierungsunterricht und Ausbildungscoachings sind mittlerweile fest im Lehrplan verankert.

Servicestelle SGB II: Was sind Ihre Vorhaben für die Zukunft?

Matthias Schulze-Böing: Eines unserer Ziele ist es, in den nächsten zwei bis drei Jahren die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss auf die Rate des hessischen Durchschnitts abzusenken. Die Qualifizierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht also weiterhin ganz oben auf unserer Agenda. Darüber hinaus wollen wir gezielt Frauen in Arbeit bringen, um den so genannten „Gender Gap“ zu verringern.

Auch das Thema Digitalisierung möchten wir vorantreiben: Anfang April haben wir die Jobcenter-App gestartet. Unsere Homepage ist auch mobil abrufbar. Bereits letztes Jahr haben wir die E-Akte eingeführt.

Servicestelle SGB II: Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrer Arbeit?

Matthias Schulze-Böing: Ich arbeite seit 26 Jahren für die Kommune Offenbach. Die Kommune ist eine Welt im Kleinen, mit allem, was dazu gehört. Das macht die Arbeit abwechslungsreich.
An meiner Arbeit im Jobcenter gefällt mir besonders das hohe Maß an Eigenständigkeit, Flexibilität und Gestaltungsfreiheit. Jobcenter sind ein sehr moderner Bereich der Verwaltung. Das wird häufig übersehen.

Servicestelle SGB II: Herr Schulze-Böing, vielen Dank für das Gespräch!