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Starke Mitarbeitende sind der beste Schutz  

6. Oktober 2020

Jobcenter Schwerin
  • Schwerpunktthema Qualitätsarbeit
  • Zielgruppe Netzwerke

Prominent steht das Leitbild auf der Seite des Schweriner Jobcenters: „Zivilisiert und mit Toleranz“, lautet die Überschrift. Sechs Punkte sind dort aufgeführt, kurz und prägnant formuliert. Der erste Punkt lautet im Wortlaut:   „Wir, die Geschäftsführerin und Beschäftigten des Jobcenters   Schwerin bekennen uns zu einem von gegenseitiger Toleranz, von Wertschätzung und Achtung geprägten Umgang - untereinander ebenso wie gegenüber unseren Kundinnen und Kunden.“  

Die Idee zu dem Leitbild kommt nicht von   ungefähr. „Fast jeder hier im Jobcenter ist schon einmal verbal oder schriftlich, vor allem per E-Mail,   angegriffen worden“, sagt   Geschäftsführerin Regine   Rothe. Zum Glück habe es   noch nie eine körperliche Attacke gegeben. Um die Mitarbeitenden zu schützen, habe das Thema Sicherheit einen hohen Stellenwert, so die Geschäftsführerin.  

Unterschiedliche Ansätze für mehr Sicherheit  

Um Sicherheit zu gewährleisten, gibt es in der   Schweriner   Behörde gleich mehrere Ansätze:   So ist unter anderem seit   15 Jahren im Eingangs- und Wartebereich   stets   ein Wachdienst präsent.   Sollte es dort zu Aggressionen oder Auseinandersetzungen kommen, könne das Wachpersonal klärend eingreifen, so Rothe. Auch baulich hat das Jobcenter alles   im Hinblick   auf das Thema Sicherheit optimiert: Jedes Büro verfügt über eine Verbindungstür.   Das heißt:   „Zwei Zimmer sind immer miteinander verbunden“, so Rothe. „Falls eine Leistungsberechtigte oder ein Leistungsberechtigter   das Büro seiner Beraterin bzw. seines   Beraters sichtlich   aufgebracht   betritt,   hat   die oder   der Mitarbeitende   die Möglichkeit auszuweichen.“   Zudem   ist jeder Computer an ein Notfallsystem angeschlossen. Wird eine bestimmte Tastenkombination betätigt,   gibt es bei den Teamkollegen einen Alarm.   Und: Jede/r   Mitarbeitende   trägt   einen Pieper direkt bei sich. Beide Systeme werden   einmal   jährlich   getestet.   

Doch der Geschäftsführerin liegt vor allem die Stärkung der Mitarbeitenden   am Herzen. „Sie   sollen für herausfordernde Situationen gewappnet sein“, sagt Rothe.   Deswegen muss jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter   an einer zweitägigen   Maßnahme für Gewaltprävention teilnehmen.   Alle   zwei bis vier Jahre wird das Wissen wieder einen Tag aufgefrischt.  

Stärke und Kommunikation auf Augenhöhe  

Bei den Schulungen   stehen   besonders   zwei Dinge   im Fokus, wie die Geschäftsführerin erläutert: Zum einen gehe   es   darum, das Personal   darin zu schulen,   in „angemessener Form   und deeskalierend   zu   reagieren“. Und zum anderen   lernen   die Mitarbeitenden auch,   sich in die Lage der Leistungsberechtigten hineinzuversetzen und sich auf Augenhöhe mit ihnen zu unterhalten.   „Die Menschen, die ins Jobcenter kommen, sind oft in einer   schwierigen   Notlage“, sagt Rothe.   Es sei wichtig, dass die Mitarbeitenden dafür Verständnis haben und darauf eingehen.   

Um das Personal bestmöglich zu schulen, arbeitet das Jobcenter Schwerin seit vielen Jahren   unter anderem   mit dem diba-Institut   für   Gewaltprävention zusammen.   Das Institut blickt auf eine 25-jährige Expertise zurück. Inhaber Dirk Baasch hatte zuvor zehn Jahre bei der Polizei gearbeitet, Begegnungen mit aggressiven Menschen seien   damals   Bestandteil seines Arbeitsalltags gewesen,   erzählt   er rückblickend.   Im   Laufe der   Jahre   habe   er   aber auch   erkannt, dass sein eigenes Auftreten in brenzligen Situationen von zentraler Bedeutung   sei   und entschärfend   wirken könne, sagt er.   

Viele Praxiseinheiten für mehr Routine  

Seine   Erfahrungen   kann er nun gut in seiner Arbeit einsetzen.   Baasch und seine drei Trainer setzen in ihren Seminaren,   an denen jeweils   bis zu 16 Personen   teilnehmen,   vor allem auf viele Praxiseinheiten.   Es   werden unterschiedliche   Situationen nachgestellt und dann der adäquate Umgang geübt. Dabei stehe   vor allem deeskalierende Gesprächsführung und ein ausgewogenes Konfliktmanagement im Vordergrund, sagt Baasch. „Die Teilnehmenden lernen, sich gegen verbale Angriffe   auf   eine wertschätzenden Art abzugrenzen“, sagt er. Und bei körperlichen Attacken? - „Wenn Distanzlosigkeiten auf der körperlichen Ebene   passieren, wissen die Teilnehmenden am Ende der Schulung,   wie sie Angreifende auf Distanz halten und sich   angemessen   und effektiv schützen können“. Was kompliziert klinge, sei letzten Endes alles eine Frage der Übung, sagt Baasch. Die Strategien seien immer die gleichen, es sei wichtig, sie ständig zu wiederholen, nur so bekämen die Mitarbeiterinnen und   Mitarbeiter   Routine und damit   eine innere Sicherheit.   

Da Baasch und sein Team deutschlandweit im Einsatz sind und schon mit vielen Jobcentern und auch anderen Behörden zusammengearbeitet haben,hat er mittlerweile einen guten Einblick in die   Gründe und   Arten von   Gewaltbereitschaft der   Leistungsberechtigten   bekommen.   In Jobcentern wie auch anderen Behörden, die sich mit existentiellen Nöten auseinandersetzen, können die Beschäftigten eher von Gewalt betroffen sein, meint er.   

Sichere Mitarbeitende fühlen sich am wohlsten  

Den praxisnahen   Trainingsansatz schätzt Jobcenter-Geschäftsführerin Regine Rothe besonders:   Es sei wichtig, dass   das Personal   in bedenklichen Situationen   „fit, klug und resilient reagiert“, sagt sie.   „Wenn die   Mitarbeitenden   gut vorbereitet sind, fühlen sie sich   am wohlsten.“   Doch auch mit regelmäßigen Schulungen sei es wichig,   das Thema Sicherheit   ständig in den Mittelpunkt zu rücken   und die Sorgen des Personals   weiterhin   ernst zu nehmen und nicht auszublenden. Der Austausch sei   dabei   elementar, sagt Rothe. Immer wieder darüber zu sprechen, wie Attacken erlebt werden und wie man damit umgeht.   

Eine größtmögliche Sensibilisierung, Transparenz und Akzeptanz auf der Leitungsebene findet auch Trainer Dirk Baasch einen guten Ansatz für ein umfassendes Sicherheitskonzept. Er empfiehlt überdies noch Gewaltschutzbeauftragte auf Teamebene zu etablieren. Für gute Präventionsarbeit sei es auch wichtig, klar zu formulieren, wer wann wo was wie   im Notfall   macht. Die Mitarbeitenden sollten bestenfalls einen einstudierten Ablauf befolgen können, statt abstrakte Anweisungen.   Der Schwerpunkt sollte auf der Stärkung der Persönlichkeit und der Kommunikation liegen und   nur   wenige, sehr einfache effektive Techniken zur Wehrbereitschaft eingebunden werden, fasst Baasch abschließend zusammen.  

Hier kommen Sie auf die Webseite des Jobcenters Schwerin.

Hier finden Sie weitere Infomrationen zum diba-Institut für Gewaltprävention.

Weitere Artikel und Gute-Praxis-Beispiele finden Sie in unserem Sicherheitsdossier.