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Jeder Tag ist anders

30. Januar 2018

Mit nur 27 Beschäftigten auf 400 Quadratmetern ist das Jobcenter Eichstätt das kleinste Jobcenter Deutschlands. So klein, dass der Geschäftsführer als IT-Sicherheitsbeauftragter fungiert und zusätzlich das interne Finanzsystem betreut. Wie sieht die tägliche Arbeit auf so engem Raum aus, und welche Besonderheiten kennzeichnen den Arbeitsmarkt in der oberbayerischen Region?

Eingang des Jobcenters, auf weißem Grund steht in schwarzer Schrift "Jobcenter Eichstätt"
Der Eingang zum Jobcenter Eichstätt, im Hintergrund das Stadtzentrum Quelle: Erol Gurian

Eichstätt − gelegen zwischen Nürnberg und Ingolstadt − fügt sich vor dem Auge des Betrachters malerisch ins Altmühltal. Knapp 14.000 Menschen leben in der oberbayerischen Bischofsstadt, viele junge Frauen und Männer studieren an der Katholischen Universität. Fernwanderwege wie der Altmühltal-Panoramaweg und thematisch ausgerichtete Lehrpfade locken jedes Jahr Tausende Besucher zu sonnigen Tagestouren in den grünen Gebirgszug.

Auch im Jobcenter Eichstätt teilt sich die Welt in gelb und grün. Schilder und Türen leuchten uns beim Eintreten in der einen oder in der anderen Farbe an. Warum sie das tun, erfahren wir jedoch erst am Ende unseres Besuches.

Portrait von Jürgen Croce. Er hat eine Halbglatze sowie einen Schnauzer und trägt eine Brille.
Geschäftsführer Jürgen Croce leitet die Einrichtung seit 2005 Quelle: Erol Gurian

Zunächst hat Geschäftsführer Jürgen Croce im Schein der Nachmittagssonne randvolle Kaffeetassen in sein Zimmer balanciert. Von seinem Platz aus hat er einen guten Blick auf die Altstadt mit dem Dom und den idyllischen Mittelalterhäusern. Idyllisch klingen auch die Zahlen, die auf seinem Schreibtisch liegen: die Arbeitslosenquote liegt bei 1,3 Prozent, knapp 1000 Bedarfsgemeinschaften betreut sein Team − die Arbeitsmärkte der Großstädte München, Nürnberg, Regensburg und Augsburg wirken förderlich in den Landkreis hinein. „Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland, der Arbeitsmarkt ist extrem gut“, erläutert der studierte Verwaltungswirt. „Wer hier keine Arbeit findet, der bringt schon sehr große Hemmnisse mit, die ihn oder sie für die Arbeitgeber uninteressant machen. Unsere Kunden sind also vor allem Langzeitarbeitslose, denen es schwerfällt, eine geregelte Alltagsstruktur zu leben.“

Blick aus dem Geschäftsführerzimmer auf den Eichstätter Dom
Blick aus dem Geschäftsführerzimmer auf den Eichstätter Dom Quelle: Erol Gurian

Eine Konstellation, die den Jobcenterleiter seit Jahren bekümmert, sind dabei die sogenannten Hartz-IV-Karrieren. Was genau meint er mit diesem Begriff? „Kinder nehmen sich immer ihre Eltern als Vorbild. Leider haben wir hier einige Familien, in denen die Eltern schon seit Hartz-IV-Beginn im Bezug sind. Die Kinder kommen nach Hause, sehen: Aha, die Eltern sind daheim, es geht ihnen prima. Und schlussfolgern, so ist das Leben. Ich sehe hier die Gefahr, dass diese Eltern nicht nur ein schlechtes Vorbild geben, sondern sogar noch die Kinder anhalten, einen ähnlichen Lebensweg einzuschlagen.“

Um das aufzubrechen, wäre es nötig, zuerst den Eltern ihre Vorbildfunktion klarzumachen und sie zu stärken, ihre Kinder auch auf andere Lebensmodelle aufmerksam zu machen. Ziel sollte es sein, dass sie ihre Kinder auf dem Weg in ein selbstbestimmtes und selbstfinanziertes Leben unterstützen. Dafür braucht es Geduld, Einzelcoachings − und viel, viel Zeit.

Jeder trägt hier noch einen zusätzlichen Rucksack

Eine der Mitarbeiterinnen aus Croces Team, die sich gern und viel Zeit für ihre Kundengruppe nimmt, heißt Andrea Post. Die junge Frau war vier Jahre lang im Arbeitgeber-/Trägerbüro des Jobcenters tätig, seit 2017 bringt sie als Arbeitsvermittlerin Mensch und Job zusammen. „Wir sind ja ein sehr kleines Jobcenter, der Arbeitsmarkt um uns herum ist sehr gut, theoretisch könnte jeder Arbeit finden“, erklärt Post mit bayerisch-melodischem Zungenschlag. „Da geht es dann vor allem darum, die einzelnen Handlungsbedarfe zu erkennen, die letzten Hemmnisse zu beseitigen.“

Porträt Andrea Post. Sie hat lange blonde Haare und trägt einen schwarzen Blazer.
Arbeitsvermittlerin Andrea Post ist zuständig für die Buchstaben S bis Z Quelle: Erol Gurian

Der persönliche Kontakt zu den Kundinnen und Kunden liegt ihr am Herzen. Der ist aufgrund der örtlichen Verhältnisse so eng, dass Arbeitsuchende und Arbeitsvermittlerin abends manchmal an der Supermarktkasse aufeinandertreffen. „Das passiert regelmäßig“, lacht Andrea Post. „Da bin ich ganz offen und freu mich, wenn die Menschen mich ansprechen wie letztens eine Frau, die mir im Supermarkt erzählte, dass sie jetzt Arbeit gefunden hat.“

Bei einer Teamgröße von 27 Personen bekommen fast alle Jobcenter-Beschäftigten auch eine innerbetriebliche Aufgabe zugeteilt. Andrea Post vermittelt daher nicht nur Jobs, sie ist auch Fachbetreuerin für die IT-Basisdienste, koordinierte die Einführung der E-Akte, sitzt im Personalrat und kümmert sich im Prüfungsausschuss um das Vorankommen der Azubis. Nebenher absolvierte sie privat und berufsbegleitend eine Weiterbildung zur Wirtschaftsfachwirtin bei der IHK Ingolstadt. Genau diese Vielfalt ist es, die sie an ihrer Arbeit liebt: „Jeder hat hier noch seinen zusätzlichen kleinen Rucksack zu tragen. Das macht die Arbeit abwechslungsreich und spannend. Jeder Tag ist anders.“

Bewerbungseinmaleins für Geflüchtete

Schräg gegenüber von Andrea Post hat Stefanie Lange ihr Dienstzimmer. Die 31-Jährige kam 2006 zum Germanistik- und Geschichtsstudium nach Eichstätt, ursprünglich um Lehrerin zu werden. Aus dem Lehramts- wurde letztlich ein Bachelorabschluss. Aber hier im Jobcenter fühlt sie sich mitunter eher als Psychologin gefordert: „Manche Kunden wollen gar nichts erzählen, die sind total verschlossen, an die kommt man nicht wirklich ran. Aber manche sitzen hier auch ewig und erzählen von der Kindheit beginnend. Das ist dann meist sehr spannend, diese Geschichten zu erfahren, die hinter den Menschen stehen.“

Porträt Stefanie Lange. Sie hat zurückgesteckte braune Haare und braune Augen.
Stefanie Lange bietet Extrawissen für ein perfektes Bewerbungsschreiben Quelle: Erol Gurian

Mit einem selbstverfassten Leitfaden als Grundlage coacht Lange ihre Kundinnen und Kunden im Bewerbungsprozess. Vor allem Geflüchtete freuen sich über solche zusätzliche Hilfe, denn es fällt ihnen oft schwer, überhaupt zu sortieren, was in Bewerbungsschreiben und Lebenslauf hineingehört und was nicht. „Ich bitte die ratsuchenden Kunden, sich zu Hause schon mal vorzubereiten. Dass sie aufschreiben, was sie in ihrer Heimat alles gelernt und gemacht haben.“
Wie klappt das eigentlich mit der Verständigung? Denn die wenigsten Geflüchteten sprechen ja schon so gut Deutsch, als dass sie damit alle Kommunikationsklippen umschiffen könnten. „Wenn es zu schwierig wird, haben wir unsere Dolmetscher-Hotline“, erklärt Stefanie Lange, heilfroh darüber, dass die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter einen entsprechenden Dienstleister finanzieren.

Mag man sich so verbal auch verstehen, für einige männliche Geflüchtete ist es immer noch ungewöhnlich, einer Frau gegenüberzusitzen, ein Stück weit von ihr abhängig zu sein. „Da wird schon mal komisch geguckt“, meint Lange. „Manche wollen da erstmal nichts annehmen von mir. Aber sie merken recht schnell, dass ich eine resolute Person bin und ein festes Auftreten habe, und dann geht das eigentlich nach einer Weile immer glatt.“

Einen Appell, den sie an alle ihre Kunden, besonders an die Langzeitarbeitslosen richtet, betrifft das Durchhaltevermögen. „Ich wünschte mir, dass man sich auch mal ausprobiert, sich was zutraut. Teilweise ist die Motivation derart im Keller, weil vielleicht kein Schulabschluss da ist oder es von Anfang an holperte mit der Arbeit. Klar, wenn dann so ein Lebenslauf vogelwild ausschaut, weil man alle drei Monate woanders war, dann wird der Arbeitgeber skeptisch. Und wenn der Kundin oder dem Kunden dann ständig so eine latente Ablehnungshaltung entgegenschlägt, verlieren die Leute natürlich irgendwann das Zutrauen in die eigenen Kräfte.“

„Möbel und Mehr“: Ein funktionierendes Projekt für Langzeitarbeitslose

Ein Ort, an dem tagtäglich solches Zutrauen gelebt wird, befindet sich ein paar Hundert Meter hügelauf vom Jobcenter am Rande einer Hauptstraße. Hier steht das zweistöckige Gebrauchtwarenhaus „Möbel & Mehr“. Drinnen biegen sich die Regale: Porzellangeschirr, Märchen-DVDs, Mützen und Jacken, ein Küchenmixer, aktuell steht jede Menge Weihnachtsschmuck zum Verkauf. Im hinteren Teil beherbergt ein Möbellager Tische, Schränke und Waschmaschinen.

Vogelperspektive auf den Verkaufsraum von Möbel & Mehr
Verkaufsraum im Gebrauchtwarenhaus „Möbel & Mehr“ Quelle: Erol Gurian

2005 wurde das Haus als gemeinsames Projekt des Deutschen Erwachsenenbildungswerks und des Jobcenters gegründet, um den Langzeitarbeitslosen eine Arbeitsgelegenheit und damit eine Aktivierung für den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Gleichzeit werden langzeitarbeitslose Menschen hier mitunter auch dauerhaft sozialversicherungspflichtig beschäftigt – im Rahmen des Bundesprogramms „Soziale Teilhabe“ sind es derzeit zwölf. Gespendete Sachen werden im Warenhaus hergerichtet und anschließend verkauft. Zu diesem Zweck stehen Werkstätten für Holz, Fahrräder und Elektrogeräte zur Verfügung. 45 Plätze gibt es derzeit in diversen Beschäftigungs- und Qualifizierungsmodulen des Projektes, hinzu kommen Einzelcoachings.

Porträt Brigitte Chiemlorz. Sie hat blonde Haare, einen schrägen Pony und trägt eine braune Brille.
Brigitte Chmielorz, Leiterin des Gebrauchtwarenhauses „Möbel & Mehr“ Quelle: Erol Gurian

Brigitte Chmielorz stieß 2006 als sozialpädagogische Mitarbeiterin zum Gebrauchtwarenhaus, aktuell ist sie die Betriebsleiterin: „Die erfreuliche Seite der Arbeit ist, wenn wir sehen, wie sich auf Basis unserer Maßnahme bei den Betroffenen das Selbstwertgefühl wieder aufbaut. Wenn die Leute begreifen: sie haben wieder eine Aufgabe, einen Platz in der Gesellschaft, sie werden gebraucht. Das funktioniert fast bei jedem. Es wäre utopisch zu versprechen, man könnte jeden in Arbeit bringen. Aber man kann durch die tägliche Beschäftigung und die pädagogische Begleitung einen Riesensprung bewirken hinsichtlich Motivation und Vermögen.“

Porträt Benjamin Peichl. Er trägt eine beige Basecap mit der Flagge der USA, drei Ringe im Ohr und Bart.
Benjamin Peichl betreut seit Juli 2017 die Holzwerkstatt bei „Möbel & Mehr“ Quelle: Erol Gurian

Einer der solcherart Motivierten, der nun selbst wiederum andere motiviert, ist Benjamin Peichl. Der 39-Jährige hatte es schwer auf dem Arbeitsmarkt, weil er alleinerziehender Vater ist, zudem keinen Führerschein hat und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Ihm misslingt es mitunter, pünktlich am Platz zu sein. Der gelernte Schreiner machte hier im Haus einen Ausbilderschein und arbeitet seit Juli als fachlicher Leiter in der Holzwerkstatt. Er freut sich über die Flexibilität seines aktuellen Arbeitgebers: „Das wurde hier ganz gut für mich geregelt mit den Arbeitszeiten, dass das für mich dann auch passt. Jetzt leite ich hier die Schreinerwerkstatt und sage den Leuten unten im Verkauf, wie der Preis für jedes Stück ist“, erläutert er. Für die Zukunft ist geplant, dass Peichl seinen Führerschein macht.

"Möbel & Mehr" - Ein Einblick

  • Zwei somalische Geflüchtete bei der Arbeit in der Holzwerkstatt

    Bei der Arbeit

    Zwei somalische Geflüchtete bei der Arbeit in der Holzwerkstatt Quelle: Erol Gurian
  • Ein blauer Bilderrahmen hängt an einer weißen Wand. Im Bilderrahmen steht "Passt! Mehmet A.".

    Grußbotschaften

    Eine von Dutzenden Grußbotschaften ehemaliger Projektteilnehmer Quelle: Erol Gurian
  • Im Vordergrund ist eine Gutschein-Karte für ein Overhead Projektor

    Eine Spende

    Von Anwohnern gespendet: ein Overhead-Projektor Quelle: Erol Gurian
  • Ein Bild von einer Malerei, das ein Kind in gelbem Kleid zeigt. Ein Preisschild mit 19,00€ ist in den gold-verzierten Rahmen gesteckt.

    Die Waren

    Auch Kunst gehört zu den angebotenen Gebrauchtwaren Quelle: Erol Gurian

Neue Jobs für die Eichstätter Jugend

Zurück im Jobcenter. Hartmut Dollansky sitzt an seinem vollgepackten Schreibtisch und nimmt sich Zeit für unsere Fragen. Seine Aufgabe ist die Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen am örtlichen Arbeitsmarkt. Dollansky kam auf etwas ungewöhnliche Weise ins Jobcenter. Er hatte Psychologie studiert, wollte dann etwas Handfestes machen und meldete sich beim Jobcenter Eichstätt arbeitsuchend – und wurde prompt selbst angestellt.

Aktuell betreut Dollansky 215 Personen − 160 davon aus Syrien, Eritrea, Somalia, Afghanistan und Irak, sowie türkischstämmige junge Menschen. Die Motivationslage seiner zumeist männlichen Kunden sieht er positiv: „Fast alle wollen etwas aus ihrem Leben machen und haben auch den Mumm dazu. Besonders die Menschen aus Syrien bringen oft eine gute Schulbildung mit, durchlaufen zügig die Integrationskurse. Einige schaffen es sogar in einen Vorbereitungskurs für ein Studium.“ Für die anderen sind meistens insbesondere ausbildungsbegleitende Hilfen notwendig.

Porträtfoto Hartmut Dollansky. Er hat schüttere blonde Haare und trägt eine Brille mit blauer Fassung.
Auf Achse für die Jugend: U25-Arbeitsvermittler Hartmut Dollansky Quelle: Erol Gurian

„Wir machen am Anfang eine Bestandsaufnahme, was hat der junge Mensch schon gemacht in seinem Leben und schauen dann, was klappen könnte“, erläutert Dollansky sein Vorgehen. „Viele wollen gern KFZ-Mechatroniker werden, aber das ist auch bei den einheimischen Jugendlichen sehr gefragt. Andere Handwerkerberufe hingegen sind wenig nachgefragt, die Betriebe suchen händeringend Nachwuchs. Hier am Ort haben wir eine engagierte Berufsschule, die 220 Geflüchtete in Berufsintegrationsklassen aufgenommen hat und bietet ihnen neben einem Deutschkurs zahlreiche Möglichkeiten, in verschiedene Ausbildungszweige reinzuschnuppern. Verbunden mit Praktika in den Betrieben können sie in zwei, drei Jahren den deutschen Mittelabschluss (entspricht dem Hauptschulabschluss) machen.“

Gar nicht so einfach für ihn ist es manchmal, den jungen Menschen klarzumachen, dass es in Deutschland seine Zeit dauert, bis jemand seinen Abschluss in der Hand hat und im gelernten Beruf arbeiten kann. Nach ihrem einjährigen Deutschkurs wollen viele Geflüchtete erstmal weg von der Schulbank, eigenes Geld verdienen. „Zu Hause warten oft die Familien auf Überweisungen, da sind die Menschen natürlich enttäuscht, wenn sie erstmal drei Jahre auf die Schulbank sollen“, äußert sich Dollansky verständnisvoll.

Ein Teil einer Dankeskarte, auf der in Handschrift: "...sowie ein gesundes, friedliches neues Jahr. Dank für Ihre Betreuung und Ihr Verständnis."
Dankschreiben wie dieses motivieren das Team Quelle: Erol Gurian

Wie seine Kolleginnen und Kollegen übt auch der U25-Vermittler eine Zusatzfunktion aus und ist Vorsitzender des Personalrats. Die Kleinheit des Jobcenters birgt für Dollansky Vor- und Nachteile: „Wenn bei elf Kolleginnen und Kollegen mal drei wegen Weiterbildung oder Krankheit fehlen, wird es manchmal sehr eng. Positiv ist, es gibt kurze Wege und keine Hierarchien. Es gibt ja hier keine Teamleiter in dem Sinne. Das macht alles der Chef. Man kennt die Kolleginnen und Kollegen persönlich, die Stimmung hier ist gut.“

Grün und gelb sind nur zusammen stark

Zwei Karten kleben an einer Glasscheibe. Sie weisen den Weg zu verschieden Abteilungen.
Sachdienliches Farbleitsystem im Jobcenter Eichstätt Quelle: Erol Gurian

Schlussrunde beim Geschäftsführer. Auch hier herrscht gute Stimmung, und quasi im Vorbeigehen wird das Farbrätsel gelöst: Grüne Schilder und grüne Türen kennzeichnen die Leistungssachbearbeitung, in der gelben Flurhälfte sitzen die Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsvermittlung. Aber, so der Chef, über die trennenden Farben helfe das Motto hinweg: „Nur gemeinsam sind wir stark. Der persönliche Kontakt, sowie die gegenseitige Wertschätzung sind wichtig. Und es macht Spaß, mit einer schlagkräftigen, kleinen Truppe zu arbeiten, in der ein starkes Wir-Gefühl zu beobachten ist. Das ist hilfreich bei der Bewältigung der doch für jeden sehr großen Belastungen im Arbeitsalltag.“

Zum Ende hin kommt Croce auf sein größtes Anliegen zu sprechen, und das hat mit Fristen zu tun: „Für unsere Hauptkundengruppe, die Langzeitarbeitslosen und Menschen mit anderen Handlungsbedarfen, entpuppt sich eine Beschäftigung auf dem zweiten Arbeitsmarkt meist als sehr fruchtbar und stabilisierend. Damit wachsen sie, das gibt ihnen Selbstvertrauen, das kann sie langfristig auf den ersten Arbeitsmarkt bringen. Das passiert aber nicht in zwei, drei Jahren. Es gibt einige, die brauchen fünf oder sieben Jahre dafür. Wir benötigen also wesentlich mehr Zeit als die vom Gesetzgeber vorgesehenen drei Jahre, die wir derzeit für die Arbeitsgelegenheiten haben.“ Croce ist sich sicher: Dieses Problem wird sich auch auf anderem Gebiet bemerkbar machen, wenn nämlich die Geflüchteten, die zurzeit Integrationskurse absolvieren, auf dem Arbeitsmarkt ankommen. „Für Eichstätt bräuchten wir dringend eine Entfristung für unsere Maßnahmen bei den Arbeitsgelegenheiten für den zweiten Arbeitsmarkt.“

Geschäftsführer Croce steht neben seinem Motorrad und setzt seinen Helm auf.
Geschäftsführer Croce fährt in den Feierabend Quelle: Erol Gurian

Inzwischen ist die Sonne hinterm Berg versunken, in der Stadt gehen nach und nach die Lichter an. Ein kleines, aber auch ein sehr junges Team ist hier am Werk, oder trügt der Eindruck? Jürgen Croce schmunzelt: „Im Moment fehlt eher die Mitte. Ein Teil der Mannschaft steht kurz vor dem Renteneintritt, die Kolleginnen und Kollegen haben so eine Art Elternrolle im Team. Und der andere Teil sind praktisch die Kinder. Eine junge Truppe also insgesamt, die von den „alten Hasen“ geführt wird. Eine gute Mischung, finde ich persönlich.“ Sagt es und lehnt sich lächelnd zurück. Über dem Tisch hängt ein Blechschild: „Chefs sind auch Menschen!“ Seine Tür steht den ganzen Tag offen. Und allerwege schaut jemand herein.