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Jobcenter Mannheim

12. Juli 2016

Ein Blick durch die Fenster des Jobcenters Mannheim macht deutlich: hier geht es um Arbeit. An handelsüblichen Wäscheleinen werden in den Fenstern die aktuellen Jobangebote ausgehängt. Diese niedrigschwellige Maßnahme ist eine von vielen, um der Gewöhnung an Transferleistungen von Anfang an entgegenzusteuern. Die Servicestelle SGB II hat mit Joachim Burg, Geschäftsführer des Jobcenters Mannheim, über diese Strategien gesprochen.

Servicestelle SGB II: Herr Burg, wie würden Sie Ihr Jobcenter beschreiben?

Joachim Burg: Das Jobcenter Mannheim ist eines der größten Jobcenter Baden-Württembergs. 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen hier über 15.000 Bedarfsgemeinschaften, das entspricht circa zehn Prozent der Mannheimer Bevölkerung. Das Jobcenter Mannheim ist eine gemeinsame Einrichtung mit starker kommunaler Prägung und ist dem Vergleichstyp IIIb zugeordnet.

Servicestelle SGB II: Welche Strategien verfolgen Sie im Jobcenter Mannheim, um Menschen (wieder) in Arbeit zu bringen?

Joachim Burg: Bei uns wird beispielsweise personell nicht zwischen Transfer- und Förderleistungen unterschieden: ein so genannter „Fallmanager“ betreut beide Bereiche, so dass unsere Kundinnen und Kunden für alle Belange einen festen Ansprechpartner haben. Dies hat sich sehr bewährt, die Kundenzufriedenheit ist hoch. Allerdings setzt diese Praxis voraus, dass die Mitarbeitenden entsprechend qualifiziert werden. Aber diese Investition hat sich als nachhaltig erwiesen.

Servicestelle SGB II: Im Jobcenter Mannheim wurden zahlreiche innovative Modelle erprobt – welche haben sich besonders bewährt?

Joachim Burg: Hier möchte ich ein Modellprojekt nennen, das wir als vollen Erfolg bewerten: in einem sozialen Brennpunkt haben wir die Betreuungsdichte extrem erhöht mit dem Ziel, jedem das passende Förderangebot zu bieten. Zudem erwarben die Mitarbeitenden profunde Kenntnisse des Stadtteils. Durch die hohe Kontaktdichte und die Präsenz im Quartier konnte innerhalb von anderthalb Jahren der Langzeitleistungsbezug im Stadtteil signifikant gesenkt werden. Im Ergebnis haben wir danach die Kundenbetreuung quartiersbezogen organisiert.

Auch die Mannheimer Erstantragsstelle (MEAS) ist an dieser Stelle zu erwähnen. Die Erstantragssteller erhalten sofort einen Termin bei einem Fallmanager und werden individuell beraten. Ein sog. „Präsenzarbeitsvermittler" wird hinzugezogen. So wird das Selbsthilfepotential aktiviert und Sofortangebote werden gemacht, ganz nach dem Grundsatz „Selbsthilfe geht vor öffentlicher Fürsorge". Auf diese Art und Weise wird von Anfang an einer Gewöhnung an Transferleistungen entgegengewirkt. Die Erstantragssteller werden zudem direkt an unsere so genannten „JobBörsen" weiterverwiesen, um eine hohe Kontaktdichte zu gewährleisten.

Servicestelle SGB II: Was kann man sich unter einer „JobBörse" vorstellen und welche Idee steckt dahinter?

Joachim Burg: Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und der Stadt Mannheim wurde die Idee entwickelt, die Arbeitsvermittlung in Mannheim zu dezentralisieren. Mit den „JobBörsen" sollten Anlaufstellen geschaffen werden, die sich in größtmöglicher Nähe zu den Arbeitsuchenden und den Arbeitgebern befinden. Mittlerweile sind zehn „JobBörsen" über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Damit konnten Wege verkürzt, Netzwerke effizient eingesetzt und die Arbeitsvermittlung entbürokratisiert werden.

Servicestelle SGB II: Herr Burg, gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Joachim Burg: Ja, das kann man so sagen. Ich habe acht Jahre lang das Jobcenter „Junges Mannheim” geleitet, das sich an arbeitslose junge Menschen unter 25 Jahren richtet. Auch hier verfolgen wir das Prinzip der sofortigen Aktivierung: wir holen die Jugendlichen da ab, wo sie stehen, aber wir erwarten von Anfang an eine Gegenleistung. Arbeitsfähige Jugendliche erhalten nur dann Transferleistungen, wenn sie bereit sind, sich in Arbeit, Ausbildung oder in ein Praktikum vermitteln zu lassen.

Gemeinsam mit den Jugendlichen wird ein individueller Hilfeplan erarbeitet. Hierbei ist uns wichtig, dass die Jugendlichen frei wählen und sich ausprobieren können. Auch ein Wechsel ist jederzeit möglich und wird nicht sanktioniert. Aber die jungen Menschen müssen lernen, sich an Regeln zu halten und zum Beispiel Bescheid sagen, falls sie mit dem Förderangebot nicht zurechtkommen. Wenn tiefergehende Probleme bestehen, werden die Jugendlichen im wahrsten Sinne des Wortes „an die Hand" genommen und direkt zu einem Jugendpsychologen, Arzt, Berufsberater oder Schuldnerberater begleitet, die im gleichen Gebäude sitzen.

Durch enge Kooperationen mit Beschäftigungsträgern und Arbeitgebern konnten im Lauf der Jahre viele Jugendliche in Ausbildung und Arbeit gebracht werden. Es ist uns gelungen, den Mannheimer Betrieben eine Botschaft zu vermitteln: „Geben Sie einem jungen Menschen eine Chance!"

Servicestelle SGB II: Herr Burg, vielen Dank für das Gespräch!