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Jobcenter Stormarn

19. April 2016

Die kühle Frische des Nordens trifft im Jobcenter Stormarn (SGB2-Vergleichstyp IIc) auf das sprudelnde Engagement von Führungskräften und Mitarbeitenden – eine gute Kombination für die Vermittlung von Menschen in den Arbeitsmarkt. Die Geschäftsführerin des Jobcenters, Doris Ziethen-Rennholz, verrät uns in einem Gespräch, was die Arbeit in Stormarn ausmacht, was Herzblut in der Arbeitsvermittlung bewirken kann und welche Vorstellungen sie in den kommenden fünf Jahren verwirklichen möchte. Das Jobcenter Stormarn betreut an drei Standorten mit derzeit 134 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa 5.150 Bedarfsgemeinschaften mit knapp 7.000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Gut 50 Prozent der Leistungsberechtigten sind Aufstocker: Sie verfügen über ein eigenes Einkommen, das nicht bedarfsdeckend ist.

Servicestelle SGB II: Frau Ziethen-Rennholz, Stormarn liegt im Hohen Norden der Republik. Auf welche strukturellen Bedingungen trifft die Arbeit Ihres Jobcenters; wie ist die Region beschaffen?

Doris Ziethen-Rennholz: Stormarn liegt zwischen den Hafenstädten Lübeck und Hamburg und ist das "Bayern des Nordens“. Trotz seines naturgeprägten Landschaftsbildes hat sich die Gegend zu einer wirtschaftsstarken Region entwickelt. Ein Grund dafür ist eine sehr gute Ansiedlungspolitik, die Wert auf Mischgewerbe sowie die Anwerbung kleiner und mittelständischer Unternehmen gelegt hat. Seit Jahren ist der Kreis mit einer aktuellen Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent die Nummer eins in Schleswig-Holstein. Das zieht immer mehr Menschen und Firmen an, manch einer pendelt sogar aus Hamburg hierher. Die Einwohnerzahl steigt und der Kreis gilt als attraktive Wohnregion, die idyllisches Flair in unmittelbarer Nähe zu städtischen Metropolen bietet.

Servicestelle SGB II: Starke Wirtschaft, viel Arbeit – wer kommt dann überhaupt zu Ihnen in die Arbeitsvermittlung?

Doris Ziethen-Rennholz: Die guten Bedingungen in Stormarn bedeuten für unsere Arbeit einerseits, dass wir viele Menschen, die arbeitsmarktnah sind, sehr schnell in Arbeit vermitteln können. Auf der anderen Seite liegt unsere große Herausforderung: Wir haben viele arbeitsmarktferne Personen, den so genannten "Sockel der Arbeitslosigkeit". Mit dieser scheinbar verfestigten Arbeitslosigkeit geben wir uns nicht zufrieden. Wir versuchen, intensiv individuelle Lösungen zu finden, um die Vermittlungshemmnisse abzubauen. Denn wir sind fest überzeugt: Es gibt mit jedem einen Weg und wir finden diese Wege. Wir sind ein innovatives Jobcenter, weil wir immer wieder kleinere und größere Modellprojekte z. B. mit Hilfe des Kreises ausprobieren.

Servicestelle SGB II: Welche konkreten Wege finden Sie denn? Gibt es besondere Projekte hinsichtlich bestimmter Klientel?

Doris Ziethen-Rennholz: Wir haben seit 2007 gemeinsam mit dem Kreis ein Erfolgsmodell für die flankierenden Dienstleistungen umgesetzt, unser Projekt „Wege suchen, Wege finden" (WEFI). WEFI richtet sich speziell an Leistungsbeziehende mit multiplen psycho-sozialen Vermittlungshemmnissen. Dabei verzahnen wir die eigene Beratungsarbeit mit Sucht- und Drogenberatung, psycho-soziale Hilfen und Schuldnerberatung bei uns im Haus. Das heißt, die externen Beratungskräfte haben ihre Sprechstunde in den Räumen unseres Jobcenters. Unsere Kundinnen und Kunden haben den Vorteil, alles an einem Ort zu haben und gehen nicht auf dem Weg zur Beratungsstelle verloren. Tatsächlich schafft das Synergien, die vorherige Kooperationen nicht erreicht haben. Bei einem Drittel der Leistungsbeziehenden konnten wir die Defizite reduzieren oder sogar beseitigen. Knapp 25 % werden an weitere Beratungsstellen vermittelt. Insgesamt erreichen wir eine hohe Zufriedenheit bei unseren Kundinnen und Kunden sowie unseren Mitarbeitenden.

Servicestelle SGB II: Stichwort Zufriedenheit: Sie sagen, Ihre Beschäftigten seien besonders motiviert. Was ist Ihr Geheimnis der "guten Führung"?

Doris Ziethen-Rennholz: Ich leite ein relativ kleines Jobcenter mit dem Vorteil, alle Beschäftigten persönlich zu kennen, und achte sehr auf eine persönliche und wertschätzende interne Kommunikation – das gilt auch für meine sechs Führungskräfte. Der Grundsatz der Individualität gilt nicht nur gegenüber unseren Kundinnen und Kunden, sondern auch gegenüber allen Mitarbeitenden. Diesen direkten Draht pflege ich seit zwei Jahren zudem mit einem regelmäßigen „Jobcenter-Telegramm", das ich selber an alle Kolleginnen und Kollegen schreibe. Mir kann per Klick jeder antworten. Ich möchte damit Transparenz herstellen, Informationen aus der Hausleitung bieten und meine Mitarbeitenden in Entscheidungsprozesse einbinden. In meinem Telegramm stelle ich auch mal besonders gute Leistungen dar oder sage auch mal deutlich Dankeschön. Wir haben zudem eine besondere Organisationsform: Es gibt bei uns eine räumliche Zweiteilung aus Beratung und Bearbeitung von Anträgen. In der Eingangs- und Präsenzberatung werden Kundinnen und Kunden von uns beraten. Die Bearbeitung der Anträge passiert durch andere Beschäftigte in „Back Offices", das sind Rückzugsräume, die außerhalb des Publikumsverkehrs liegen und eine ruhige und konzentrierte Arbeitsatmosphäre ohne spontane Besucher bieten. Wir erreichen eine bessere Qualität und Quantität.

Servicestelle SGB II: Sie nennen Ihr Jobcenter auch einen „familienfreundlichen Betrieb". Was steckt dahinter?

Doris Ziethen-Rennholz: Wir akzeptieren alle Arbeitszeitmodelle und gehen vor allem auch auf die Bedürfnisse von Eltern ein. Das Ergebnis ist eine sehr hohe Rückkehrquote nach dem ersten Erziehungsjahr. Viele kehren sogar mit einer hohen Stundenzahl zurück, manche kehren aber auch mit erstmal nur 12 oder 15 Wochenstunden zurück – die Spielräume meiner Angestellten sind bewusst groß und das ist auch ein Argument für neue Fachkräfte.

Servicestelle SGB II: Wo sehen Sie zukünftige Herausforderungen für Ihr Jobcenter?

Doris Ziethen-Rennholz: Für mich ist das Thema Mitarbeiterbeteiligung in Jobcentern sehr interessant. Da gibt es allgemein noch Luft nach oben. In den nächsten fünf Jahren möchte ich hier vor Ort Möglichkeiten schaffen, damit sich Mitarbeitende besser beteiligen können. Konkret habe ich die Einrichtung von Kreativräumen im Kopf, mit anderer Bestuhlung – ich möchte Freiräume schaffen, die ein Querdenken fördern! Herzblut, Engagement und Ideenreichtum in der Vermittlung finde ich wichtig. Hier arbeiten Menschen für Menschen. Das möchte ich selbst vermitteln und muss auch sagen, dass die Wichtigkeit der Arbeit gesehen wird, das macht einfach Freude.

Servicestelle SGB II: Frau Ziethen-Rennholz, vielen Dank für das Gespräch!