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3 Fragen an
Martina Griese

19. Dezember 2017

Seit 1999 widmet sich Martina Griese den sozial schwächer gestellten Menschen in Köln. In ihrem Jobcenter, das mit 84.000 erwerbsfähigen Leistungsbeziehern landesweit zu den fünf größten gehört, betreut die Diplom-Verwaltungswirtin aktuell zwei ambitionierte Projekte. Bei „MitArbeit! In Köln.“ geht es um die Beratung von Menschen mit Behinderungen und ihre Vermittlung in Arbeitsverhältnisse.

Porträtfoto von Martina Griese. Sie hat kurze dunkle Haare und trägt eine Brille.

Servicestelle SGB II: Frau Griese, wie sind in Ihrem Jobcenter die strukturellen Gegebenheiten für die Kundengruppe der Menschen mit Behinderungen?

Martina Griese: Wir haben seit einigen Jahren ein sogenanntes DIMA-Fallmanagement, also ein Disability-Management. In jedem unserer 29 Integrationsteams gibt es einen Mitarbeitenden mit Spezialisierung auf Kundinnen und Kunden, bei denen Behinderungen oder andere gesundheitliche Einschränkungen den Schwerpunkt der Vermittlungshemmnisse bilden. Daneben läuft seit 2015 unser Projekt „MitArbeit! In Köln.“ − unsere erste Maßnahme, die sich ausschließlich an Menschen mit Behinderung richtet. Ein spezialisiertes Fallmanagement also, worüber wir sehr froh sind. Hier schauen wir parallel auch, welche Schlüsse wir ziehen können für unsere weitere Arbeit nach Auslaufen dieses Projektes im Mai 2018.

Servicestelle SGB II: Wo sehen Sie die Hauptunterschiede in der Beratung von Menschen mit und ohne Behinderungen?

Martina Griese: Menschen mit und ohne Behinderung, die im Jobcenter einen Leistungsantrag stellen, unterscheiden sich erstmal nicht in ihrer Persönlichkeit; das heißt, sie bringen dieselben menschlichen Grundeigenschaften mit. Menschen mit Behinderung brauchen allerdings je nach Art der Behinderung zusätzlich bestimmte Rahmenbedingungen an einem Arbeitsplatz. So benötigen Menschen mit einer Hörbehinderung zum Beispiel eine optische Alarmierungsanlage. Da müssen wir in der Fallberatung individuell genau hinschauen und dann auch entsprechend beim Arbeitgeber gucken, ob dort diese Rahmenbedingungen bereits vorliegen oder herstellbar sind. Hier helfen uns unsere Kooperationen vor Ort, beispielsweise mit der Agentur für Arbeit Köln als Reha-Träger, mit dem Integrationsamt oder dem Integrationsfachdienst.

Servicestelle SGB II: Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Arbeitgebern bei diesem Thema?

Martina Griese: Menschen mit Behinderungen erleben bei potentiellen Arbeitgebern Absagen oft als Enttäuschung, weil sie diese auf ihre Behinderung beziehen. Unter anderem ist deshalb für uns eine zeitintensive Beratung bei den Arbeitgebern wichtig, um sie für solche Beschäftigungssituationen aufzuschließen und um sie über Unterstützungsmöglichkeiten zum Ausgleich von Behinderungen aufzuklären. Es gibt viel Unwissenheit und dadurch Unsicherheit auf dieser Seite; die Bilder, die von Menschen mit Behinderung so im Kopf stecken, sind oft praxisverzerrt. Hier braucht es eine Bereitschaft des Zuhörens beim Arbeitgeber und entsprechendes Fachwissen bei uns. So schildern Arbeitgeber uns häufig, dass die Beschäftigung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung nicht nur aus fachlicher Sicht erfolgreich ist, sondern in der Belegschaft insgesamt zu einer gesteigerten Motivation und einer intensivierten Zusammenarbeit führt. In solchen Fällen ist die erste Einstellung oft ein Türöffner für die Einstellung weiterer Menschen mit Behinderung.