Navigation und Service

Jobcenter-Porträt Landkreis Waldshut

1. September 2013

Das Jobcenter Waldshut betreut mit 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ca. 2.700 Bedarfsgemeinschaften. Als SGB II-Vergleichstyp 10 verantwortet das Jobcenter ein ländliches Gebiet in Westdeutschland mit überdurchschnittlicher Arbeitsmarktlage und vorwiegend niedrigem Anteil an Langzeitarbeitslosen. Die lokale Wirtschaft ist geprägt von inhabergeführten kleinen und mittleren Unternehmen aus einem breit gefächerten Branchenmix. Dass die Wirtschaftskrise in der Region weitgehend bewältigt ist, drückt sich auch durch die geringe Arbeitslosenquote von derzeit 3% aus. Die lokalen Unternehmen haben offene Stellen – nicht immer aber passen diese ohne weiteres zu den Kompetenzen und Erfahrungen der Arbeitslosen. Eine Besonderheit des Landkreises Waldshut ist die Nähe zur Schweiz: Täglich pendeln ca. 15.000 Menschen dorthin zur Arbeit. Die Servicestelle SGB II führte das Interview mit dem Amtsleiter Klaus Albicker.

Servicestelle SGB II: Herr Albicker, das Jobcenter Waldshut hat in einem Jahr rund 11 Prozent weniger Langzeitleistungsbezieher – das ist beeindruckend! Wie ist Ihnen das gelungen?

Klaus Albicker: Wir haben nicht die große Aktion gestartet, sondern besonders an zwei Stellschrauben gedreht: Bei uns gilt das Sechs-Augen-Prinzip, also eine intensive und sehr kundennahe Betreuung, und wir haben spezialisierte Fachbereiche für Zielgruppen eingerichtet, in denen Experten sitzen. Das Sechs-Augen-Prinzip heißt, dass der Fallmanager, der Kunde und der Maßnahmenträger sich regelmäßig treffen. So können wir bis zum Schluss sehen, wie weit der Kunde ist, was fehlt und ob die Maßnahme überhaupt passt. Die evaluieren wir praktisch parallel – und können sie passgenau stricken. Wenn es zum Beispiel um Gesundheit geht, schauen wir, ob und welcher Sport sinnvoll ist. Für alle Beteiligten sind die Vereinbarungen dabei verbindlich. Das ist sehr zeitintensiv, aber erfolgreich.

Servicestelle SGB II: Was hat es mit den Fachbereichen auf sich?

Klaus Albicker: Wir haben mehrere Fachbereiche für Zielgruppen und Themen wie Jugendliche, Vereinbarkeit Familie und Beruf oder Reha und Schwerbehinderte eingerichtet. So müssen nicht alle Fallmanager wissen, wo die Kinderbetreuungsstellen sind, und wie man Kinderbetreuung abrechnet, sondern ein Fachbereich hat Übersicht und richtig Ahnung. Und das hat politische Folgen: Wir haben dem zuständigen Ausschuss im Landkreis gezeigt, in welcher Region es an Kinderbetreuung mangelt. Die Kommunalpolitik ist dabei, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Servicestelle SGB II: Damit bekommen Sie aber nicht die älteren Kunden mit großen Problemen vermittelt.

Klaus Albicker: Auch da sind es weniger geworden. Wir haben bei 600 Langzeitbeziehern nochmal völlig neu angefangen und neue Integrationsstrategien erarbeitet. Bei der Überprüfung hat auch der ärztliche Dienst die Erwerbsfähigkeit teilweise neu geprüft. Der ein oder andere ist dann dabei gewesen, der nicht mehr erwerbsfähig ist oder ein Rentenfall, und ist damit ins SGB XII gewechselt, also die Sozialhilfe.

Servicestelle SGB II: Wie würden Sie den Arbeitsmarkt charakterisieren, in dem Ihr Jobcenter arbeitet?

Klaus Albicker: Wir stehen im Wettbewerb mit dem Arbeitsmarkt in der Schweiz, der sehr attraktiv ist, und in dem Landkreis gibt es rund 6000 kleine und mittlere Unternehmen. Das ist eine echte Herausforderung. Unser Arbeitgeberservice ist deswegen anders aufgestellt als sonst: Wir betreiben ihn als eine gemeinsame Gesellschaft mit der Handwerkskammer, auch in deren Räumen. Das bedeutet eine ganz andere Ansprache der Unternehmer – sie kommt nicht vom „Amt", sondern von einer den Arbeitgebern vertrauten Organisation. Eine enge Verzahnung gibt es auch mit der Wirtschaftsförderung. Zum Beispiel das Land legt ein Förderprogramm für Strukturförderung im ländlichen Raum auf. Die Wirtschaftsförderung stellt dann den Kontakt zwischen dem Arbeitgeberservice und den geförderten Unternehmen her. Wir können also immer schnell und flexibel reagieren.

Servicestelle SGB II: Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders?

Klaus Albicker: Wir haben zwar, auch weil die psychische Belastung sehr groß ist, eine hohe Fluktuation, aber die Mitarbeiter sind sehr motiviert. Das gefällt mir. Was mich bekümmert, ist manchmal dieser hochaggressive Ton, dem die Kollegen ausgesetzt sind. Da greife ich auch mal ein und führe selbst ein Gespräch mit dem Kunden.