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Jobcenter Bremerhaven

1. Juli 2015

Die Bekämpfung der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit ist das zentrale Thema des Jobcenters Bremerhaven, das dem Vergleichstyp IIIc zugeordnet ist. 285 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen hier ca. 11.000 Bedarfsgemeinschaften. Die Marktentwicklung im Stadtgebiet ist seit Jahren rückläufig und die Integrationsdynamik im Bereich SGB II wird auch für das kommende Jahr als gering eingeschätzt. Dem Geschäftsführer des Jobcenters, Friedrich-Wilhelm Gruhl, ist das Thema Langzeitarbeitslosigkeit deshalb ein besonderes Anliegen. Die Servicestelle hat ihn zu einem Gespräch getroffen.

Servicestelle SGB II: Herr Gruhl, was kennzeichnet die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Bremerhaven?

Friedrich-Wilhelm Gruhl: Die Stadt Bremerhaven ist seit über 30 Jahren von einer hohen Arbeitslosigkeit geprägt. Nach dem Wegbrechen der Werft- und Fischfangindustrie hat sich der Arbeitsmarkt nie wirklich erholen können. Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze im Tourismus oder der Offshore-Windindustrie haben sich nur eingeschränkt erfüllt, da im Wesentlichen Fachkräfte gesucht werden.
Das ist besonders problematisch, weil rund zwei Drittel der Leistungsbeziehenden in Bremerhaven keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, 30 Prozent besitzen zudem keinen Schulabschluss. Außerdem können wir beobachten, dass sich die Arbeitslosigkeit häufig über mehrere Generationen hinweg fortsetzt.

Servicestelle SGB II: Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?

Friedrich-Wilhelm Gruhl: Wir setzen an verschiedensten Stellen an, um diese Situation zu durchbrechen: Die Ausbildung und Qualifizierung der SGB II-Beziehenden ist zum Beispiel ein operativer Schwerpunkt unserer Arbeit, genau wie Arbeitgeberansprache und die gezielte Förderung von Leistungsbeziehenden mit Migrationshintergrund.
Wir führen die gute Praxis fort, die wir während der Joboffensive Bremerhaven entwickelt haben. Unsere Strategie beruht seitdem auf mehreren Säulen: ein gemeinsames Integrationsteam betreut die Kundinnen und Kunden. Erstbezieherinnen und -bezieher werden nach dem Work-First-Ansatz direkt in eine Werkakademie vermittelt. Für Bezieher über und unter 25 Jahren gibt es zwei Förderzentren mit je 100 Plätzen und wir unterstützen die geförderte Beschäftigung.
Um der generationenübergreifenden Arbeitslosigkeit entgegen zu wirken, setzen wir auch auf das gezielte Coaching von Familien mit Kindern, wie im Rahmen des Modellprojektes „Bremerhaven bewegen". Wir haben mit dieser Form der ganzheitlichen Förderung sehr positive Erfahrungen gemacht – gerade Kinder und Jugendliche profitieren stark von ihr.

Servicestelle SGB II: Die Förderung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen spielt für Sie also eine große Rolle. Welche Maßnahmen setzen Sie speziell für diese Gruppe der Leistungsbeziehenden um?

Friedrich-Wilhelm Gruhl: 2012 haben wir das Förderzentrum U25 gegründet, eine Ankermaßnahme für Jugendliche, die sich aufgrund ihres niedrigschwelligen Zugangs bewährt hat. Diesen Mai sind wir noch einen Schritt weiter gegangen und haben gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven sowie der Stadt Bremerhaven eine Jugendberufsagentur gegründet. Hier finden Jugendliche eine zentrale Anlaufstelle: in einem Gebäude können sie sich über ihre Berufswahl informieren, eine Schuldenberatung wahrnehmen oder die psychosoziale Betreuung in Anspruch nehmen. Außerdem sprechen wir Jugendliche gezielt mit Veranstaltungen wie Berufsausbildungsbörsen und Job-Messen an, da sich der direkte Kontakt zwischen Jugendlichen und Arbeitgebern als nachhaltig erwiesen hat.

Servicestelle SGB II: Ein weiteres Problem stellt die hohe Arbeitslosigkeit von Alleinerziehenden in Bremerhaven dar. Wie begegnen Sie diesem Problem?

Friedrich-Wilhelm Gruhl: Die intensive Netzwerkarbeit seitens unserer BCA hat bereits viel angestoßen: Sie hat einen Kompetenzkreis aufgebaut, der sich für arbeitslose Alleinerziehende einsetzt – und die Zusammenarbeit läuft hervorragend. Die Erfahrung zeigt, dass Netzwerke das A und O sind, um Leistungsbeziehende wieder in Arbeit zu bringen. Darüber hinaus bieten wir zielgruppenspezifische Förderangebote an, die beispielsweise Alleinerziehenden ermöglichen, ihren Hauptschulabschluss nachzuholen.

Servicestelle SGB II: Herr Gruhl, als gebürtiger Bremerhavener – was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer Stadt?

Friedrich-Wilhelm Gruhl: Meine Stadt liegt mir am Herzen. Deshalb ist es mein ganz persönlicher Wunsch, einen Trend in die richtige Richtung zu setzen: in fünf Jahren möchte ich zumindest gewisse Erfolge in der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sehen.

Servicestelle SGB II: Vielen Dank für das Gespräch!